Der Arzt muss sich vor Gericht verantworten
ORF/Bernd Radler
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Gericht

Arzt soll Patienten um Geld betrogen haben

Wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs steht ein Arzt aus Oberkärnten vor einem Schöffensenat. Er soll Menschen aus seinem Bekannten- und Patientenkreis ein Projekt in Dubai vorgegaukelt und zwei Millionen Euro eingesammelt haben. Der Mann bestreitet die Vorwürfe.

Der Mann dürfte eine enorme Überzeugungskraft gehabt und wohl auch aufgrund seiner Stellung als Mediziner in seiner Oberkärntner Heimatgemeinde großes Vertrauen genossen haben. Immerhin soll er im Zeitraum von August 2010 bis Oktober 2018 37 Personen aus seinem Bekanntenkreis um insgesamt zwei Millionen Euro erleichtert haben. 1,5 Mio. allein von einem betagten Ehepaar.

Da nie auch nur ein Euro zurückfloss, mussten die ursprünglich vermögenden Leute sogar einen Kredit aufnehmen. 2018 erstattete eines der Opfer Anzeige und die Ermittlungen begannen, die am Schluss in einer Anklage wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs mündeten.

Rendite vorgegaukelt

Laut Anklage gaukelte der Mediziner den Leuten vor, er sei Vorsitzender eines Unternehmens in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort arbeite man an einem einzigartigen Gesundheitsprojekt zur Diabetesbehandlung. Geld in dieses Projekt zu investieren, würde hohe Renditen garantieren. Das Geld steckte er ein, Renditen gab es aber keine. Irgendwann flog die Sache auf und die Justiz begann mit ihren Ermittlungen.

„Mein Ziel war es immer, Menschen zu helfen. Ich wollte nie jemandem weh tun“, sagte der Arzt am Mittwoch in seiner mehrstündigen Einvernahme als Beschuldigter. Er sehe sich nicht schuldig im Sinne der Anklage, die zuvor Staatsanwältin Ines Küttler vorgetragen hatte. Sie warf dem Arzt vor, das Vertrauensverhältnis zu teilweise schwer kranken Patienten ausgenutzt zu haben, um an Geld zu kommen.

Mehr als Büro und Präsentation gibt es nicht

Mit einer Powerpoint-Präsentation soll er das „Konzept“ für ein Diabetes-Projekt vorgestellt haben, ein mehrstufiges Konzept, zur Vorbeugung und Therapie der weit verbreiteten Zuckerkrankheit. Sitz der Projekt-Firma sei Dubai. Doch mehr als das Büro und diese Präsentation gebe es bis heute nicht, wie dem Mann vorgeworfen.

Versprochene Renditen von bis zu 100 Prozent für das eingezahlte Geld sahen die Opfer nie. Der Angeklagte protestierte bei der Staatsanwältin gegen die Bezeichnung „Opfer“, es handle sich um „Beteiligte an seiner Firma oder Darlehengeber, aber keine Opfer“, das sei zu martialisch.

Außerdem, so der Angeklagte, müsse sein revolutionäres Konzept erst einmal verstehen, da mangle es an Kompetenz. Weitschweifig und eloquent versuchte er dem Gericht sein „Projekt“ schmackhaft zu machen, gespickt mit englischen Fachausdrücken aus der Wirtschaft. Dem Richter wurde das zu viel, er forderte von dem Angeklagten, sich der deutschen Sprache zu bedienen. „Das ist so schwer, das sind ja alles Spezialbegriffe, da gibt es gar keine deutsche Entsprechung“, beschwerte sich der Arzt.

Von bahnbrechendem Projekt gesprochen

Aus seinen von zahlreichen Abzweigungen verwirrend gestalteten Aussagen schälte sich heraus, dass sein bahnbrechendes Projekt zur Bekämpfung von Diabetes so funktionieren sollte, dass man den Leuten eine Serie von Seminaren anbiete, um ihren „Lifestyle“ zu ändern und sich gesund zu ernähren. Dazu sollte ein Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden, und zwar über die Ordinationen von Ärzten. Er arbeite mit renommierten Professoren zusammen, habe immer wieder nach Kairo fliegen müssen, um Vorbereitungen zu treffen, denn so ein Markteintritt müsse ja professionell vorbereitet werden. „So ein Projekt braucht 50 bis 60 Leute, da braucht man für einen Rollout in Wien allein zehn Millionen.“

„Persönliche Unkosten“ bestritten

Wo das Geld hinverschwand ergab sich indirekt aus einer Aussage des Angeklagten. Er meinte, er habe nur 20.000 Euro monatlich zur Verfügung gehabt und damit auch teure Reisen bezahlen müssen. Wenn dann einmal Kapital nicht oder verzögert gekommen sei, hätte er seine Raten bei der Bank nicht mehr bedienen können. Die „Investitionen“ in sein Projekt bezogen sich offenbar hauptsächlich auf die Deckung seiner persönlichen Unkosten.

Gespräche mit „US-Investor“

Die Staatsanwältin fragte dann nach, warum denn nicht professionelle Investoren eingestiegen seien, sondern er betagte und kranke Patienten dazu überreden habe müssen. Der Angeklagte meinte, die Investoren würden ja erst einsteigen, wenn das Ganze schon laufe. Er sei mit einem US-Investor im Gespräch, der ihm 40 Millionen Euro für 20 Prozent der Anteile seiner Firma zahlen wollte. Das Geschäft sei im letzten Moment geplatzt, schuld daran sei ein prominentes Beratungsunternehmen gewesen, das mit der Abwicklung beauftragt gewesen sei.

Juni und August wird an mehreren Tagen weiterverhandelt. Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Im Fall eines Schuldspruchs drohen bis zu zehn Jahre Haft.