Holunderbeeren
Maksim Shebeko – stock.adobe.com
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„Kennst Du Kärnten“

Mythen und Legenden zum Hollerbusch

In vielen Teilen Kärntens sieht man im September noch Holunderbüsche, die ihre Früchte tragen. Im Holunder steckt viel Gschmackiges, aber auch eine Menge mythische Geschichten. So soll er nicht nur Häuser und Höfe schützen, sondern auch dabei helfen, den richtigen Ehepartner zu finden.

Es gibt ungefähr 20 verschiedene Arten von Holunderbäumen. In Kärnten ist der schwarze Holunder am meisten verbreitet. Die Zahl der Bräuche, Mythen und Traditionen um diesen Baum sei außergewöhnlich hoch, erzählt Kärnten Guide Rotraud Jungbauer: „In der Mythologie verbindet man Holunder mit der weißen Göttin Hulda oder auch Holda. In unseren Gegenden wird sie auch Holler-Mutter oder Frau Holle genannt.“

Holunder Sambucus javanica
Holunderblüten und noch rote Beeren

Holunder schützt Haus und Hof

Holda sei eine wohltätige Mutter, sie stehe für Licht, Leben und Weisheit, so Jungbauer: „Ihrem Baum hat diese Göttin reiche Heilkräfte gegeben, von dem die Menschen profitieren können.“ Sie soll den Baum zudem mit einem wohltätigen Geist erfüllt haben. „Deshalb ist Holunder zum traditionellen Schutzbaum von Haus und Hof geworden“, sagte Jungbauer. Er habe etwa besonders gute Eigenschaften für das Vieh. Der Riegel einer Stalltür solle daher aus Holunderholz gemacht sein. „Dann kann dem Vieh kein Leid geschehen.“ Auch vor Maulwürfen kann man verschont werden – indem man Holunderzweige in die Felder steckt.

Brauch: Dem Busch ein Opfer bringen

Vor allem bei alten Bauernhöfen seien Hollerbüsche häufig zu finden – und das nicht nur hierzulande, so Jungbauer: „Von Russland über Skandinavien, Mitteleuropa bis in den Süden sagt man, dass der gute Geist des Hauses im Holunderbusch wohne.“ So gab und gibt es mancherorts sogar den Brauch, dem Busch ein Opfer aus Wasser, Milch oder Bier zusammen mit Brot oder Kuchen zu machen.

Auch für die Familienplanung ist der Holunderstrauch ein guter Wegweiser – ganz besonders zur Sommersonnenwende, wenn er in voller Blüte steht. „Schüttelt ein junges Mädchen zu dieser Zeit den Strauch, dann kommt der Bräutigam aus der Richtung, aus der ein Hund bellt“, sagt Jungbauer.

Baum darf nicht einfach umgeschlagen werden

Der Baum stehe aber auch unter einem besonderen Schutz. Er müsse dort bleiben, wo er vorgefunden wird. Andernfalls seien schwerwiegende Folgen zu erwarten. Jungbauer: „Wer den Holunder umschlägt, ohne einen triftigen Grund zu haben, und ohne ihn vorher um Vergebung gebeten zu haben, wird krank oder stirbt sogar. Und nur wer in bitterster Not ist, darf Holz vom Holunderbusch nehmen.“ Dabei sei aber zu beachten, dass das Holz vom Holunderbaum nicht verbrannt werden dürfe, erzählt Jungbauer. „Es gibt sonst ein Unglück, man leidet das ganze Jahr unter Zahnschmerzen oder man bekommt Rotlauf. So erzählen es die alten Geschichten.“

Hollermutter weist Weg in den Himmel

Für Menschen, die daran glauben, spielt der Holunderstrauch das ganze Leben hindurch eine große Rolle. Jungbauer: „Mütter tragen etwa ihre neugeborenen Kinder zum Holunderbusch, erweisen ihm ihre Ehrfurcht und machen dem Strauß Geschenke, damit er die Kinder gut aufnimmt.“ Aber auch am Ende des Lebens begleitet der Holunderbaum den Menschen auf seinem letzten Weg. „In früheren Zeiten hat man das Maß für den Sarg mit einem Holunderstock gemessen.“ Stücke von den Holunderzweigen seien auch auf den Verstorbenen gelegt worden. „Sind diese Hölzchen grün geworden, dann hatte die wohltätige Hollermutter noch einmal ihre Hand im Spiel und der Mensch ist in den Himmel gekommen“, so Jungbauer.

Kuriosität um den kleinen Zweig

Auch das Aussehen der Hollersträucher weist eine Besonderheit auf. So unterschiedlich sie sein mögen – etwas haben alle gemeinsam. Jungbauer: „Es gibt am äußersten kleinen Zweig immer zwei gegenüberstehende Blätter und am Ende dieses Zweiges ein Blatt, das nach vorne weg steht. Und dieser äußerste kleine Zweig wird immer 13 Zentimeter lang.“