Carinthischer Sommer
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Kultur

Misstöne um Carinthischen Sommer

Der Carinthische Sommer steht in diesem Jahr unter dem Motto „feuertrunken“ und wird am 10. Juli mit einem Konzert des Percussion-Stars Martin Grubinger gemeinsam mit dem Wiener Jeunesse Orchester eröffnet. Die Entwicklung des Festivals sorgt allerdings für Misstöne, denn das Festivalbüro und die Kirchenoper werden nach Villach verlegt.

Es ist ein Kampf der Kräfte hinter den Kulissen des Carinthischen Sommers: zwischen jenen, die sich der Tradition verpflichtet fühlen und sie auch für die Zukunft bewahrt wissen wollen, und jenen, die meinen, das Festival müsse sich verändern, um zeitgemäß und damit erfolgreich zu sein. Bürgermeister Johann Huber (FPÖ) kritisierte die schleichende Abwanderung des Carinthischen Sommers aus dem Gründungsort Ossiach: Der Vertrag für das Sommerbüro im Stift ist mit letzter Saison ausgelaufen, die Räumlichkeiten im Stift wurden ausgeräumt. Eine Ganzjahresbetriebsstätte wird im Mai in der Villacher Lederergasse eröffnet. Noch schwerer wiegt für Huber aber die Verlegung der traditionsreichen Kirchenoper in die Draustadt.

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Das Programm 2020 steht unter dem Motto „feuertrunken“ und bietet Klassik, Jazz und Crossover

Kirchenoper – „immer Minderheitenprogramm“

„Dazu muss man eines sagen: Eine Kirchenoper ist immer ein Minderheitenprogramm. Dazu brauche ich aber keine größere Spielstätte, sondern eine Spielstätte, die Ambiente hat“, so Huber, der den Identitätsverlust des Festivals, auch durch ein zu breites Programmangebot und zu viele Spielstätten fürchtet. Besucherrückgänge in den letzten Jahren seien ein sichtbares Zeichen dafür.

Aufgeführt wird das heurige Auftragswerk „Jeanne d’Arc“ von Johannes Kalitzke im Villacher Congress Center, und zwar als Filmkirchenoper – heuer noch konzertant, szenisch dann im nächsten Jahr. Intendant Holger Bleck: „Das heißt, ich kombiniere Stummfilm mit Musik und mit einer Handlung. Wir haben ein sehr, sehr großes Orchester. Wir haben Chor, wir haben Solisten, beteiligt circa 50 bis 60 Musiker plus Chor, und dafür ist die Stiftskirche leider zu klein.“

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Die ehemaligen Büros in Stift Ossiach

Was die kritisierten Besucherrückgänge anbelangt, räumen Bleck und der Verein Carinthischer Sommer wirtschaftliche Probleme im Jahr 2018 ein. 2019 habe sich das Festival aber konsolidieren können. „Wir starten 2020 mit einem ausgeglichenen Budget“, so Bleck.

Ex-Intendanten immer strikt gegen Abwanderung aus Wien

Auch die vom Bürgeremister kritisierte schleichende Abwanderung wird zurückgewiesen. Ein Drittel aller Veranstaltungen finde weiterhin in Ossiach statt, und auch mit der Carinthischen Musikakademie werde auf eine Kooperation hingearbeitet, so Vereinsobmann Klemens Fheodoroff.

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Die neue Ganzjahresbetriebsstätte soll zu einem Kulturtreffpunkt in Villach werden.

Langjährige Diskussionen um Festivalbüro in Wien

Frühere Intendanten wie Gerda Fröhlich und Thomas Daniel Schlee hatten sich noch vehement gegen die Verlegung des Festivalbüros von Wien nach Kärnten gewehrt, nun habe es nach vorhergehender Prüfung einen einhelligen Beschluss für die Verlegung von Wien nach Kärnten gegeben, so Fheodoroff: „Ich denke, die Zeit in der Gerda Fröhlich und Thomas Daniel Schlee Intendanten waren, war doch noch so, dass die Präsenz in Wien sehr entscheidend war. Heutzutage haben wir doch ganz gute Kommunikationskanäle, dass man auch einen Betrieb des Carinthischen Sommers von Kärnten aus machen kann, und das werden wir machen“, dazu Vereinsobmann Fheodoroff.

Archiv wandert ins Landesarchiv

10.000 Euro Mietersparnis sollen in künstlerische Produktionen fließen. Zwei Mitarbeiter in Wien verlieren ihren Job. Auch das Archiv des Festivals wandert von Wien ins Kärntner Landesarchiv und soll dort öffentlich zugänglich sein. Es reicht über 50 Jahre und ist demensprechend groß – zur Veranschaulichung: Die Regale erreichen eine Länge von etwa 60 Metern.

Mit der Verlegung des Festivalbüros entspricht der CS einer langjährigen Forderung des Landes. „Das schafft mehr Präsenz im Land, und das carinthische Geschehen lässt sich auch besser in das Geschehen des Landes einweben“, so Igor Pucker, der Leiter der Kulturabteilung. Gemeinsam mit dem Bund würden nun Gepräche für eine mehrjährige Förderung des Carinthischen Sommers geführt.

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2020: Schwerpunkt zum Beethoven-Jahr

Der Jahresregent Ludwig van Beethoven, als richtungsweisender Komponist und politisch Denkender, bestimmt unter anderem das Programm des Carinthischen Sommers 2020. Dementsprechend lautet das diesjährige Motto „feuertrunken“, aus dem 4. Satz seiner 9. Symphonie.

Die Besucher erwartet ein Beethoven-Schwerpunkt zum 250. Geburtstag des Komponisten und ein Slowenien-Schwerpunkt anlässlich 100 Jahren Volksabstimmung in Kärnten. Festredner bei der Eröffnung wird Philosoph Konrad Paul Liessmann sein.