Chronik

Ausweisung statt möglicher Sozialleistung

Eine in Kärnten lebende deutsche Familie hat, nachdem sie finanzielle Unterstützung für ihren behinderten Sohn beantragte, einen Ausweisungsbescheid erhalten. Diese gesetzliche Richtlinie soll verhindern, dass jemand Geld aus dem Sozialtopf bezieht, der nichts darin eingezahlt hat.

Der „Aufgezeigt“-Fall vom 16. März über Familie Wetenkamp aus Hannover sorgte für Diskussionsstoff: Sie zog mit ihrem körperlich und mental behinderten Sohn Kevin in ein geerbtes Haus nach Kärnten. Kevin will in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung arbeiten. Die Familie stellte dafür einen Antrag auf Chancengleichheit. Nun droht die Abschiebung – mehr dazu in Deutscher Familie droht Abschiebung.

Freizügigkeit innerhalb der EU auf drei Monate befristet

Abseits der menschlichen Komponente gilt aus rechtlicher Sicht der freie Personenverkehr als eines von vier Grundrechten innerhalb der Europäischen Union. Die sogenannte „Freizügigkeitsrichtlinie“ besagt, dass jeder EU-Bürger und dessen Familienangehörige das Recht haben, sich innerhalb der EU frei zu bewegen und aufzuhalten. Dieses Recht ist aber auf drei Monate befristet.

Erst nach fünf Jahren im Land Recht auf Sozialleistungen

Die Niederlassungsfreiheit ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, sagt Sabine Gauper, Rechtsanwältin in Klagenfurt: „Ich muss beispielsweise als Deutscher in Österreich Arbeitnehmer oder Selbstständiger sein. Ich muss für mich und meine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, damit gewährleistet ist, dass ich während meines Aufenthalts keine sozialen Hilfeleistungen in Anspruch nehmen muss.“

Das EU-weit gleich geregelte Recht auf Sozialleistungen tritt erst nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Kraft. Laut Gauper stehe die Bestrebung dahinter, den Nationalstaat zu schützen. Mit einer Ausweisung will der Staat also sicher gehen, dass aus einem Aufenthalt kein Anspruch auf Sozialleistungen erwächst.

Nach Grenzübertritt wieder neue dreimonatige Frist

Dafür reicht es, einen Fuß über das Staatsterritorium hinaus zu setzen – also zum Beispiel durch den Loibltunnel zu fahren und dann wieder umzudrehen. Der Grenzübertritt muss in irgendeiner Weise nachweisbar sein.

Folgt man der Ausweisung nicht, begleitet die Polizei den betreffenden Unionsbürger bis zum nächsten Grenzübergang. Danach bleiben wieder drei Monate Zeit, bis die Behörde den Aufenthalt prüft. Es gäbe aber die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. Diese haben dann aufschiebende Wirkung, so Gauper.

Gesetz für Sozialleistungstransfer fehlt

Ein gangbarer Weg für Betroffene wäre der Transfer von Sozialleistungen zwischen den EU-Staaten – aber das bedürfte einer eigenen gesetzlichen Regelung, die allerdings fehle, so Gauper.