Landesgericht Klgaenfurt von außen
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Chronik

Gerichtsbilanz: Mehr Fälle, weniger Personal

Das Landesgericht Klagenfurt hat mit immer weniger Personal immer mehr Verfahren zu bewältigen. Das zeigt die am Mittwoch präsentierte Leistungsbilanz der letzten viereinhalb Jahre. Dazu kommen noch große Prozesse wie Hypo oder HCB.

Rund 1.000 Zivilverfahren, 3.000 arbeits- und sozialrechtliche Verfahren, wie Pflegegeldverfahren, und 1.300 Strafverfahren wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren von elf Richtern am Landesgericht abgewickelt.

Die Richter sind aufgrund der starken Personaleinsparungen immer höherer Belastung ausgesetzt, sagte der Präsident des Landesgerichts, Bernd Lutschounig: „Ein besonders neuralgischer Punkt ist der Schreibdienst. Gerade im Bereich der Justiz fallen sehr viele Schreibarbeiten an. Protokolle von Verhandlungen oder Entscheidungen sind in Schriftform zu verfassen. Hier haben wir in den letzten fünf Jahren 25 Prozent unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verloren.“

Pressekonferenz des Landesgerichts
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v.l. Richter und Gerichtssprecher Christian Liebhauser Karl, Vizepräsidentin Ulrike Svetina, Gerichtspräsident Bernd Lutschounig, Vizepräsident Manfred Herrnhofer, Richterin und Gerichtssprecherin Eva Jost-Draxl

Damit stehen aktuell fünf Schreibkräfte für das gesamte Landesgericht zur Verfügung. Das führt zu Verfahrensverzögerungen bei Zivilverfahren von rund zehn Monaten, so Lutschounig. Jeder Urlaub oder Krankenstand verschärfe die Situation.

Immer weniger Dolmetscher

Zu schaffen macht dem Gericht auch der Rückgang der gerichtlich beeideten Sachverständigen und Dolmetscher. Die Vizepräsidentin des Landesgerichts, Ulrike Svetina, appellierte an „die besten Köpfe im Land“, sich als Sachverständige eintragen zu lassen. „Auch wenn die Gebühren nicht berauschend sind, so ist es doch eine sehr spannende Tätigkeit.“

Auch im medizinischen Bereich fehle es an Fachkräften, sagte Svetina: „Wir haben derzeit keinen Arzt der Urologie eingetragen, es fehlen auch Ärzte im Fachbereich Psychologie. Es gibt hier nur zwölf Eintragungen und diese Sachverständigen können teilweise in diesem Fachgebiet nur in Teilbereichen eingesetzt werden.“

Verfahren mit Sicherheitsaufwand

Womit sich das Gericht zusätzlich konfrontiert sieht, ist die zunehmende Zahl der Verfahren mit erhöhtem Sicherheitsaufwand, etwa bei Waffenhändler- oder Staatsverweigererprozessen. Auch die Verfahren nach dem Verbotsgesetz steigen in Kärnten überproportional im Vergleich zu anderen Landesgerichten.

Auch die Zahl der Haftfälle steigt. 298 waren es im vergangenen Jahr und heuer werden es wohl noch mehr, sagte Vizepräsident Manfred Herrnhofer: „Das ist eine mehr als zehnprozentige Steigerung, die vor allem darauf zurückzuführen ist, dass Kärnten in der Suchtmittelproblematik einen alarmierenden Zustand aufweist. Die Polizei hat uns erklärt, es gibt in diesem Bereich einen erhöhten Fahndungsdruck.“ Somit werde die Zahl der Häftlinge wohl noch weiter steigen.

Viele Prozesse rund um Hypo

Die juristische Aufarbeitung des Hypo-Skandals ist immer noch nicht beendet. Laut Lutschounig sind 35 Strafverfahren absolviert bzw. noch zu absolvieren. Zwei seien derzeit im Verhandlungsstadium, drei noch beim Höchstgericht anhängig. Lutschounig zog aber auch eine positive Bilanz: „Wir waren sehr erfolgreich, die meisten Verfahren waren in einem Rechtsgang abgeschlossen.“

Auch das Zivilgericht war und ist mit Hypo-Themen befasst. Laut Gerichtssprecherin Eva Jost-Draxl gab es allein im Zusammenhang mit dem Schuldenschnitt 40 Klagen mit einem Streitwert von 600 Millionen Euro. Vier davon sind derzeit noch anhängig. Vor allem Besitzer von nachrangigen Anleihen wollten ihr Geld einklagen. Im Februar entschied der OGH jedenfalls, dass derartige Klagen nichts bringen, es dürfen maximal 10,97 Prozent des Nominales zugesprochen werden. Auch die 50-Millionen-Zivilklage der Hypo gegen ihre ehemaligen Eigentümer und Manager ist noch nicht abgeschlossen. Hier sind aber laut Jost-Draxl nur noch zwei Parteien beklagt, der Streitwert beträgt inzwischen 4,5 Millionen Euro.

Tag des Landesgerichts am 20. November

Offen ist, wie es mit der geplanten Strukturreform der Gerichte weitergeht. Bezirksgerichte sollen ja zusammen gelegt bwz. geschlossen werden, eine Entscheidung vonseiten der Bundesregierung dazu lässt noch auf sich warten. Mit einem Tag des Landesgerichts will man unterdessen die Bevölkerung vermehrt einbinden. Am 20. November hat jeder Bürger die Möglichkeit, das Landesgericht und seine Abteilungen zu besuchen.