Waldrapp steht in der Wiese
Tiere

Die Waldrappe von Rosegg

Waldrappe sind durch die Jagd im 18. Jahrhundert fast ausgerottet worden. Durch Projekte und Aufzuchtprogramme kehren sie nun wieder zurück. Eine Population von rund 50 Tieren gibt es im Tierpark Rosegg. Es sind schwarze, große Vögel mit einem langen, gekrümmten Schnabel, die durch ihre Stehfrisur auffallen.

Die Tiere in Rosegg vermehren sich gut, sagte der Inhaber des Tierparks, Emanuel Liechtenstein: „Diese Waldrappen sind seit ca. 20 Jahren hier bei uns. Das ist eine Kolonie, die wir übernommen haben aus einem Waldrapp-Projekt. Wir haben sie hier angesiedelt, es ist eine sedentäre Kolonie. Das heißt, sie bleiben bei uns, sie migrieren nicht. Aber sie produzieren sehr viele Jungvögel.“

Zwischen 60 und 70 Jungvögel

Das ermöglicht dem Tierpark, sehr viele Jungtiere für das Waldrapp-Wiederansiedlungsprojekt abzugeben, so Liechtenstein. Heuer sei es ganz spannend, es habe früh begonnen mit der Balz, aber das Legen geschehe ein bisschen später. „Aber letztlich rechnen wir damit, dass wir bestimmt in 25 Nestern wieder zwischen 60 und 70 Jungvögel haben werden“, so Liechtenstein.

Waldrapp
ORF
Waldrapp

Den jungen Waldrappen soll wieder beigebracht werden, dass sie Zugvögel sind. Biologen fliegen den Jungvögeln mit Paraplanes voraus, um ihnen zu zeigen, wohin sie im Winter ziehen könnten. Durch die Bruterfolge gibt es ausreichend Kücken für diese menschengeführte Migration. 2020 kehrte der erste junge Waldrapp der Kolonie Rosegg selbstständig aus dem Wintergebiet zurück.

„Gefieder schillert in allen Farben“

Liechtenstein über das Erscheinungsbild: „Es ist ein sehr charaktervoller Vogel. Er hat so eine Art Glatze, am Hinterkopf befinden sich wegstehende Federn. Das schaut fast ein bisschen wie ein Irokesenschnitt aus. Auf den ersten Blick glaubt man, es ist einfach ein schwarzer Vogel. Aber wenn man im Sonnenlicht sieht, wie das Gefieder in allen möglichen Regenbogenfarben schillert, hat er eine gewisse Schönheit“.

Die Tiere seien auch eigensinnig, auch nach 20 Jahren sei der Waldrapp immer noch für Überraschungen gut, sagte Liechtenstein: „Gerade, wenn die Ersten beginnen zu migrieren, stellen sich ganz merkwürdige Situationen ein. Es gibt welche, die fliegen in die völlig falsche Richtung. Es gibt welche, die fliegen am liebsten Flughäfen an. Aber Gott sei Dank schaffen es die meisten, in den Süden zu kommen. Das ist doch das Ziel, weil dort gibt es auch im Winter Futter.“

Sendungshinweis:

Erlebnis Natur, 25.3.2024

Vögel in ganz Kärnten unterwegs

Die Waldrappen in Rosegg sind nicht nur im Gehege unterwegs, sondern im Sommer auch außerhalb. Liechtenstein sagte, es sei erstaunlich, dass ein Vogel, der völlig unbekannt war, mittlerweile in Kärnten große Bekanntheit erlebe: „Wir hatten gerade jetzt Anrufe aus dem Oberen Mölltal, wo ein paar migrierende Vögel gesichtet worden sind. Und da wird auch automatisch beim Tierpark Rosegg angerufen, weil offensichtlich viele Kärntner wissen, die gehören hierher.“

Es gebe viele Rückmeldungen und man wisse auch viel über das Flugverhalten und die Ausflüge, die sie machen. Viele der Tiere tragen einen GPS-Tracker auf dem Rücken: „Deswegen wissen wir meistens, wo sie sind, aber solange der Vogel gesund und munter ist, einfach beobachten und er fliegt dann von selber weiter“, so Liechtenstein.

Aufzuchtstation für Jungvögel

Lynn Hafner kümmert sich in der Aufzuchtstation um die Waldrappen. Sie stammt aus England, lebt aber seit 40 Jahren in Kärnten: „Die kennen mich schon, seit sie geschlüpft sind. Ein paar kennen mich erst, seit sie ein, zwei Jahre alt waren, aber das ist auch schon 20 Jahre her und sie folgen mir wie Hühner. Die haben keine Angst vor mir, ich bin so wie ein Waldrapp, ich kann in die Nester hineinschauen.“ Komme ein anderer Mensch zum Gehege, fliegen sie auf, so Hafner. In ihr sehen sie aber keine Gefahr.

Über 20 Nester derzeit

„Wir haben über 20 Nester, in sechs davon gibt es schon Eier, zwei davon haben schon vier Eier, mehr legen sie normal nicht. Sie legen jeden zweiten Tag ein Ei und die brauchen dann ca. 28 Tage, bis das erste Küken schlüpft“, so Hafner. Beobachtet und aufgezogen werden die Kleinen in einer eigenen Aufzuchtstation, die gibt es heuer zum bereits zweiten Mal. „Das sind dann ungefähr acht Nester, in jeder sind so vier Küken drinnen. Die Ziehmutter muss den ganzen Tag mit den Kleinen reden, schmusen, füttern, kuscheln, einfach von Nest zu Nest gehen, weil es sind nur zwei Leute und acht Nester. Das machen sie von in der Früh bis zehn Uhr abends.“

Waldrappvoliere in Rosegg
MoserB/Wikipedia
Voliere der Waldrappe im Tierpark Rosegg

Bröseltopfen für den Knochenaufbau

„In der freien Natur fressen sie Insekten, Engerlinge, kleine Schnecken, Babymäuse oder so. Sie fressen auf keinen Fall Körner oder Vegetarisches, das ist leider nicht ihr Fall. Das Schönste, was ich ihnen füttern darf, ist Bröseltopfen. Den brauchen sie, weil der für die Eierschalen und für den Knochenaufbau ganz wichtig ist im Frühjahr,“ so Hafner.

In der Aufzuchtstation bleiben sie, bis sie vier, fünf Wochen alt sind, so Lynn Hafner: „Dann kommen sie dorthin, wo sie aufwachsen sollen.“ Bei den ersten Flugversuchen könne man gar nicht hinsehen, sagt Hafner. Das könne auch daneben gehen wenn niemand dabei sei, der erste Flug sei dann oft der letzte Flug.

Nur die Ziehmutter darf in die Aufzuchtstation

In die Aufzuchtstation dürfe nur die Ziehmutter hinein: „Nicht einmal die Assistentin oder der Assistent, der das Futter herrichtet. Niemand darf hinein. Der Tierarzt vielleicht, wie letztes Jahr, der hat in ein Eck hinein dürfen. Weil er die Proben für die Vogelgrippe durchführen musste, weil sie über die Grenze fuhren.“

Es kommt dieser Tage ein amerikanisches Produktions-Team, das die Tiere beobachten will. „Da wird ein zweiter Container angebaut an den ersten und ein falsches Fenster, dass die Waldrappen nicht hinaus-, aber das Fernsehteam hineinschauen kann. Und die werden das dann filmen, wie das vor sich geht“, erklärte Hafner. Sie sei schon sehr gespannt.