Gefängnis Klagenfurt: Haftraum mit Tisch mit diversen Gegenständen, Becher, Klopapier
ORF
ORF
Chronik

Alt und desolat: Der Klagenfurter „Bau“

In einem Jahr soll laut den Plänen des Justizministeriums mit dem Bau des neuen Gefängnisses in Klagenfurt begonnen werden. Angekauft ist das betreffende Grundstück aber noch nicht. Derweil zeigt sich die 1859 errichtete, alte Justizvollzugsanstalt bereits mehr als desolat.

Die Bausubstanz des Klagenfurter Gefängnisses ist verrottet. Einzelzellen gibt es keine und wegen der fehlenden Flächen auch zuwenig Resozialisierungsmöglichkeiten – sprich: Arbeitsplätze – für die Häftlinge. Für einen Gefängnis-Neubau wäre es also allerhöchste Zeit. Auf eine Sozialarbeiterin kommen 100 Insassen, wobei sich die Haftbedingungen durch die Pandemie noch verschärft haben.

Gefängnis Klagenfurt: Justizwache mit Häftling vor Küche
ORF
Gefängnis: Eine Zwischenwelt, an der vor allem die Normalität im Ausnahmezustand überrascht

Gefängnis: Eine „Stadt in der Stadt“

Was sich beim Betreten des Klagenfurter Gefängnisses vor einem auftut, überrascht aber dann doch: Es ist eine Stadt in der Stadt, mit Werkstätten für KFZ-Reparaturen, einer Schlosserei, einer Tischlerei und auch ein kleines Geschäft gibt es. Wobei der desolate Zustand der Justizanstalt gerade in Zeiten von Corona zum Problem geworden ist. Harald Streicher, Justizanstaltssprecher, sagte: „Die Klagenfurter Justizanstalt ist eine der hässlichsten Anstalten von ganz Österreich, weil wir einfach eine verrottete Bausubstanz haben und weil es zuwenig Flächen gibt für einen geordneten Vollzug.“

Gefängnis Klagenfurt: Mauer mit Fenstern
ORF

Zu sechst nachts in einer Zelle: Eine „extreme Situation“

Die fehlende Beschäftigung ist das eine, die Haftunterbringung das andere. Bis zu sechs Häftlinge hausen gemeinsam in den Hafträumen. Mit Betten so klein, dass kaum ein Kind darin Plätz fände. Einzelzellen gibt es nicht, obwohl Haft-Insassen laut Strafvollzugsgesetz in der Nacht „möglichst alleine“ unterzubringen sind. „Das ist natürlich eine extreme Situation“, sagt Hildegard Wiedernig, sie ist seit 28 Jahren als Sozialarbeiterin im Gefängnis tätig.

Gefängnis Klagenfurt: Haftraum mit Bett
ORF

„An einem beengten Ort, mit Menschen die ich nicht kenne, wo ich nicht weiß was sind das für Personen – teilweise gibt es auch sprachliche Hindernisse. Die erste Zeit in einer Anhaltung – sei es in Untersuchungshaft, im Straf- oder Maßnahmenvollzug – ist die schlimmste.“

Schlosserei Gefängnis Klagenfurt
ORF
Die Schlosserei in der Klagenfurter Justizanstalt

Flächenmangel: Arbeit nur für 60 Prozent der Insassen

Häftlinge ohne Arbeit müssen bis zu 23 Stunden in diesen Zellen verbringen. Wegen der Corona-Mindestabstände stehen generell weniger Arbeitsplätze zur Resozialisierung zur Verfügung, derzeit eben nur für 60 Prozent der Insassen. Wegen der Pandemie gibt es auch keinen Freigang. Die Lage ist deutlich angespannter als noch am Anfang der Pandemie. Doris Rogatschnig ist Psychologin: „Jetzt merkt man einfach auf eine Müdigkeit, sie hoffen, dass sie bald Lockerungen bekommen.“

Gefängnis Klagenfurt: Stacheldraht
ORF

Zu mehr Konflikten trägt aber auch das Umfeld bei: Klagenfurt ist mit 357 von 367 Plätzen fast voll belegt, neben wenig Platz und Zeit – auch für Hygiene – gibt es jede Woche Rohrbrüche und Stromausfälle. Teils lösen sich die Wände auf: hinter einer Mauer des Innenhofes versickern jedes Monat tausende Liter Wasser. Das Leck ist nicht auffindbar. Eine Belastung, auch für die Justizwache.

Justizanstalt Klagenfurt: Pläne für Neubau

In einem Jahr soll nun, laut Justizministerium, mit dem Bau des neuen Gefängnisses in Klagenfurt begonnen werden. Es ist höchste Zeit – 1859 errichtet, ist der Zustand der Anstalt mehr als desolat.

Außenstelle Rottenstein – auch so geht „Strafvollzug“

Ein Lichtblick ist die neu eröffnete Suchtentwöhnungsstation – vor allem aber die Außenstelle Rottenstein in St. Georgen am Längsee, etwa eine halbe Autostunde von Klagenfurt entfernt. Hierher würden nicht nur alle Gefängnisinsassen gern verlegt werden, die Außenstelle ist auch als Arbeitsplatz unter den Justizwachebeamten begehrt. Rottenstein ist ein Musterbetrieb für Resozialisierung: Mit Schweinen, Kühen und Brillenschafen, eigener Gemüsezucht und Futterwirtschaft, werden hier die Nahrungsmittel für die Klagenfurter Justizanstalt und sogar für den Verkauf produziert.

Justizanstalt Außenstelle Rottenstein
ORF
Die Justizaußenstelle Rottenstein

Justivollzugssprecher: Gibt es sonst nirgends

Die Außenstelle stammt noch aus einer Zeit, als 30 Prozent des Gefängnisbudgets für Lebensmittel aufgewandt werden mussten. Heute bietet es Gefangenen im Erstvollzug und solchen mit guter Prognose die Möglichkeit, ihre Freiheitsstrafe abzusitzen und gleichzeitig einem geregelten Tagesablauf mit sinnvoller Beschäftigung nachzugehen. Harald Streicher, Justizanstaltssprecher: „Wir hoffen, dass uns diese Anstalt so erhalten bleibt, weil es eine Vollzugsform bietet, die es sonst nicht gibt.“

Angekauft ist das Grundstück für das neue Gefängnis in der Nähe des Klagenfurter Flughafens übrigens noch nicht – es gäbe aber eine Kaufoption und auch die Widmung sei im Gange, heißt es dazu von der Bundesimmobiliengesellschaft.