Die Urväter der Villacher Gilde, Kanzler Herbert Hinrichs und sein Vize Heinz Erlach schauten sich Anfang der 1960er Jahre gemeinsam die Übertragung des Mainzer Faschings im Fernsehen an und befanden: „Das können wir auch“, sagte der Villacher Chronist Gernot Rader: „Am 26. Februar 1963 passierte zum ersten Mal, was die Villacher zuvor nicht zu träumen wagten: Sie waren mit ihrer Sitzung im Fernsehen.“
TV-Aufzeichnungen nach genauem Reglement
Also stellte man ein Programm auf die Beine, wie Heinz Erlach in einem ORF-Interview im Jahr 2001 erzählte: „Es waren Mitglieder vom Turn- und Gesangsverein dabei und so hat sich das ergeben. Wir haben es im 1961er Jahr einmal probiert. Damals tauchte auch Peter Wehle auf, der das Faschingslied komponiert hat. Wir haben es wirklich praktisch nachgemacht.“
Den Villacher Fasching gab es natürlich schon vor der TV-Übertragung. Als dann allerdings das Fernsehen dabei war, gab es für die Akteure gewisse Vorschriften, an die man sich halten musste, so Rader: „Eine Fernsehsitzung läuft viel straffer ab. Dass es auch Schnitte und Kürzungen gibt, mussten die Akteure so hinnehmen. Bis auf einen ganz berühmten: Bibi Clementschitsch. Er meinte nur noch trocken: Ich lasse mich von niemandem beschneiden. Nicht einmal vom ORF. So lieferte er ein ex tempore nach dem anderen.“
Besonders beliebt waren die Gedichte von Clementschitsch. Quasi die Zugabe seines Auftritts. Sein Spruch „Da ist mir noch ein Gedichtlein eingefallen und wieder ausgefallen“ war legendär, so Rader: „Er nahm dann einen Zettel heraus und las ein selbst verfasstes Gedicht, das immer eine tolle Pointe hatte. So endete sein Beitrag im Fernsehen immer. Er war der Liebling des Publikums.“
Mit Taxi zur TV-Aufzeichnung
Es gab aber auch Pannen, die man sich heute noch in Villach erzählt. Helmut Kattnig gehörte zur fixen Faschingsnummer der „Drauwiener“. Er war die Ruhe in Person und wartete immer im Hotel Mosser auf seinen Auftritt. Allerdings wartete er einmal zu lange, erinnert sich Rader: „Der Kanzler kündigte vor laufender Kamera die nächste Nummer der Drauwiener an. Aber leider fehlte einer der Sänger. Man musste unterbrechen und Helmut Kattnig wurde mit dem Taxi herbeigeholt. Dann konnte das Fernsehen weiter aufnehmen.“
Streit führte kurzzeitig zu Trennung
Fast wäre die Fernseh-Karriere des Villacher Faschings jäh zu Ende gegangen, so Langzeitkanzler Gernot Bartl: „Das war eine sehr unangenehme Situation. Ich war schon seit zehn Jahren in der Faschingsgilde tätig. Es gab Animositäten zwischen zwei Personen, die zu einer Trennung führten. Heinz Jochen Rabe, unser damaliger Regisseur, ging nicht in Freundschaft von der Faschingsgilde weg und gründete aus Trotz die Narrentafel. 1977, 1978 und 1979 spielte sie in der Arbeiterkammer. Zwei Veranstaltungen liefen parallel und wurden aufgezeichnet. Die zwei Programme wurden zusammen geschnitten. Die Zuschauer kannten sich nicht aus. 1980 renkte sich alles wieder ein und die Narrentafel und der Villacher Fasching spielten wieder gemeinsam ihr Programm.“
So sitzen noch heute Jahr für Jahr viele Menschen am Faschingsdienstag vor dem Fernseher, um mit den Villachern für ein paar Stunden die Alltagssorgen hinter sich lassen zu können. So grüßt man sich auch heuer wieder am Faschingsdienstag ab 20.15 Uhr mit einem kräftigen: „Lei Lei“.
Das Museum der Stadt Villach widmet dem Fasching, zusammen mit dem Villacher Kirchtag, ab Mai eine Sonderausstellung.