Erich Richard Finsches trägt sich ins goldene Buch der Stadt ein
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Chronik

Gedenken an Shoa und KZ-Befreiung

Die Stadt Klagenfurt hat am Sonntag in einer Matinee der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz gedacht. Zu Wort kam auch der 93-jährige Erich Richard Finsches, der als einziger seiner Familie die Shoa überlebte und schon mit zehn Jahren von den Nazis gefoltert wurde. Im Rennter Institut ist bis 21.2. eine Ausstellung zu sehen.

Bereits zum achten Mal gedachte Klagenfurt der Opfer des Holocaust, jener Menschen, die vom Nazi-Regime systematisch erniedrigt, gedemütigt, gefoltert und ermordet wurden. Die Veranstaltung wird immer in Kooperation mit dem Beirat für Gedenk- und Erinnerungskultur der Stadt, erinnern.at, Memorial Kärnten-Koroška und dem Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška durchgeführt. Heuer jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 75. Mal.

Als Kind von Nazis gequält

Erich Richard Finsches ist Sohn einer jüdischen Wiener Familie mit 63 Mitgliedern, er überlebte als Einziger. Mit zehn Jahren wurde er das erste Mal von der Gestapo verhaftet, verhört, gefoltert und ins Arbeitslager Eisenerz gebracht. Er flüchtete, überlebte in Wald und Untergrund, traf kurz seine Mutter wieder und kam danach in die Konzentrationslager Dachau und Auschwitz.

Er erzählt als einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen immer wieder von seinem Schicksal. Besonders gerne vor Jugendlichen, wie am Freitag in der Klagenfurter HTL um zu mahnen und warnen: „So etwas darf nie wieder geschehen“. Bei Kriegsende war er 17 Jahre alt und muss aufgrund der Misshandlungen und Strapazen bis heute mit schweren Behinderungen leben.

„Alltagsrassismus wird stärker“

Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) dankte Finsches für sein Kommen und die Bereitschaft, über schreckliche Zeiten zu sprechen: „Denn uns allen ist klar: Wir müssen wachsamer denn je sein, immer bereit gefährlichen Strömungen sofort gegenzusteuern.“ Befeuert von den sozialen Medien werde der Alltagsrassismus stärker, werden wieder Menschen wegen Hautfarbe, Religion, Kleidung, Herkunft diskriminiert, verspottet und verfolgt, so Mathiaschitz.

Peter Gstettner
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Peter Gstettner tritt für mehr politische Bildung ein

„Zeit arbeitet nicht für das Erinnern“

Der Vorsitzende des Klagenfurter Gedenk- und Erinnerungsbeirats, Peter Gstettner, mahnte in seiner Rede ebenfalls ein, die Jugend über diese Vergangenheit aufzuklären. Denn die Zeit arbeite nicht für das Erinnern. Vielen Politiker ziehen immer wieder Parallelen zur heutigen Flüchtlingssituation. Die jüdischen Mitbürger waren damals auch nirgends willkommen und seien auf Barrieren gestoßen.

Im angeheizten Klima gegen die „Fremden“ steige auch der Antisemitismus wieder empor, so Gstettner. Junge Neonazis hätten ja keine Ahnung, was damals wirklich los war, der historische Hintergrund fehle ihnen. Das sei ein Defizit des Bildungswesens und das könne man nicht so schnell aufholen, sagte Gstettner.

Ausstellung in Renner Institut

Ab Montagabend wird im Klagenfurter Renner Institut eine Ausstellung zum Holocaust gezeigt. Sie wurde von der Holocaust Erinnerungs- und Forschungsstätte Yad Vashem in Jerusalem zur Verfügung gestellt. Organisator Harry Koller sagte dazu, sie umfasse 20 große Tafeln, die das das jüdische Leben in Europa vor der Naziherrschaft zeigen und was dazwischen passiert sei. Sie zeigen aber auch, wie die Überlebenden der Shoa wieder zurück ins Leben fanden.

Anhand von Einzelbeispielen soll versucht werden, Antworten auf die zentrale Frage der Ausstellung zu finden: „Wie es möglich ist, dass normale Arbeiter und Angestellte in eine Mordmaschinerie verwickelt wurden und Morde ausgeführt haben. Wie war es möglich, dass sich solche Lager etabliert haben und wie Menschen die Morde, ohne nachzudenken, auf Befehl ausgeführt haben.“ Die Ausstellung im Renner Institut in Klagenfurt wird bis 21. Februar bei freiem Eintritt zu sehen sein.