Es war der zweite Verhandlungstag gegen den 55 Jahre alten Mann. Er sagte vor dem Schöffensenat unter Richterin Sabine Götz aus, es sei ihm selbst schlecht gegangen mit Rheumaerkrankung und den Depressionen. Daher habe er die oft sehr lauten Kinder nicht ertragen. Das eine oder andere Mal habe er dann den beiden Mädchen auf den Hinterkopf oder auf den Oberarm geschlagen. Das tue ihm auch leid.
Aber sonst seien die Aussagen der heute 21 und 16 Jahre alten Stieftöchter nicht richtig, so der Angeklagte. Die jungen Frauen sagen nämlich, dass sie der Stiefvater seit 2011 fast täglich geschlagen, getreten und gewürgt habe. Falls sie der Mutter etwas erzählen, werde die Gewalt noch mehr, soll er laut den Aussagen gedroht haben.
Mädchen sprachen von Schlägen
Das erste Mal war der Verdacht von körperlichen Misshandlungen 2016 aufgetaucht. Damals hatte die Ältere Auffälligkeiten in der Schule gezeigt. Danach gab es auch eine vom Jugendamt angeordnete Familienintensivbetreuung. Die Betreuerinnen sagen vor Gericht, ihnen sei keine Gewalt aufgefallen, auch keine blauen Flecken oder Ähnliches. Die Mädchen seien sehr aufgeweckt gewesen.
Erst fünf Jahre später, 2021, sagte die Jüngere nach einem sehr langen Krankenhausaufenthalt, dass sie vom Stiefvater körperlich misshandelt werde und deshalb magersüchtig sei und nichts mehr essen wolle. Darauf baut auch die Anklage auf.
Mutter trennte sich
Die Mutter, die auch eine gemeinsame elf Jahre alte Tochter mit dem Angeklagten hat, sagte, sie habe nie etwas von Misshandlungen mitbekommen. Sie trennte sich aber mittlerweile von ihrem Mann. Staatsanwältin Sandra Agnoli erwog wegen der psychischen Folgen für die Mädchen während der Verhandlung eine Ausweitung der Anklage auf Körperverletzung. Die Anklage lautete auf fortgesetzte Gewaltausübung gegen Unmündige. Der Strafrahmen für dieses Delikt liegt bei fünf Jahren. Das am Mittwoch gefällte Urteil ist nicht rechtskräftig.