Eva Maria Sachs beim Treffen
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Gesundheit

Treffpunkt für Demenzkranke und Familie

80 Prozent der demenzkranken Menschen werden zu Hause gepflegt. Um sie, aber auch die pflegenden Angehörigen, zumindest ein paar Stunden in der Woche zu unterstützen, rief die Caritas das „Cafe Zeitreise“ ins Leben. Demenzerkrankte und pflegende Angehörige treffen einander dabei zum Plaudern, es gibt aber auch Beratung.

Eines der Caritas-Cafes ist in Koschach im Maltatal in der Pension Jahn untergebracht. Beim Besuch des ORF an einem Freitagnachmittag waren rund 20 Senioren mit ihren Angehörigen zu Gast. Der 89 Jahre alter Musiker Adolf Prax spielt ein Willkommensständchen auf seiner steirischen Ziehharmonika. Für das Cafe Zeitreise begann der an Demenz erkrankte Musiker wieder zu spielen. Der Applaus macht ihm sichtlich Vergnügen, er lächelt. Organisatorin Eva Maria Sachs-Ortner begrüßt jeden Gast, dann geht es an die ersten Aktivierungsübungen.

Alte Gegenstände helfen beim Erinnern
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Alte Gegenstände helfen beim Erinnern

Erzählen von früher

Die Teilnehmer erhalten Kärtchen und müssen damit das Gemüse, das auf den Tischen herbstlich dekoriert wurde, nennen. Gemeinsam versucht man sich dann zu erinnern und spricht über alte Rezepte. Daneben steht ein Tisch, voll beladen mit Utensilien des alten Schneiderhandwerks vom groben Leinen bis zum Bügeleisen ohne Strom.

Eva Maria Sachs im Vieraugengespräch mit einer pflegenden Angehörigen
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Eva Maria Sachs-Ortner berät Helga Allmayer, die ihre Mutter pflegt

Teilnehmerin Getraud Hofer kennt jedes Werkzeug. Die pensionierte Schneidergesellin geht zum Tisch und beginnt zu erzählen, wie es damals war. Das ist wertvolles Wissen, das Demenzexpertin Sachs-Ortner im Cafe Zeitreise wieder aufleben lassen will: „Die Menschen erzählen, wie es früher war, wir könnten die Weisheit des Alters nützen. Gedanklich werden auch Brücken in die Gegenwart gebaut.“ Menschen mit Demenzerkrankungen spüren, dass etwas nicht stimme, so Sachs-Ortner. Selbstwert und eigene Identität kommen ins Schwanken, das Umfeld sollte diese Menschen stärken und stützen.

„Viele fühlen sich allein gelassen“

Aber auch für die Angehörigen hat man ein hier ein offenes Ohr. „Bei pflegenden Angehörigen ist es oft so, dass sie rund um die Uhr intensiv im Einsatz sind und sich vor allem im ländlichen Raum oft allein gelassen fühlen. Mir ist es wichtig, dass jemand da ist, der sie ein Stück weit begleitet und unterstützt.“

Einfache Übungen sollen die Demenzkranken fördern
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Einfache Übungen für die Erinnerung

„Wie geht man damit um“

Helga Allmayer pflegt seit sieben Jahren ihre teilweise an Demenz erkranke Mutter. Die Erkrankung wirft für sie oft viele Fragen auf: „Es ist das Verhalten, wie man darauf reagieren soll. Meine Mutter fragt man etwas, man bekommt eine völlig andere Antwort, wie soll man damit umgehen, was sie will. Das ist oft schwer schwierig.“ Es sei viel schwieriger als eine normale Pflege „Wie soll man miteinander noch reden“. Das könne man nur von anderen Betroffenen erfahren, so Allmayer. Man könne nie immer alles richtig machen, da komme dann das schlechte Gewissen der Mutter gegenüber. Das Treffen im Cafe sei für sie sehr wichtig.

Adolf Prax greift wieder zur Harmonika
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Das Harmonikaspielen hat Adolf Prax nicht verlernt

Einfach darüber reden können

Gisela Gritzner pflegte ihren demenzkranken Mann bis zu seinem Tod und war dann Mitbegründerin des Cafe Zeitreise in Malta. Am belastendsten waren für sie die durchwachten Nächte, weil man immer mit einem Ohr auf den Partner hören muss. Man müsse immer aufpassen, ihr Mann habe zum Beispiel bis zum Schluss Holz gehackt und sie hatte immer Angst, dass etwas passiert. Am wichtigsten sei es, sich austauschen zu können, einfach darüber reden zu können.

Inzwischen trifft man sich im Cafe regelmäßig alle zwei Wochen. Neben dem Austausch steht auch die Gemeinschaft im Mittelpunkt. Gemeinsame Mahlzeiten gehören bei jedem Treffen dazu. Diesmal steht Kürbiscremesuppe auf Menüplan und auch gemeinsames Lachen.