„Zeiten. Gehen“ nennt sich das sportliche Literaturprojekt auf der Zillhöhe. Auf 564 Meter Höhe überrascht die Wanderer ein Briefkasten und Schreibpapier. Prucha will mit diesem Briefkasten Gedanken einsammeln, die mit der CoV-Pandemie zusammenhängen: „Der erste Gedanke ist, durch die Zeit zu gehen. Denn wenn man durch diesen Wald und über diesen Boden geht, das riecht, Menschen trifft, die über ihre Gedanken erzählen, habe ich das Gefühl gehabt, durch die Zeit zu gehen und angefangen, zu schreiben“, so die Autorin.
„Wie ist es den Menschen gegangen?“
Es gehe um das Voranschreiten, um das, was war, was ist und was sein wird. Es gehe um die Krise, um die Maßnahmen in der Krise: „Mir geht es darum, die Menschen zu fragen, wie es ihnen jetzt geht und wie sie das bewältigt haben, welche Sorgen und Ängste sie hatten und noch haben.“ Aber es gehe auch darum, was befreiend war und wie sie weitergehen konnten. Das nächste wäre, die Menschen zu fragen, wie die kommende Zeit sein solle, wenn sie einen Wunsch frei hätten.
Die Autorin stellt konkrete Fragen zur CoV-Krise und hofft auf viele Antworten. Auf Gedanken, anonym oder nicht, handgeschrieben oder ausgedruckt, auf Zetteln oder Briefpapier, die allesamt zum Literaturbriefkasten auf die Zillhöhe getragen werden. „Man darf zurückschauen, aber wichtig ist es auch, weiterzugehen und ein Ziel zu haben. So ist die Zillhöhe zum Ziel geworden.“
„Anfangs war es ein Desaster“
Prucha überwand auf der Zillhöhe ihre persönlichen Covid-19-Ängste: „Der Anfang war mit viel Unsicherheit verbunden und auch mit dem Erkennen, dass das Finanzielle ein Desaster wird, weil alles abgesagt wurde, alle Lesungen und Theaterprojekte. Ich hatte ein Wochenende mit Panikattacken, weil ich nicht wusste, wie das gehen soll.“ Auch das Nachdenken über das Virus sei dazu gekommen, wie gefährlich sei es, was mache es mit dem Körper. Diese Sorgen seien aber geringer gewesen als jene, Menschen nicht mehr sehen zu können, nicht mehr umarmen zu dürfen und das Gefühl, eingesperrt zu sein, obwohl man ja nicht so eingesperrt war. „Ich habe diese Zeit genutzt, um auf die Zillhöhe zu gehen, weil es in mir Glücksgefühle ausgelöst hat.“
Von der Zillhöhe zum Lendkanal
Nach 40 Minuten ist man über den kürzeren Weg auf der Zillhöhe angelangt, samt wunderbarem Blick auf den Wörthersee. Am dortigen Pavillion hängt der Literaturbriefkasten mit einem Landschaftsbild von Karin Prucha: „Man muss sich das Bild genauer anschauen, dann sieht man, wie es sich verändert.“ Der Briefkasten werde sechs Wochen lang hier hängen, es werde hier auch eine Lesung geben: „Ich möchte auch hier mit Menschen ins Gespräch kommen. Nach den sechs Wochen wandert der Briefkasten zum Lendkanal. Die erste Phase heißt ‚Bergung‘, die zweite Phase heißt ‚Wasserung‘“. Auch dort werde es eine Lesung geben.
In dieser Zeit werde sie alle Briefe und Schriften ausarbeiten, die Stimmung aufnehmen und daraus etwas Literarisches machen. Dann folgt der dritte Teil des Literaturprojektes mit dem Titel „Im Trockenen“. „Das wird dann im Herbst sein, da haben sich die Zeiten möglicherweise verändert. Ich werde im Trockenen lesen, in einem Schaufenster, während die Leute draußen vorbeiziehen.“
„Keine Angst haben“
Der Weg, das Gehen durch die Zeit ist für Prucha die Botschaft: „Es soll auch Mut machen, sich den Weg zu ergehen, mit dem Ziel, dort die eigenen Gedanken aufgeben zu können.“ Sie gehe davon aus, dass viele Gedanken aus dem Briefkasten auch vertraut sein werden, sie werden in ihre Literatur einfließen. „Wichtig ist für mich, keine Angst zu haben.“ Ihre Botschaft sei, „den Moment des Lebens zu leben und all das wahrzunehmen, was schön und gut ist, die Herausforderungen anzunehmen und aufrecht weiterzugehen.“ Bis 17. Juli kann man seine Gedanken und Schriften zum Literaturbriefkasten bringen.