Versteinertes Skelett
Georg Kandutsch
Georg Kandutsch
Wissenschaft

Knochen von ältesten Sauriern entdeckt

Im Gitschtal sind Knochen der ältesten weltweit bekannten Saurier gefunden worden, sie sind 243 Millionen Jahre alt. Die Tiere zählen zu den kleinen Sauriern und lebten im Wasser. Paläontologe Georg Kandutsch aus Arriach widmet sich deren Erforschung und Konservierung.

Die Saurier, die man beispielsweise aus „Jurassic Park“ kennt, existierten vor ungefähr 160 Millionen Jahren. Die meisten landläufig bekannten Saurier aber sind Kreide-Saurier, die vor zwischen 100 und 60 Millionen Jahre gelebt haben. Die in Kärnten entdeckten sind hingegen ca. 243 Millionen Jahre alt, so Kandutsch: „Der Abstand von den Sauriern, die aus den Medien bekannt sind, zum Menschen ist viel geringer als von meinen Sauriern zum Tyrannosaurus Rex.“

Die in Kärnten gefundenen Tiere gehören zu den ältesten Sauriern, die man überhaupt auf der Erde entdeckte. Sie sind wesentlich kleiner als die, die man für gewöhnlich kennt. Das Riesenwachstum habe erst im Jura-Zeitalter begonnen. „Jura-Gesteine haben wir in Kärnten leider so gut wie gar nicht“, so der Experte.

Versteinertes Skelett
Georg Kandutsch
Steinplatte mit Saurierskelett

Auf Fischjagd spezialisierte Warmblütler

Die meisten Saurier, die Georg Kandutsch fand, sind in der Gruppe Pachypleurosaurus zusammengefasst und lebten im Wasser: „Man kann sie sich – im weitesten Sinne – wie eine große Eidechse vorstellen. Es war natürlich keine Eidechse, sondern ein Warmblütler, der im Meer lebte und Fische jagte.“

Man nimmt an, dass diese Saurier sehr schnell schwammen, um bei der Jagd auf Fische erfolgreich zu sein. Laut Kandutsch dürften sie über Schwimmhäute verfügt haben, die jetzt an den Skeletten nicht mehr zu erkennen seien. An einer ähnlichen Fundstelle am Luganer See in der Schweiz, am Fuße des Monte San Giorgio, wurden auch Skelette mit Embryos gefunden.

Auch er selbst verfüge über einen „Babysaurier“, sagt Kandutsch. Die Meeressaurier hätten ihre Jungen immer lebend zur Welt gebracht: „Man kann natürlich im Meer lebend keine Eier legen, wie es Reptilien sonst machen. Man hat auch nachgewiesen, dass sie ihre Jungen lebend im Meer geboren haben.“

Pachypleurosaurier
Georg Kandutsch
So dürfte der Pachypleurosaurus ausgesehen haben

Kandutsch absolvierte ein Studium der Geologie und Paläontologie, Mineralogie und Petrographie sowie Philosophie an der Universität Graz. Seit fünf Jahren arbeitet er intensiv an der Aufbereitung der Fossilien. Fünfzehn Jahre lang bereitete er sich darauf vor. Umso mehr freut er sich jetzt über die besonderen Funde.

Saurierforschung in Österreich eher beschaulich

Laut Kandutsch entwickle sich die Saurierforschung extrem schnell weiter: „Momentan ist China führend. Der Staat hat ungefähr 700 Steinbrüche nur für Fossilien in Arbeit und investiert extrem viel in diese Forschung. In Europa ist es ein bisschen ruhiger und in Österreich sehr, sehr ruhig.“ Das Team des Saurierforschers ist jedoch sehr klein. Ein paar Helfer unterstützen ihn, vor allem Karl Weiß aus Berg im Drautal. Das Naturhistorische Museum habe hie und da kleinere Forschungsprojekte. Es seien dabei zum Beispiel Zähne entdeckt worden, aber keine ganzen Saurier, so wie in seinem Fall.

Jedes von Kandutschs Fundstücken sei zugleich das beste Saurierfossil Österreichs, schreibt der Naturwissenschaftliche Verein Kärnten auf seiner Homepage. Laut Kandutsch werde man bereits von Forschern aus China, der Schweiz, Frankreich und Amerika konsultiert: „Sie sind an unseren Funden interessiert, auch, um sie zu klassifizieren und zu beschreiben. Wir sind jetzt also auch ein Land, wo Saurierforschung betrieben wird.“

Versteinertes Skelett
Georg Kandutsch
Steinplatte mit Fossil

Erkundungstouren lieferten irgendwann auch Ergebnisse

„Das Ganze fängt in Töplitsch bei Weißenstein an und geht hinauf bis zu den Lienzer Dolomiten“, so Kandutsch. Seine Exemplare fand er zwischen dem Gitschtal und dem Weißensee. In dieser Gegend investierte der Paläontologe sehr viel Geld und Zeit. Innerhalb von fünf Jahren absolvierte er ungefähr 500 Erkundungstouren. Der Hauptteil der Arbeit liege im Auffinden der Skelette.

Da es sehr schwierig sei, diese Fossilien zu finden, habe man sie nicht früher entdeckt, so Kandutsch: „Man würde meinen, es handle sich um Bitumenplatten aus Kalk, also spaltbare Schieferplatten. Die spalten sich blöderweise genau nicht dort, wo der Saurier ist.“

Er habe zehn Jahre gebraucht, um die Lage der Saurier im Gestein ausfindig zu machen, obwohl er schon damals viel im Gelände unterwegs gewesen sei: „Ich habe Fossilien und alles gefunden, aber keine Saurier. Ich schlage mit einem Hammer auf die Platten und erkenne dann am Querschnitt meist einen schwarzen Punkt. Das ist die Wirbelsäule. Mehr sehe ich zunächst nicht.“

Röntgen gibt Aufschluss über genaue Lage des Tieres

Beim Freilegen sei daher große Vorsicht gefragt. Wenn der Wissenschaftler aus dem Gelände zurück ist, macht er ein Röntgen, um zu erfahren, ob es sich wirklich um einen Saurier handelt und wie der genaue Verlauf des Tieres ist.

Da stellt man sich natürlich die Frage, wie diese Saurier Hunderte Millionen Jahre im Gestein erhalten bleiben konnten. Früher befand sich im Bereich der aktuellen Fundstätten in Oberkärnten ein Meer, in dem diese Tiere schwammen. Nach dem Tod sanken sie in den Schlamm ab. Es durfte jedoch kein Sauerstoff dazukommen und das tote Tier musste absolut ungestört bleiben: „Keine Wühler, keine Würmer, keine Krebse. Niemand darf den Kadaver anrühren. Dann muss er sich relativ schnell wieder bedecken. Es gab hier relativ viel Vulkanismus mit Regentuffen, die durch die Luft flogen, so ähnlich wie in Pompei. Sie deckten die Kadaver relativ schnell zu. Das bewirkte die gute Erhaltung.“

Der Paläontologe fand in Oberkärnten jedoch auch Landsaurier. Einer davon ist sogar ungefähr einen Meter lang. Die meisten Fossilien sind jedoch Meeressaurier.

Paläontologe legt ein versteinertes Skelett frei
Georg Kandutsch
Echte „Knochenarbeit“ mit Druckluft

Druckluft löst Knochen von Gestein

Der zweite Teil der Arbeit umfasste dann die aufwendige Präparation. Akribisch wird der Saurier von Kandutsch freigelegt. Dazu verwendet er Hochdruckstifte, die an Druckluft angeschlossen sind und vibrieren: „Sie schlagen in ganz kleinem Takt und bewirken die Trennung des Knochens vom Gestein.“

Einen Saurier, der im Wasser lebte, restauriert Kandutsch gerade. Es ist ein Pachypleurosaurus, der zirka 44 Zentimeter lang ist. Der Name bedeute „Dickrippensaurier“, weil er tatsächlich über dick ausgeprägte Rippen verfüge.

Paläontologe legt ein versteinertes Skelett frei
Georg Kandutsch
Saurierskelett

Bis zu tausend Stunden Arbeit stecken in Präparation

Zirka 50 Stück dieser sehr alten Saurier restaurierte Georg Kandutsch bereits, zehn davon sind sogar vollständig erhalten. An einem weiteren Fossil, das ebenfalls unversehrt auf einer Steinplatte zu sehen ist, hat er schon 500 Stunden gearbeitet, 400 sollen noch folgen: „Dieses Tier wird natürlich perfekt präpariert und ist eines der Schönsten, das ich von dieser Art habe. Ich habe auch über einen Meter große Tiere. Die Spitzenobjekte werden alle ab Mai im Museum Nockalmhof an der Nockalmstraße ausgestellt. Da gibt es seit einem Jahr einen eigenen Saurierraum. Ich gehe deswegen auf Ästhetik.“ Er möchte versuchen, Maximales zu bieten, deshalb tue er sich den großen Aufwand der Präparation auch an, so der leidenschaftliche Forscher.