Shinrin yoku bedeutet „Eintauchen in die Waldatmosphäre“. Der Begriff wurde vor mehr als 2.000 Jahren in Asien geprägt. Schon damals gingen die Menschen in den Wald, um mit Atemübungen ihr Chi, die Lebensenergie, zum Fließen zu bringen.
Kathrin Sowa-Mörtl ist Lebens- und Sozialberaterin. Sie erzählt, dass das Waldbaden dann in den 1980er Jahren wieder aufgegriffen wurde. Es wurde dann auch im Gesundheitswesen verankert. Auch in unseren Breiten werde es immer bekannter, weil die Menschen immer mehr die Ruhe und Verbindung zur Natur suchen: „All das kann man beim Waldbaden gut erleben. Man kann es sich so vorstellen, dass man in der Waldluft duscht.“
Körper, Geist und Seele in Einklang bringen
Beginnen könnte man damit, einfach durch den Wald zu gehen und alles, was war, hinter sich zu lassen: „Wir gehen ganz langsam, hören das Laub rascheln. Wir sehen Wurzeln und nehmen bewusst wahr: Was höre ich? Was rieche ich? Was fühle ich?“
Auch den Verlauf des Atems könne man beobachten, so die Expertin: „Wenn man bei sich angekommen ist gibt es tolle, vertiefende Übungen. Sie machen den Unterschied zu einem normalen Waldspaziergang aus: Man setzt bewusste Übungen ein, die Körper, Geist und Seele wieder in Einklang bringen.“ Auch auf die Psyche habe das Waldbaden eine positive Wirkung, so Sowa-Mörtl: „Wir machen auch kleine Naturrituale, die uns einfach wieder erden.“
Ballast wie Laub abschütteln
Die sogenannte „Laubabschüttelübung“ bestehe darin, sich vorzustellen, man sei ein Baum, der Laub verliert: „Aus den Füßen gehen Wurzeln und die Hände ragen nach oben, so wie die Baumkrone. Man stellt sich vor, der unnötige Ballast des Tages könne abgeworfen werden, so wie Laub.“ Diese Übung könne immer wieder auch zwischendurch gemacht werden, um sich von belastenden Gedanken zu befreien, sagt die Expertin.
Bei der „Baumatmung“ stelle man sich vor, wie ein Baum in der Erde verwurzelt zu sein – die Hände sind die Äste, die in den Himmel ragen. Dabei hole man sich die Energie vom Himmel herunter in den Körper und lasse sie weiter in die Erde fließen. Diese Übung sei speziell auf die Atmung ausgerichtet, andere wiederum würden auf die Entspannung abzielen.
Der Weg ist das Ziel
„Im Grunde wirken die Übungen miteinander. Man braucht auch keine sportliche Kondition, denn das Waldbaden hat nichts mit einer Wanderung zu tun, auch wenn man manchmal zwei Stunden unterwegs ist. Meistens geht man ein Stück, sucht sich einen Ort, wo man sich wohl fühlt, und macht die Übungen.“ Es sei ein bewusstes Eintreten in die Waldatmosphäre, um die Heilkraft des Waldes zu intensivieren.