Mann sitzt allein vor weißer Wand
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Chronik

Suizidzahl wieder auf Vorkrisenstand

Der Suizid oder die Selbsttötung zählt immer noch zu einem Tabuthema, umso wichtiger, dass darüber gesprochen wird, um Nachahmungstaten zu verhindern. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Während im Pandemiejahr 2020 die Suizidrate sank, erreichte sie bereits jetzt wieder das Niveau aus den Vorkrisenjahren.

Rund 100 Selbsttötungen werden im Schnitt im Kärnten jedes Jahr verzeichnet, hieß es von der Polizei. Im Pandemiejahr 2020 war die Zahl mit 92 Fällen niedriger. Heuer verzeichnete man bereits wieder eine Trendumkehr. 75 Menschen nahmen sich in diesem Jahr bereits das Leben. Allein in der vergangenen Woche gab es drei Suizide. Auch wenn jeder Suizidfall eine Tragödie sei, sagte Herwig Oberlerchner, Primararzt für Psychiatrie am Klinikum Klagenfurt, so könne er von keiner auffälligen Steigerung sprechen. Es gebe Monate, in denen es mehr Suizide gebe, in manchen dann wieder weniger, deshalb müsse man Langzeitbeobachtungen durchführen, sagte der Experte.

„Hotspots entschärfen“

„Eine tagesaktuelle Suizidstatistik wie in Kärnten zu haben, erlaubt uns sehr schnell und exakt gegenzusteuern und entsprechend zu reagieren“, sagte Oberlerchner. Wird etwa eine Zunahme an bestimmten Orten verzeichnet, dann können diese Hotspots gesichert und entschärft werden, was gerade passiere. Dennoch gelte es, wachsam zu bleiben, sagt Oberlerchner.

Soziale Isolierung, Einsamkeit, vermehrtes Suchtverhalten und Arbeitslosigkeit können das Risiko erhöhen. Trotz der noch immer erheblichen Belastung sehe er keinen eindeutigen Trend zu vermehrten Suiziden, sagte Oberlerchner. Man müsse aber, vor allem im Herbst, aufmerksam bleiben, um entsprechenden Trends gegenwirken zu können.

Hilfe im Krisenfall

  • Psychiatrischer Not- und Krisendienst für Kärnten +43 664 300 70 07, täglich 0-24 Uhr
  • 147 Rat auf Draht
  • Frauenhelpline gegen Männergewalt Rund um die Uhr, kostenlos und anonym 0800 222 555
  • Frauennotruf +43 1 71 71 9
  • Opfernotruf 0800 112 112

Hilfe rund um die Uhr

Um schwierige Situationen dauerhaft auszuhalten sollte man professionelle Hilfe suche, sagte Oberlerchner. Ein Suizid sei nie eine Lösung. Auch Freunde oder Angehörige sollten mit Betroffenen offen und tabulos sprechen.

Wer im Notfall immer an Ort und Stelle ist, ist die Polizei. Ein speziell ausgebildetes Verhandlungsteam des Bundeskriminalamtes rückt bei der Androhung eines Suizids aus. Stundenlang werde dann oft mit dem Betroffenen gesprochen, sagte Herbert Fuik, der Leiter des Verhandlungsteams Süd. „In fast allen Fällen haben wir Erfolg gehabt und verhindern können, dass der Suizidant sein Vorhaben auch ausführt“, sagte Fuik.

Immer Hilfe gibt es auch bei der Telefonseelsorge unter 142 oder beim psychiatrischen Not- und Krisendienst.