„Stolpersteine“
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Kultur

Stolpersteine erinnern an NS-Opfer

Als weltweites Projekt gegen das Vergessen sollen die „Stolpersteine“ in Städten an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Auf den ersten Blick wirken sie eher unscheinbar. Auch in Klagenfurt findet man mittlerweile 40 der weltweit über 110.000 verlegten Steine.

„Die Stolpersteine sind das größte dezentrale Kunst-Denkmal und Mahnmal der Welt“, sagte Fremdenführer Horst Ragusch, der sich mit ORF-Redakteur Marco Ventre auf die Spur dieses Projektes begeben hat: „Diese 40 zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten gibt es in Klagenfurt seit dem Jahr 2012. Sie stehen für 39 Klagenfurterinnen und Klagenfurter, die zu Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung wurden.“

Stolpersteine mit den Daten von verfolgten und ermordeten NS Opfern
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Stolpersteine erinnern an NS-Opfer

Kärntner Slowene bekam zwei Steine

Auf die Frage, für wen der 40. Stein verlegt wurde, verweist Ragusch auf den Klagenfurter Anton Valle: „Er war ein Klagenfurter und Kärntner Slowene, der verfolgt worden ist. Für die Vorgängerpartei der Sozialdemokraten war er 13 Jahre Abgeordneter zum Nationalrat. Für ihn wurden zwei Stolpersteine verlegt, einer in der Harbacher Straße auf Slowenisch und einer auf Deutsch.“

Damit werde die große verfolgte Gruppe der Kärntener Slowenen gewürdigt, sagt Ragusch, hauptsächlich seien ja Jüdinnen und Juden von den Nazis verfolgt worden: „Von ihnen gibt es auch die meisten Stolpersteine in Klagenfurt.“

Ganze Familien ausgelöscht

Die Stolpersteine werden bei den letzten freiwilligen Wohnorten der späteren Opfer verlegt und weisen auch direkt darauf hin. Am Dr.-Arthur-Lemisch-Platz etwa wird auf Hermine Preis hingewiesen. Ragusch: „Hier wohnte die Familie Preis, das waren die Klagenfurter Mode-Zaren. Die hatten mehrere Werkstätten, Verkaufsstellen und Wohnungen. Von dieser Familie wurden insgesamt fünf Menschen ermordet.“

Für die Mutter, Hermine Preis, wurde ein Stolperstein auf dem Arthur-Lemisch-Platz 1 verlegt, weitere vier Steine gibt es in der Paradeisergasse, so Ragusch: „Ein Sohn flüchtete mit seiner Frau und zwei Kindern vor der Verfolgung der Nazis nach Wien. Schließlich wurde auch er erwischt und deportiert. Die Familie wurde in Konzentrationslagern ermordet.“

Erinnerung an Opfer der Euthanasie

In der Wienergasse gibt es drei Stolpersteine für die Familie Neumann: „Das waren auch Juden, die in Klagenfurt tätig waren. Denen hart das zweite Haus vom alten Platz aus in der Wienergasse gehört.“ Ganz wichtig sei auch ein Stein in der Josefinumstraße am Kreuzbergl in Waidmannsdorf, sagte Ragusch: „Dort war früher eine katholische Versorgungsanstalt für geistig und körperliche beeinträchtigte Personen, die von Schwestern geleitet wurde. Dort wurden acht ihrer Schützlinge von den Nazis abgeholt, deportiert und in Hartheim (Tötungsanstalt der Nazis in Linz; die Red.) ermordet. Sie wurden Opfer der so genannten Euthanasie.“

Gefunden werden die Stolpersteine vor allem in der Innenstadt. Vom Tourismusverband der Stadt Klagenfurt gibt es dazu auch eine Broschüre, in der die Stolpersteine in vier Sprachen, nämlich auf deutsch, Englisch, Slowenisch und Italienisch beschrieben werden. Die Broschüre dient als Wegweiser und führt mit Stadtplan zu den 40 Stolpersteinen.

Führung mit Nachfahrin der Opfer

Auch Horst Ragusch leitet solche Führungen: „Die nächste Führung gibt es am 18. März mit einer direkten Nachfahrin der Familie Preis. Da kann man auch sehen, wie das Leben weiter geht und wo die Nazis keinen Erfolg gehabt haben. Das ist, glaube ich, sehr spannend und erhellend.“