Kärnten Museum
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Kultur

„Heimat großer Töchter“ im Kärnten.museum

Das Haus der Geschichte Österreich in Wien zeigt derzeit im Kärnten.museum Klagenfurt die Sonderausstellung „Heimat großer Töchter – Zeit für neue Denkmäler“. Es geht um die gesellschaftliche Stellung der Frau, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten. Zu sehen bis 26. Oktober.

Zur Eröffnung der Ausstellung kam auch Monika Sommer, die Direktorin des Hauses der Geschichte, nach Klagenfurt. Sie sagte, dass sich auch die Museen längst in einem tiefgreifenden Wandel befinden: „Museen müssen gesellschaftlich wirksam sein, das heißt, sie sollen auch Themen aufgreifen, die in einer Gesellschaft noch in Verhandlung sind.“ So definiert es die ICOM, die größte heimische Organisation der Museen- und Museumsfachleute. Das Haus der Geschichte Österreich ist laut Sommer laut Gesetz dazu verpflichtet, ein Diskussionsforum zu sein.

Ausstellungsstück Großer Töchter
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Ausstellung in Lila

Strategien gegen Diskriminierung

Die Sonderausstellung konzentriert sich darauf, mit welchen Strategien sich Frauen bereits erfolgreich gegen Diskriminierung und Verfolgung wehrten. Es geht dabei aber immer auch um eine Perspektive für die Zukunft, betonte Sommer: „Das könnten wir auch in die Gegenwart übertragen und auch das Hier und Jetzt verändern.“ Was sind diese Strategien? Irritation, wie das öffentliche Sichtbarmachen von Übergriffen, Intervention, wie der Protest gegen die Palmers-Werbung und vor allem Selbstermächtigung, für sich selbst sprechen und für sich selbst einstehen.

Palmerswerbung mit Protest
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Palmerswerbung

Kuratorin Marianna Nenning geht es darum, dass Ungleichheiten aufgezeigt und den Menschen eine Stimme gegeben wird. Übersehen kann die Ausstellung niemand. Sie ist purpurviolett, nicht nur stellenweise, sondern ganz und gar, so Nenning: „Dass wir uns überlegt haben, wie kann man diese Strategien, die diese Personen angewendet haben, verbildlichen und dadurch haben wir diese Pappmache-Objekte, die auf diesen Stelen draufstehen, die diesen Kult um Helden ein bisschen ersetzen sollen durch einen Kult um Instrumente und einen Kult um Strategien, wie man gegen gesellschaftliche Ungleichheiten auftreten kann.“

Besucher sollen selbst aktiv werden

Wer Informationen zu den einzelnen Themen sehen will, muss die Hand ausstrecken und die Tafeln zu sich heranziehen. Ein kleines Detail, das aber völlig stimmig ist. Geht es doch darum, aktiv zu werden, sich einzumischen und den Mund aufzumachen.

Bilder von berühmten Frauen, die für viele auch Vorbild sind wie Johanna Dohnal, die erste Frauenministerin Österreichs, findet man in dieser Ausstellung nicht. Vielmehr geht es um ganz normale Menschen, betonte Nenning: „Denen einen Raum zu geben und zu zeigen, dass es viele Menschen braucht, um Veränderung in Bewegung zu bringen und dadurch auch die Arbeit im Kollektiv wichtig ist.“

Das ist in vielen verschiedenen Bereichen wichtig. 1971 startete Doris Linser in Tirol eine Unterschriftenaktion. Ziel war die Abschaffung des Paragrafen 144 des Strafgesetzes, der einen Schwangerschaftsabbruch zum Verbrechen machte. 1975 wurde in Österreich die Fristenregelung beschlossen, die bis zum dritten Monat einen straffreien Schwangerschaftsabbruch ermöglicht.

Tafel in der Ausstellung
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Tafel in der Ausstellung

Gleichheit von Frau und Mann erst 1975

Nenning, sagte, dass auch erst 1975 in Österreich beschlossen wurde, dass Frau und Mann in der Ehe gleichgestellt seien: „Dass das vielleicht ein Erstaunen auch auslöst und zeigt, dass oft davon geredet wird, dass ja schon so viel erreicht wurde, aber dass das eigentlich in einer sehr kurzen Zeit erreicht wurde.“ Vorher konnte ein Ehemann seiner Ehefrau verbieten, wieder berufstätig zu sein. Edith Traub wollte aber unbedingt wieder arbeiten, also rief sie Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) an und machte ihn auf diesen Missstand aufmerksam. Traub ist ein perfektes Beispiel für Selbstermächtigung.

Die Ausstellung will die Besucherinnen und Besucher ermutigen, auch selbst aktiv zu werden und solidarisch zu handeln. Der erste Schritt ist ganz einfach: Die Internetplattform „Platz für Heldinnen“ kann Frauen sichtbar machen. Jede und jeder kann hier wichtige Frauen eintragen. Derzeit sind nur sehr wenige Kärntnerinnen online, bedauert Direktorin Sommer: „Wo wir uns schon sehr freuen würden, ist, wenn uns die Kärntnerinnen und Kärntner auch unterstützen, unseren sogenannten ‚Platz für Heldinnen‘ zu füllen. Da brauchen wir die gemeinsame Schwarmintelligenz. Wir versammeln nämlich dort auf unserer Webplattform Biografien von Frauen, die jemanden beeindruckt haben.“

Erste Landtagsabgeordnete auf Webseite genannt

Wolfgang Muchitsch, dem Direktor des Kärnten.museums, fällt sofort eine Kärntnerin ein, die nicht vergessen werden darf: „Da gibt es beispielsweise Anna Gröger. Das war die erste Landtagsabgeordnete insgesamt in Österreich, eine Sozialdemokratin, die bereits vor der Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen am 11. November 1918 hier in der provisorischen Landesversammlung tätig gewesen ist.“ Anna Gröger ist mittlerweile online. Auf der Website finden sich auch die Kärntner Slowenin Helena Kucher oder Hermine Wiegele aus Nötsch und die große Künstlerin Maria Lassnig.

Auch Landesmuseum als Ort der Diskussion

Wenn es um Frauen geht, ist immer wieder von stillen Heldinnen zu lesen. Für die Historikerin Alexandra Schmid ist das nicht der richtige Weg: „Das Problem, dass wir Frauen einfach viel zu leise sind. Auch die Frauenpolitik eigentlich viel zu leise ist. Wir brauchen im Grunde genommen mehr Johanna Dohnals. Wir müssen lauter werden.“ Mit Direktor Muchitsch soll auch das Kärnten.museum zu einem Ort werden, an dem diskutiert wird, der mitten in der Gesellschaft ist: „Man steht als Mann hier, denke ich, doch immer mit einem schlechten Gewissen. Ich denke, dass auch wir Männer aus unseren Positionen, beispielsweise eben als Direktor eines Landesmuseums, sehr wohl dazu beitragen können, diese Themen zu unterstützen und diese Themen auch in der Gesellschaft zu forcieren.“ Die Sonderausstellung Heimat bist du großer Töchter – Zeit für neue Denkmäler ist bis 26. Oktober im Kärnten.museum in Klagenfurt zu sehen.