Obertongesang beim Weißensee Klassik Festival
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Kultur

Weißensee Klassik Festival bricht mit Tabus

Die Vertonung des Stummfilms „Tabu“ aus den 30er-Jahren, eine Neuinterpretation der Musik Franz Schuberts und die Verbindung von Musik aus Ost und West waren Programmpunkte des Weißensee Klassik Festivals. Zum Festivalabschluss erklingen Samstagabend Kompositionen von Johannes Brahms und Carl Maria von Weber.

Die Ursprungsidee des Weißensee Klassik Festivals im Jahr 2014 war es, klassische Musik in höchster Qualität in ungezwungener Atmosphäre an unterschiedlichen Plätzen – wie einer Wiese, einem alten Stadel, einem Floß – rund um den Weißensee zu bringen. Diese Idee hat sich ausgeweitet. So ist das Weißensee Klassik-Festival mittlerweile eine Keimzelle für innovative Konzertformate und Projekte geworden.

Mit Asien und Europa treffen sich zwei Kulturen

Am ersten Festivaltag wurden zwei Kulturen miteinander verbunden: Sound Healing aus der tibetisch buddhistischen Kultur und klassische Musik. Um den Klang mit allen Sinnen erfahren zu können, bereitete der auf der Insel Korfu lebende Obertonsänger Igor Ezendam das Publikum durch gemeinsames Tönen und Klangschalenklänge auf das Konzert vor. Auf einer gut versteckten Wiese in Waldnähe mit Blick auf den See, erklangen im Anschluss Bläserserenaden von W.A. Mozart und Antonín Dvořák.

Vegetatives Nervensystem soll positiv beeinflusst werden

Die Klangtherapie zählt im asiatischen Raum zu den wichtigsten Therapieformen. Auch die klassische Musik von Wolfgang Amadeus Mozart soll das vegetative Nervensystem positiv beeinflussen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Grund genug für das diesjährige Weißensee Klassik Festival, mit Asien und Europa zwei Kulturen auf der Bühne zu verbinden und dadurch künstlerisches Neuland zu erforschen.

Musik hilft entspannen

Stress scheint das Wort unserer Zeit zu sein. Die Zahl psychischer Erkrankungen ist im Steigen begriffen. Wie schaffen wir es, unsere Gedanken abzustellen und zur Ruhe zu kommen? Musik aus Ost und West kann dabei behilflich sein.

Christian Knaller, Intendant des Weißensee Klassik Festivals, sagte: „Es geht auch in der Therapie prinzipiell nur darum, Bedingungen zu schaffen, um das Potenzial, das jeder in sich trägt und den gesunden Kern wieder zu entfalten. Musik ist eine wunderbare Art, um wieder zu sich zu finden – das trägt zur Entspannung bei.“

Obertonsänger: „Am Ende ist Stille ohne Mühe“

Igor Ezendam ist Obertonsänger. Eine Gesangstechnik, bei der zwei Töne gleichzeitig erklingen. Beim gemeinsamen Singen mit dem Publikum soll sich das therapeutische Potenzial der Obertöne entfalten: „Ich glaube, alles was wir verkrampft machen ist so, als ob wir es nicht machen. Alles, was wir mit Entspannung machen, wird etwas. Am Ende entsteht so etwas wie Stille, die keine Mühe ist. Das ist für mich ein Zeichen dafür, kurz im Frieden zu sein.“

Die musikalische Improvisation aus Obertongesang und Instrumenten führt zu einer ungewöhnlichen Hörerfahrung.

Klassik: Je professioneller desto enger wird der Weg

Klassische Musik folgt einem strikten Regelwerk und steht daher in direktem Kontrast zur Klangtherapie, bei der viel improvisiert wird. Christoph Zimper, musikalischer Leiter des Weißensee Klassik Festivals sagt: „Die Herangehensweise als klassischer Musiker ist da fast ein wenig verstörend, umso professioneller es wird, umso mehr richtig und falsch gibt es plötzlich und umso enger wird dieser Weg des Ausdrucks. Das ist sehr schade. Plötzlich befinde ich mich auf einem Weg: Das ist beschlossene Sache und alles andere ist Tabu.“

Klassik beim Weißensee Klassik Festival
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Grande Finale am Samstag in Techendorf

Mit dem Klarinettenquintett in B-Dur op. 34 von Carl Maria von Weber und dem Klarinettenquintett in B-Moll op.115 von Johannes Brahms, dessen 190. Geburtstag heuer gefeiert wird, begeht das Weißensee Klassik sein Grande Finale in der Kirche in Techendorf. Im nächsten Jahr feiert das Weißensee Klassik Festival sein 10-jähriges Jubiläum.