Eine Frau telefoniert am Handy im Homeoffice
APA/BARBARA GINDL
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Wissenschaft

Die Zukunft der Arbeit sieht anders aus

Wer brav lernt, eine solide Ausbildung macht und hart arbeitet, ist später gut abgesichert – so heißt es allgemein. Das stimmt aber nicht immer. Das neue Buch von Barbara Prainsack beschäftigt sich mit der Arbeitswelt von morgen und legt auch Fehler des Verständnisses von Arbeit offen.

„Wofür wir arbeiten“ ist der Titel des Buches der Politikwissenschafterin mit Kärntner Wurzeln. Sie stellt darin Überlegungen an, wie die Arbeitswelt von morgen aussehen kann. Denn die tradierten Modelle von Arbeit funktionieren nicht mehr, so Prainsack: „Viele junge Menschen, nicht nur in Österreich sondern in der ganzen industrialisieren Welt, haben gesehen, wie schwer ihre Eltern arbeiten, in welchen Umständen sie arbeiten. Sie sehen, dass viele nicht mit den wahr gewordenen Versprechens des Wohlstands, des ausgesorgt Habens in Pension gehen. Sie sehen, dass das Versprechen, wenn man fleißig ist geht es einem gut, häufig nicht mehr stimmt.“

Die Jungen wollen andere Bedingungen

Die Jungen sehen vielmehr, dass Menschen von ihrer Erwerbsarbeit kaum leben können. Prainsack sagte, die Leute werden teilweise von der Arbeit krank: „Viele haben das Glück, die Arbeit als erfüllend zu empfinden, viele aber auch nicht. Viele junge Menschen wollen das so nicht. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht arbeiten wollen. Sie wollen nicht so arbeiten, nicht unter diesen Bedingungen und sie wollen vom Arbeiten nicht krank werden.“

So sei es häufig so, dass viele kürzer arbeiten wollen. Studien zeigen, dass sie auch vor allem gut behandelt werden wollen. Die Erwartungen der Jüngeren sind anders als die der Generation der Baby-Boomer, das sei aber nicht mit Arbeitsscheu gleichzusetzen.

Barbara Prainsack
ORF
Barbara Prainsack

„Warum tue ich mir das an“

Zudem habe die Covid-Pandemie einen Wertewandel zwischen den Generationen weiter verbreitet, so die Wissenschaftlerin: „In der ersten Zeit der Pandemie, im ersten Lockdown, als das Leben, wie es war, unterbrochen wurde – auch wenn viele nicht unbedingt eine Ruhephase hatten – war das für viele ein Moment des Reflektierens.“

Bei Studien der Uni Wien sei herausgekommen, dass viele Menschen sagten, sie wollen so nicht mehr weiter arbeiten, sie wollen nicht mehr so weit pendeln oder sie wollen mehr Zeit mit der Familie verbringen. „Es war so ein Moment, wo man sich überlegt hat, warum mache ich das eigentlich.“

Wertewandel spürbar

In der industrialisierten Welt hatte die Unterbrechung eine starke Auswirkung im Arbeitsbereich: „In den USA vor allem, wo es nur geringe Arbeitnehmerrechte gibt, oder auch Vereinigten Königreich, das spricht man mittlerweile von der großen Resignation und Kündigungswelle. Es hat aber auch mit innerer Resignation zu tun. Das System in Österreich ist ein völlig anderes, es gibt Arbeitnehmerschutz und Kurzarbeit, viele negativen Dinge sind nicht passiert. Aber dieser Wertewandel ist hier auch bemerkbar.“

Dabei ist nicht die Frage, ob man sich das leisten könne, sondern wie man die Gesellschaft umgestalten könne, dass Menschen so arbeiten können, wie sie möchten. Der Arbeitskräftemangel werde sich ja auch aufgrund der demographischen Entwicklung weiter zuspitzen, so Prainsack.

„Arbeitgeber müssen entgegenkommen“

Sie verweist auf weltweite Studien der letzten Jahre, die darauf verweisen, dass Arbeitgeber gerade in jenen Branchen, wo es einen großen Arbeits- und Fachkräftemangel gibt, den Erwartungen der arbeitenden Menschen entgegenkommen müssen: „Wie sie das tun ist kontext- und sektorenspezifisch. Generell kann man aber sagen, dass vielen Menschen die örtliche und zeitliche Flexibilität wichtiger ist, wo es möglich ist.“ International gesehen sei das einer der Gründe, warum es Arbeitskräftemangel gebe. Viele wollen nicht mehr in das fixe Korsett der 40-Stunden-Woche an einem bestimmten Platz. Wo aber Arbeitgeber um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konkurrieren, werde man ihnen entgegenkommen müssen, so Prainsack.

In Österreich und Europa gebe es viele Beispiele, wie man das machen könne: „Zum Beispiel mit einer Arbeitszeitreduktion, die nicht immer mehr Kosten verursachen muss, aber fast immer das Problem des Arbeitskräftemangels im betreffenden Betrieb löst, weil viele kürzer arbeiten wollen. Das heißt ja nicht immer, weniger zu arbeiten. Wenn ich im Büro sitze ist es nicht so, dass man in 45 Stunden mehr arbeitet als in 35. Weil man müde wird, weil man längere Pausen macht. Eine der Erfahrungen von Betrieben sei, wenn sie die Arbeitszeit reduzieren, ist der Output gleich.“

Erfolgreiches Experiment in den USA

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möchten auch wählen können, wo sie arbeiten. Vielleicht wird es künftig eine Kombination aus Homeoffice und Büroalltag geben: „Der Arbeitgeber, der das ermöglicht, bekommt leichter Arbeitskräfte. Ein Experiment gab es im US-Patentamt, da konnten Mitarbeiter zu Hause arbeiten, wann immer sie wollten. Das hat sehr gut funktioniert, die Produktivität ist nicht gesunken. Ein paar Jahre später ist man noch weiter gegangen und hat gesagt, die Mitarbeiter können von irgendwo arbeiten, solange sie am amerikanischen Kontinent blieben. Es hat noch weniger Fluktuation gegeben.“

Durch diese Freiheit habe es auch eine stärkere Bindung an den Arbeitgeber gegeben, auch dies hätten Studien gezeigt, so Prainsack. Man könne das natürlich nicht auf eine Bäckerei in Österreich umlegen, aber man könne etwas Input mitnehmen: „Arbeitnehmer, denen Vertrauen entgegen gebracht wird, haben in der Regel ein besseres Verhältnis zum Arbeitgeber und wollen besser arbeiten.“