Roland Popatnik
Katholische Kirche
Katholische Kirche
Leute

Zu Besuch beim alten Bäcker

Einen Großteil seines Lebens ist der 85-jährige Roland Popatnik aus Ferlach Bäcker gewesen. Die Bäckerei der Eltern musste schon lange dem Konkurrenzdruck weichen, aber Gäste sind beim ihm heute noch willkommen. Auch das Backen liebt er immer noch, seine zweite Liebe ist die Musik. Seit mehr als 70 Jahren spielt er Klavier und Orgel.

In der alten Bäckerei sind noch viele Geschichten lebendig. Vom Backen, von einem fast verlorenen Handwerk und vom unvergleichbaren Duft von frischem Brot. In dem großen Haus, in dem der ehemalige Bäcker alleine lebt, sind Gäste willkommen. Der Germteigzopf, den er gebacken hatte, duftete und weckte die alte Backstube zum Leben, als Redakteurin Waltraud Jäger zu Gast war.

Hier bliebt die Zeit ein wenig stehen, es ist alles fast unverändert: „Seit dem 54er Jahr ist alles noch in dieser Art da und immer noch in Verwendung. Die Bleche, die Waage, das Geschirr wird immer noch gebraucht.“ Die Frauen vom Kirchenchor backten ihre Kekse bei ihm in der Backstube. Die Mischmaschine ist aus dem Jahr 1953 und war bis zur Schließung in den 70er Jahren in Verwendung.

Kundschaft kaufte billige Semmeln

Popatnik musste zusperren, weil die Konkurrenz der Supermärkte zu stark wurde: „Das hat sich von Klagenfurt nach Ferlach verlagert. Unser Nachbar, der Kometer, wollte auch die Aktionssemmeln haben, die hat er nicht aus Ferlach bekommen und dann von Klagenfurt besorgt. Die Kundschaft ist dann mit den versteckten Semmeln zu uns wegen Brot oder Sandwich gekommen, aber die Semmeln haben sie bei ihm gekauft und im Lauf der Zeit hat sich das negativ für uns ausgewirkt.“

Der Vater war zu dieser Zeit schon etwas kränklich, mehr Personal aufzunehmen war nicht mehr rentabel, also wurde zugesperrt und Roland Popatnik musste nach 17 Bäckerjahren im elterlichen Betrieb neu anfangen: „Ich bin auf der Volksbank gelandet und habe dort von Grund auf angefangen und gelernt. Dann war ich 17 Jahre dort. Mit 55 wollten sie die Leute rauskriegen, dann war ich fünf Jahre bei der Schuldnerberatung in Klagenfurt. Mit 60 wollte ich in Pension gehen, sie wollten mich aber noch ein Jahr haben.“

Striezel bäckt er am liebsten

Popatnik hatte ein buntes Leben, er erlebte die Veränderungen des Bäckerhandwerkes mit und ist nur einer von vielen, die aufgeben mussten. Die Erinnerungen an den Arbeitsalltag, der sehr früh begonnen hatte, auch noch: „Um eins sind wir aufgestanden, das war keine Schwierigkeit.“ Einige Rezepte werden immer wieder gebraucht, manche kennt er immer noch auswendig. Am liebsten macht er geflochtenen Germteigstriezel mit Rosinen. Vor allem für Geburtstage wird der Striezel heute noch von Bekannten bestellt und dafür als Ziffern geformt.

Roland Popatnik beim Orgenspielen
Katholische Kirche
Seine zweite Liebe gehört der Musik

Früher wurden auch Torten und andere Mehlspeisen gebacken. Aber nur bestimmte, denn da gab es genaue Regelungen zwischen Bäcker- und Konditorhandwerk: „50 Prozent vom Gebäck musste Mehl sein. In der Konditorei gibt es ja Dinge, die weniger Mehl haben. Bis zur Hälfte Mehl durften wir machen.“ Um die Torten möchte sich der ehemalige Bäcker nicht mehr so gern kümmern, aber vor Ostern wird wieder Weißbrot und auch Reindling gebacken. Sieben Stück gehen in den kleinen Ofen, die werden auch verschenkt oder selbst gegessen. Den Germteig lässt er zweimal gehen, dann wird er auf die Formen aufgeteilt.

„Manches schmeckt fremd“

Mit der industriellen Produktion von Backwaren änderte sich auch der Geschmack: „Manche Sachen, die ich in der Bäckerei kaufe, schmecken fremd. Ich weiß, wie normales Weißbrot schmeckt oder eine Semmel, das ist heute nicht mehr so.“ Die fremden Geschmäcker findet er vor allem beim Reindling, beim Geflochtenen oder bei einem Schmalzreinkerl: „Das hängt vom Fett ab, manche verwenden Margarine, ich nehme nur Butter, das ist das beste. Das Mehl ist eine Mischung zwischen glatt und griffig, das nehme ich am liebsten.“

Früher einmal gab es in Ferlach und Umgebung sieben Bäcker, heute ist einer geblieben, bei dem Roland Popatnik einkauft. Im Supermarkt kaufe er zwar auch, aber nur von einem bestimmten Hersteller, den er kennt. Teiglinge gefallen ihm nicht, so Popatnik. „Wenn das stimmt, dass die Teile aus Asien kommen und im Geschäft gebacken werden, das System gefällt mir nicht. Wir können das alles in Österreich, wir brauchen kein Gebäck aus Asien.“

Ärger über zu frühe Großlieferungen

Popatnik ärgert sich über die frühen Lieferungen der Großhändler vor Ostern oder Weihnachten. Diese Mengen werden ja nicht in einem Tag verkauft, da müsse eine Menge weggeworfen werden. Das ist alles weit weg vom Bäckerhandwerk, wie er es kennt, das Handwerk, das er mag und aus mehreren Gründen schätzt: „Man macht für die Menschen etwas zu Essen, auch die händische Fertigkeit mag ich. Ob es Tischler oder Bäcker sind, wir haben die Spielereien wie Flechten. Man kann es angreifen und essen, das ist wichtig.“

In der kleinen Küche von Roland Popatnig stehen die Ordner für seinen Organistendienst. Der gelernte Bäcker spielt fast jeden Tag die Orgel, schon seit über 70 Jahren. Außerdem singt er in einem Chor. Die Musik begleitet den Bäcker sein Leben lang. In der Musikschule ging er Klavierunterricht und als ihn der Pfarrer fragte, ob er Orgelspielen wolle, habe er ein Lied geübt und vorgespielt. Diese Lied „Jesus, Dir leb ich“. Der Pfarrer wollte das Lied dann beim Segen spielen und das war der erste Auftritt.

Zuhause spielt Popatnik Udo Jürgens

Ein zweites Lied habe er auch noch geübt und dann kamen immer mehr dazu. Bei zehn, zwanzig und dreißig bekam er jeweils Zeugnisse. „Heuer werde ich 86, mit zwölf habe ich angefangen. Ich spiele alles, habe nicht mehr gezählt, wie viele Lieder es sind.“ Langweilig werde es ihm nicht, er werde höchstens einmal müde, lacht Roland Popatnik. Zuhause spielt er auch einmal Udo Jürgens, der im selben Jahr geboren wurde, wie er.