Besonders an der Gratschacher Kirche ist, dass das Gotteshaus direkt neben der Hauptstraße auf einer Wiese unter der Burg Landskron steht. Ohne Friedhof, ohne Pfarrhof, weil es eine sogenannte Eigenkirche war, so Kärnten Guide Rotraud Jungbauer: „Als Eigenkirchen bezeichnet man Gotteshäuser, die von Gutsherren oder auch Klöstern privat auf dem Land errichtet worden sind, um den Pächtern und Bediensteten und den Bauern der Umgebung die Möglichkeit zu bieten, regelmäßig an Gottesdiensten teilzunehmen.“
In Besitz der Diözese übergegangen
Viele Jahre später gingen diese Eigenkirchen in den Besitz der Diözesen über, wie auch die Gratschacher Kirche, die ein Steinbau mit einem quadratischen Choranbau ist, etwas niedriger als das Haupthaus. „Beide Gebäudeteile sind mit Holzschindeln gedeckt. Auffallend ist auch der Holzturm mit dem für Kärnten typischen Pyramidendach, der aber eher wie ein Dachreiter aussieht, als wäre ein wirklicher Kirchturm“, so Jungbauer.
An allen drei Seiten des Choranbaus gibt es wunderschöne romanische Rundbogenfenster: „Also auch an der hinteren Abschlusswand. Das hat den schönen Effekt, dass das Tageslicht auf den schlichten Altartisch im Inneren mit dem Christuskreuz scheinen kann.“ Auch der Haupteingang spielt eine wesentliche Rolle, so Jungbauer. Typisch für romanische Bauten befindet er sich an der Westseite: „Sodass man, wenn man die Kirche betritt, sofort auf den Hauptaltar sehen kann. In diesem Fall war das ein Gnadenstuhl, der heute als Seitenaltar dient.“
Römersteine wurden verbaut
Auch die Südseite der Kirche in Gratschach ist sehenswert: „Man sieht drei Rundbogenfenster, ein großes in der Mitte, das rechts und links von zwei kleinen Rundbogenfenstern flankiert ist. Solche so angeordneten Fenster waren in der Romanik ein Symbol für die Dreifaltigkeit.“ Darunter befindet sich ein zugemauerter, ehemaliger Eingang, bei dem man noch römische Bruchsteine erkennen kann. Solche Steine wurden recht häufig gefunden, weil die Römer hier ziemlich viel bauten: „Auch heute kommt es noch zu solchen Funden. Im Mittelalter hat man diese gefundenen Steine weiterverwendet. So wurden sie in Stadtmauern und Befestigungsanlagen eingebaut oder eben auch für den Bau von Kirchen verwendet.“
So sind sie heute noch Zeitzeugen längst vergangener Tage. Die besonders schönen Steine wurden für die Verzierung von Fassaden an gut sichtbarer Stelle weiterverwendet, so Jungbauer: „Das ist hier der Fall in Gratschach. Verschiedene Steinteile zeigen Kerbungen und Pflanzenmuster aus der römischen Zeit. Auch Tierdarstellungen kann man gut erkennen. Ein Stein ist ganz besonders interessant, weil er eine Figur zeigt. Man sieht einen jungen Mann, der ein Musikinstrument mit seinen Händen in die Höhe hält. Es sieht aus wie eine Art Posaune, auf der er gerade spielt.“
Wer diese Kirche mit all ihrer Geschichte näher betrachten will, hat dazu die Möglichkeit. Selten, aber doch, so Jungbauer, die Interessierte gerne zu dieser Kirche hin begleitet. „Diese Möglichkeit besteht in der Sommerzeit an jedem letzten Dienstag im Monat um 19.00 Uhr zum Friedensgebet.“