Klaus Karlbauer Installation MMKK
ORF
ORF
Kultur

MMKK: „Die Anderen“ inmitten von Europa

Die Burgkapelle des Museums Moderner Kunst Kärnten trifft bei Klaus Karlbauer auf Holzlatten, Ytongsteine und ein Plumpsklo. „Die Anderen“ macht „andere“ – in diesem Fall die in Rumänien lebenden Roma – zum Thema und zeigt, wie verschieden Lebenswelten in Europa sind.

Angefangen hat alles damit, dass Klaus Karlbauer einem jungen Roma-Paar helfen wollte und sie einfach mit seinem Auto nach Hause in ihr Dorf nach Rumänien brachte. „Ich bin aus einer privaten Hilfestellung heraus, wo die Frau hochschwanger war, nach Rumänien gefahren. Und plötzlich war ich der einzige Nicht-Roma in einem Roma-Dorf.“

Klaus Karlbauer Installation MMKK
ORF
„Die Anderen“ in der Burgkapelle von Klaus Karlbauer

Unmögliche Welten mitten in Europa

In der Burgkapelle zeigt der gebürtige Villacher den Film, der nach diesen Erfahrungen entstanden ist. Mit einer Welt, die weit weg von dem ist, was man in Europa für möglich hält: „Da leben Menschen mitten in der europäischen Union, und haben keine Grundrechte, keine Krankenversicherung, dürfen keinen Grund und Boden besitzen, bauen Häuser die sie womöglich am nächsten Tag wieder abreißen müssen, haben kein Schulsystem, sind Analphabeten, und das mitten in der europäischen Union – da frage ich mich, wie gibt es das, wie kann das sein?“

Klaus Karlbauer Filmausschnitt MMKK
ORF
Installation im MMKK

Der Bettler in Wien ist König zu Hause

Trotzdem würden es diese Menschen schaffen sich einzurichten, zu überleben und auch die schönen Momente des Lebens zu genießen. Wer in Wien ein „Anderer“ ist, kann zu Hause in Rumänien wieder ein „ganz Anderer“ sein, erzählt Klaus Karlbauer: „Der Protagonist, der in Wien als Straßenverkäufer und wie ein Bettler behandelt wird, zu Hause ein selbstbewusster Familienvater, Hausherr, Gastgeber ist und komplett die Rolle wechselt. Und ich bin der, der auf ihn angewiesen ist – ich würde dort nicht gerne hinkommen, ohne Bezugsperson, da hätte ich gleich wieder umgedreht, woandershin.“

Klaus Karlbauer Installation MMKK
ORF

Klaus Karlbauer interessieren Situationen, die auch ihn aus seiner Wohlfühlzone herausholen. Genau das macht aber auch die Installation in der Burgkapelle. Ein Ausweichen ist nicht möglich, man ist mittendrin, die Musik ist überall. Da ist das Plumpsklo, die notdürftig ausgestattete Küche, da sind Ytong-Steine und Holzlatten voll alter Nägel und der Film über die Menschen in Rumänien: „Plumpsklos sind dort noch alltäglich, das wird verwendet. Es hat für mich den Raum geöffnet wo die Küche, die Ytongwand, das halbfertige Haus – entstanden sind.“

Kuratorin: „Wollten ganz klar Haltung beziehen“

Unübersehbar ist auch der Gegensatz zwischen den barocken Fresken, die von einem Leben in Reichtum und Sicherheit erzählen und den provisorischen Hütten, wie sie Klaus Karlbauer zeigt. Das Projekt wollte die Kuratorin des MMKK, Nora Leitgeb, unbedingt im Museum zeigen: "Das war für uns ein wichtiger Aspekt, dieses Arbeit zu zeigen – Haltung zu beziehen, offen zu sein, dem Anderen gegenüber auch den Hass zu thematisieren, den manche Menschen anderen Gegenüber haben. Das gelingt Klaus Karlbauer sehr gut in seiner Installation. Schaut man genauer hin, ist das Anderssein überall. Vielleicht ist es auch dort am größten, wo man es am wenigsten vermutet. Karlbauer: „Einfach nur zu verstehen: Es gibt nicht nur mich und meinen Standpunkt, meine eurozentristische Sicht auf die Welt, sondern ganz in der Nähe auch andere Optionen zu leben oder zu existieren – dann ist schon einmal etwas getan.“

Klaus Karlbauer MMKK
ORF

Zurück nach Kärnten? „Hätte ihm den Vogel gezeigt“

Mehr als 40 Jahre lang lebte der gebürtige Villacher Klaus Karlbauer in Wien und an anderen Orten, nun kehrte der Komponist und Multimedia-Künstler wieder nach Kärnten zurück. Gerade eben ist er in seine neue Wohnung eingezogen und fühlt sich pudelwohl: „Ich kann es selbst noch nicht ganz glauben.“ Seit Klaus Karlbauer in Kärnten ist, gehen für ihn plötzlich ganz viele Türen auf: „Wenn mich jemand vor zwei Jahren gefragt hätte, ob ich jemals wieder nach Kärnten komme, hätte ich ihm den Vogel gezeigt. Ich bin vor dem Lockdown geflüchtet, habe hier meine Liebe hier gefunden und jetzt bin ich da. Und seit ich da bin, passieren ganz wunderbare Dinge.“

Klaus Karlbauer Musiker
ORF
Der Multimedia-Künstler findet in Kärnten wieder zur Musik zurück

Seit einem Jahr hat Klaus Karlbauer nicht mehr Bassklarinette gespielt. In der neuen Wohnung hatte er plötzlich wieder sehr viel Lust darauf. Die Musik begleitet ihn überhaupt schon sein Leben lang. „Ich habe mit sechs Jahren mit der Blockflöte begonnen, und weil mein Vater Musiker und Blaskapellmeister war, bin ich wirklich in die Musik hineingefallen und habe bis zu meinem 20 Lebensjahr jeden Tag geübt und dann so ziemlich das schwerste – nämlich Konzertfach Querflöte studiert – also schon einige Jahre mit dem Üben verbracht.“

Neues Projekt zu Chören, Kunst und Demokratie

Klaus Karlbauer geht gerne auf Menschen zu, hört ihnen zu und entwickelt daraus seine Projekte. Als nächstes wird es im Kärntner Chöre und die Demokratie gehen. „Was kann Kunst für die Demokratie bewirken, aufgrund der Diagnose, dass die Demokratie bedroht ist in vielen Ländern, aber auch die Kunst irgendwo bedroht ist, weil die Leute andere Sorgen haben, als sich um die Kunst zu kümmern.“

Klaus Karlbauer
ORF
Neues Projekt Klaus Karlbauers

Was kann Kunst bewirken?

Hier stelle sich die Frage: Kann Kunst etwas bewirken, und wenn ja: Was und Wie? Zum Beispiel mit dem Einbinden von jungen Menschen und Migranten. Sie sollen zu Wort kommen. Am Ende entsteht dann ein Film mit vielen Stimmen, der nächstes Jahr beim Klagenfurt Festival gezeigt wird. Klaus Karlbauer: „Die Anderen“ ist bis 16. Oktober in der Burgkapelle des Museums Moderner Kunst Kärnten zu sehen.