Dass St. Stefan im Gailtal einen eigenen Kreuzweg bzw. Kalvarienberg hat, verdankt man dem damals strengen Pfarrer Christian Josef Katzmann, sagte Heidi Rogy vom Geschichtsverein für Kärnten: „Mit der Errichtung des Kalvarienbergs in St. Stefan wollte man einer von den kirchlichen Obrigkeiten argwöhnisch beobachteten Praxis der lokalen Bevölkerung Einhalt gebieten. Nachdem in Kreuzen die Kapelle des Heiligen Johannes erbaut und ein Kreuzweg errichtet worden war, wurde es nämlich üblich, dass sich die Gläubigen aus der Pfarre des St. Stefan häufig dorthin auf den Weg machten.“
Pfarrer fürchtete Sünde im Wald
Der Weg von St. Stefan nach Kreuzen führe über die Windische Höhe und damit über weite Strecken durch ein Wald- und Almgebiet. Dieses habe in den Augen des Pfarrers Katzmann, insbesondere dem ledigen Volk, die Gelegenheit zu sündigem Vergehen hinter diversen Büschen geboten, sagte Rogy: „Um diesen, wie der Pfarrer meinte, eingeschlichenen Missbrauch auszurotten, gebe es letztlich keine andere Möglichkeit, als in der Pfarre St. Stefan selbst einen Kreuzweg oder Kalvarienberg zu errichten.“ Dann müssten die jungen Menschen nicht mehr durch den Wald und kämen so auch nicht in Versuchung der Sittenwidrigkeit, dachte sich der Pfarrer.
1766: Genehmigung für Kreuzweg
Die Pfarre St. Stefan im Gailtal gehörte damals zur Diözese Görz. Im Jahr 1766 bekam man aus Görz dann die Genehmigung, den Kreuzweg auf den Kalvarienberg zu errichten, sagte Rogy: „Die Stationen wurden durch einfache Holzkreuze markiert. Sehr zur Freude des Pfarrers wurde der neue Kreuzweg von den Gläubigen gut angenommen und fleißig an Sonn- und Feiertagen besucht. Das häufige Pilgern nach Kreuzen fand ein Ende.“
Und damit endete wohl auch die Möglichkeit, sich hinter einen Busch auf der Windischen Höhe zurückzuziehen, meinte der Pfarrer, sagte Rogy: „Sehr rasch erschienen die drei Kreuze auf dem Hügel den Gläubigen nicht ausreichend und man beschloss daher, anstelle dessen ein Kirchlein zu erbauen. 1771 wurde der Grundstein zur heutigen Kalvarienbergkapelle gelegt. Zwei Jahre später konnte diese feierlich eingeweiht werden.“ Der Friedhof der Pfarrer St. Stefan, der sich ursprünglich bei der Pfarrkirche befunden habe, sei auf den Kalvarienberg verlegt und die dortige Kapelle als Friedhofskapelle genutzt worden.
Aussehen veränderte sich im Lauf der Jahre
Seit einigen Jahrzehnten dient diese kleine Kapelle auch als Aufbahrungshalle: „Der Friedhof selbst wurde im Laufe der Zeit mehrfach erweitert. In früheren Zeiten war es üblich, Gedenkmessen an Ort und Stelle für die Verstorbenen zu lesen, denn hinterher wurde am Grab des Verstorbenen Brot an die Armen verteilt.“
Im Laufe der Jahre veränderte sich dann aber auch das Aussehen des kleinen Kircherls oberhalb von St. Stefan: „Die Kalvarienbergkapelle von St. Stefan hatte ursprünglich auf drei Seiten offene Bogenöffnungen. Mitte des 19. Jahrhunderts finden wir diese aber dann bereits zugemauert. Auf der Südseite findet man ein barockes Giebelfresko mit Jesus Christus in der Mitte. An der Wand des Hauptaltars befindet sich eine geschnitzte Kreuzigungsgruppe. Dahinter ist eine gemalte Landschaft zu sehen, die den Betrachter in die Gegend von Jerusalem und Golgatha versetzen soll“, sagte Rogy.
Grenzüberschreitender Wanderweg entstanden
Seitlich des Hauptaltars gibt es noch zwei felsenartig gerahmte Portale, die zum Heiligen Grab im hinteren Kapellenraum führen. Der steile Weg auf den Kalvarienberg ist gesäumt von 14 gemauerten Stationen des Leidensweges Jesu, sagte Rogy. Man geht nicht mehr von St. Stefan in die Kreuzen, sondern: „Vor einigen Jahren entstand im Rahmen eines EU-Projektes ‚Wege des Geistes Crucis‘ ein grenzüberschreitender spiritueller Wanderweg, der die Kreuzwege von St. Stefan im Gailtal und von Malborgettho Valbruna im Kanaltal verbindet.“