Mann sitzt verzweifelt auf einem Bett
kwanchaift – stock.adobe.com
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Gesundheit

Frühling kann Depression verstärken

Wer unter Depressionen leidet, kann sie im Frühling besonders stark spüren. Die Zeit des Erwachens setzt Betroffene unter Druck. Andere entwickeln eine Frühlingsdepression, eine saisonale Form der Depression. Mit Frühjahrsmüdigkeit hat diese Erkrankung nichts zu tun. Immer noch werden Depressionen zu wenig erst genommen.

Die Sonne und das Aufblühen im Frühling bedrücken viele und setzen sie oft noch mehr unter Druck, doch hinauszugehen und das Leben zu genießen. Der Frühjahrsdepression liegt oft schon eine latente Depression zugrunde, sagte Margret Tschuschnig vom Kärntner Landesverband für Psychotherapie: „Das heißt, dass es bis zu diesem Zeitpunkt schon immer wieder depressive Verstimmungen gegeben hat, aber dass die akute Problematik jetzt erst zu Tage tritt. Gerade dieses Aktive, etwas zu unternehmen, die Sonne scheint länger, alles blüht und sprießt, dass ist für Betroffene unerträglich.“

Depression kann Monate dauern

Eine Frühjahrsdepression ist keine Frühjahrsmüdigkeit. Die Müdigkeit, bedingt durch hormonelle Umstellung durch längere Helligkeit, endet nach wenigen Wochen, die Frühjahrsdepression kann sich bis in den Sommer hineinziehen. Die Symptome beginnen mit einem allgemeinen Stimmungstief, das bis zu einem Gefühl von Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit gehen kann.

Tschuschnig: „Man hat kein Interesse an Aktivitäten, keine Energie, ist kraftlos, hat Schlafprobleme, man hat Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Es kann aber Unruhe oder Reizbarkeit da sein. Ganz schlimm ist es, wenn sich die Gedanken um Tod oder gar Selbstmord drehen.“

Krisen verstärken psychische Probleme

Verstärkt wird die Erkrankung durch die Krisen der letzten Jahre: Sie stellen das Gefühl gesundheitlicher, aber auch existentieller Sicherheit in Frage und verstärken den Wunsch nach Stabilität. Die Zahl der Hilfesuchenden steigt daher stetig an, speziell bei jungen Menschen. Auch Kinder können schon an Depressionen leiden.

Beratung bei Suizidgedanken

  • Rat auf Draht: 147
  • Telefonseelsorge: 142
  • Not- und Krisendienst Kärnten
  • Kärnten West: Tel. 0664/300 9003 und
  • Kärnten Ost: Tel. 0664/300 7007

Es nahm aber auch die Bereitschaft zu, sich Hilfe zu holen. Tschuschnig sagte, die Nachfrage habe sich verdoppelt bis verdreifacht: „Die Enttabuisierung liegt sicher darin, dass immer mehr Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, bekannt machen, dass sie eine Psychotherapie machen oder an einer Depression leiden.“

Gespräch mit Arzt oder Therapeuten suchen

Wer an sein Limit kommt, dem rät die Expertin Beratungsgespräche, oft reicht schon eines mit dem Hausarzt. Für professionelle Hilfe können sich Betroffene beim Landesverband der Psychotherapie melden und beraten lassen. Auch Medikamente können die Behandlung unterstützen.

Narzissen
ORF/Petra Haas
Das Erblühen der Natur setzt Depressiven stark zu und setzt sie unter Druck

Wer unter einer leichten Form der Frühjahrsdepression leidet oder sich keine Hilfe holen möchte, sollte darauf achten, was ihm oder ihr gut tut: „Gespräche mit Personen, mit denen man sich gut versteht und gut aufgehoben fühlt, sind wichtig. Bewegung ist gut und wichtig, es ist wichtig, sich den Alltag gut zu gestalten, auf den Schlaf zu achten. Man sollte sich auf Dinge besinnen, die man gerne macht, sich selbst belohnen.“

Depressive können sich nicht „zusammenreißen“

Angehörige von Betroffenen können stützend und begleitend da sein und ihre Hilfe anbieten, so Tschuschnig. Aber auf keinen Fall sollte man erzieherisch wirken: „Der schlimmste Satz für einen depressiven Menschen ist der Satz, man muss sich nur zusammenreißen. Genau das ist so schlimm, weil die Menschen die Kraft dazu gar nicht haben. Es ist ihnen nicht möglich, sich unter den Umständen zusammenzureißen und aktiv zu verhalten.“

Vermehrt Thema in Social Media

Der Deutsche Journalist Martin Grommel machte seine rezidivierende (wiederkehrende) Depression auf Twitter öffentlich, um Betroffene aus ihrer Isolation zu holen und zu zeigen, es kann jeden Treffen, man muss sich nicht schämen. Unter dem Hashtag #notjustsad schildern Betroffene ihr Schicksal

Jeder 5. Mensch erkrankt

Laut Österreichischem Gewerkschaftsbund erkrankt jeder fünfte Mensch in Österreich im Laufe seines Lebens an einer Depression. Doch weiterhin wird die Krankheit von Außenstehenden unterschätzt, eine Depression ist keine Traurigkeit, die sich mit positivem Denken oder Spazierengehen heilen lässt. Neben der Scham hält auch das Finanzielle viele von einer Therapie ab. Nicht zuletzt deshalb fordert Tschuschnig, dass Psychotherapie künftig zur Gänze von Kassen finanziert wird.