Meeresbiologe Martin Möstl im Meer
Martin Möstl
Martin Möstl
Umwelt

Villacher erforscht Ökosystem des Meeres

Nicht nur Hilfsorganisationen warnen, dass der Zustand des Mittelmeeres sehr bedenklich sei. Auch der Villacher Meeresbiologe Martin Möstl sagt, das Ökosystem des Meeres gerät durch Verschmutzung, Erwärmung des Wassers und Überfischung immer mehr aus den Fugen.

Seit vielen Jahren erforscht Möstl die Situation des Mittelmeers. Seine Erfahrung, dass das Mittelmeer enorm belastet ist, deckt sich mit der ortsansässiger Meeresbiologen. Möstl arbeitete nach seinem Studium in Wien fünf Jahre lang im kroatischen Pula mit Schülergruppen. er versuchte, den jungen Menschen die Wichtigkeit des Meeres ins Bewusstsein zu bringen und zeigte ihnen, wie schön auch diese Vielfalt ist, die man unter Wasser entdecken kann.

Vor zehn Jahren gründete er gemeinsam mit seiner Frau an der Amalfiküste die kleine Meeresstation „Unimare“. Auch hier bringt der Villacher Kindern und Jugendlichen die Unterwasserwelt näher. In dieser Zeit veränderte sich das Meer jedoch stark aus mehreren Gründen, sagte Möstl: „30 Prozent des Welttourismus wandert zum Mittelmeer hin. Das sind Millionen von Menschen, die sich das schöne Mittelmeer anschauen wollen. Und das ist natürlich eine enorme Belastung.“

Meeresbiloge Martin Möstl
Martin Möstl
Martin Möstl erforscht das Meer

Tourismus, Müll und Überfischung setzen dem Meer zu

Nicht nur die hohe Anzahl an Touristen belastet das Meer, sondern auch das Plastik, das immer noch hinein gelangt. Aufgrund der Versiegelung des Bodens entstehen bei starken Regenfällen reißende Flüsse, die dann die Straßen entlang Richtung Meer fließen und den gesamten Müll mitnehmen.

Grundsätzlich gibt es mit der Abfallentsorgung in Italien ein Problem, denn über Nacht werden die Müllsäcke auf die Straße gestellt, bevor sie am nächsten Tag abgeholt werden: „Und wenn es dann in der Nacht regnet, braucht die Müllabfuhr am nächsten Tag nicht mehr fahren. Denn dann werden die Müllsäcke ins Meer gespült und davon getrieben.“

Abwässer gelangen immer noch ins Meer

Auch Abwässer gelangen immer wieder ins Meer, obwohl gesetzlich geregelt sei, dass ins Mittelmeer kein ungeklärtes Wasser geleitet werden darf: „Wenn man dann genauer hinschaut, merkt man schon, dass bei starken Regengüssen die Kläranlage übergeht und dann kommt doch etwas ins Meer hinein. Inwiefern die Kontrollen passieren, ist eine andere Frage. Aber grundsätzlich hat sich da in den letzten Jahrzehnten sehr viel getan, was Abwässer anbelangt.“

Mit den Flüssen kommt von der intensiven Landwirtschaft auch eine große Menge Düngemittel ins Meer, sagte der Meeresbiologe: „Gerade im Mittelmeer ist das ein Riesenproblem, weil das Mittelmeer ist an diese Düngemittel nicht angepasst und insofern zerstört das sehr viel Lebensraum. Wenn man zum Beispiel die Seegraswiesen her nimmt, die die Kinderstube für wahnsinnig viele Lebewesen bietet, die ist durch diese starke Nährstoffzugabe stark gefährdet.“

90 Prozent der Fischbestände sind gefährdet

Auch die Überfischung setzt dem Meer gewaltig zu: „90 Prozent der Fischbestände im Mittelmeer sind gefährdet. Wenn man sich das jetzt bei uns in einem Wald vorstellen würde dann müsste man neun von zehn Bäumen weg schlagen. Man hat dann nicht mehr das, was man eigentlich vorfinden sollte und das ist ein riesengroßes Problem für das Ökosystem.“

Denn das Ökosystem gerät immer mehr aus den Fugen, Algen- und Quallenplagen entstehen: „Wir haben in Süditalien die Feuerqualle, die in Massen auftritt, die auch zu relativ bösen Verletzungen führt, wenn man sie berührt. Das kommt dadurch zustande, weil die Fische im Meer fehlen. Die kleinen Fische sind die Räuber der Larven dieser Quallen. Wenn jetzt die Fische ausbleiben, können sich die Quallen unkontrolliert vermehren.“

Kipp-Punkt rückt immer näher

Noch dazu kommt es zu einem zweiten Effekt, denn zusätzlich fressen die Quallen dann die Fischlarven oder Jungfische. Das seien vermehrt Anzeichen, dass ein Ökosystem aus dem Gleichgewicht gerät: „Das Problem an der Sache ist, dass es den sogenannten Kipp-Punkt gibt wo es dann kein zurück mehr gibt. Das kann man sich so vorstellen wenn einmal der ganze Baum umfällt kann er sich nicht mehr von selbst aufstellen und wir kommen immer näher an diesen Kipp-Punkt heran. Es zeichnet sich jetzt nicht ab, dass es besser wird. Also wir fahren mit ziemlich viel Gas auf diese Mauer zu und gehen nicht runter vom Gaspedal.“

Damit die Fische bessere Lebensräume vorfinden, gebe es bereits Meereschutzzonen, so Möstl: „Auch in Kroatien und in der Adria gibt es Schutzprojekte, die versuchen, das Ganze zu revitalisieren und einen ursprünglicheren Zustand hervorzurufen. Aber es sind kleine Projekte im Vergleich zur großen Fläche des Mittelmeeres.“ Es sei zwar nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein,“ aber Möstl hofft, dass man daraus lernt, wie etwas funktionieren könnte.

Auch Ökosysteme anderer Meere sind bedroht

Das Mittelmeer ist nur ein Beispiel, in den anderen Meeren sieht es nicht viel besser aus, was die Verschmutzung, aber auch die Überfischung betrifft: „Weltweit rechnet man, soweit ich weiß, mit einer Überfischung von etwa 30 Prozent der Fischbestände. Das ist für ein Ökosystem gewaltig. Die Fischerei an sich ist jetzt ein Gewerbe, die den Meeresschutz nicht hoch anstellt, muss man sagen. Da geht es um maximale Ertragserzielung aber nachhaltig ist das bei weitem nicht.“

Umstritten ist ebenfalls die Fischerei im Zusammenhang mit der Produktion von Fischmehl, das als Fischfutter in Aquakulturen verwendet wird: „Aquakultur sieht man ein bisschen als positiven Gegenpol zur Wildfangfischerei im Meer, weil da der Fisch natürlich kontrolliert gezüchtet wird. Aber momentan funktioniert das noch nicht nachhaltig, weil das Fischfutter für diesen Aquakulturfisch aus dem Meer gefangen wird." So brauche man für ein Lachsfilet von einem Kilo zehn bis 15 Kilo Meeresfisch, der verfüttert wird.