Autorin Julia Jost
ORF/Johannes Puch
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Kultur

Debüt-Roman von Julia Jost: Kindheit im Dorf

Anfang des Jahres hat die Kärntner Autorin Julia Jost ihren ersten Roman mit dem Titel „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ veröffentlicht. Erzählt wird die Geschichte einer Kindheit im Dorf, mit all seinen Schattenseiten. Trotzdem schrieb Julia Jost keinen Anti-Heimatroman.

Jeder Mensch hat mindestens zwei Seiten: „Das sind die Verführer und die Schlechten und ich stehe aber mit meiner Außenperspektive über allem und schreibe da die moralisch richtigen Romane. Diese Vorstellung, da krieg ich Gänsehaut. Das finde ich furchtbar.“ Julia Jost, 1982 in St. Veit geboren, macht eine Kindheit in den 1980er und 90er Jahren in einem Kärntner Dorf zum Thema ihres Debüt-Romans. Die Coming-of-age-Geschichte eines queeren Kindes verwebt sie mit dem politischen Klima und dem aufkommenden Rechtspopulismus der damaligen Zeit, sowie mit der Geschichte der Dorfgemeinschaft.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten „Servus, Srecno, Ciao“; 27.2.2024

Erhobener Zeigefinger ist der Autorin fremd

An einer Wand hängt der Ariernachweis über fünf Generationen immer noch. Und ein Bub spielt mit dem „Meine-Ehre-heißt-Treue-Messer“ des Großvaters, der bei der SS war. Das stellt das Mädchen aber einfach fest und bewertet es nicht. Ein erhobener Zeigefinger ist Julia Jost auch völlig fremd.

Trotzdem ist sie ein sehr politischer Mensch, der das aktuelle Geschehen genau beobachtet: „Ich glaube, dass die Toleranzen für bestimmte Sager und für bestimmte menschenfeindliche Gesinnungen in einer Zeit geprägt wurden, die wir als Kärntner, Kärntnerinnen mit der Haider-Zeit in Verbindung bringen. Da wurde wieder ein Sprachgut ausgepackt, von dem man sich eigentlich distanzieren wollte. Da wurde ein Grundstein gelegt für etwas, das wir heute in der Politik nicht nur in Österreich, sondern überall wiederfinden.“

Autorin Julia Jost
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Julia Jost beim Bachmannpreis

Immer wieder gern in Kärnten

Jost arbeitet sich auch nicht, wie zum Beispiel Josef Winkler, an ihrer Heimat ab. Sie stellt nicht an den Pranger und versteht sich vor allem nicht als Opfer. Die Schriftstellerin hat eine sehr gute Beziehung zu Kärnten, ihren Freunden und zur Familie: „Ich merke schon, dass das Land, die Landschaft, die Ruhe, die die Natur so mit sich bringt, dass ich das sehr wertschätzen kann. Und ja, ich mag Kärnten sehr, sehr gerne und auch die Leute sehr gerne. Mich zieht es immer wieder aufs Land oder immer mehr auch aufs Land.“

Keine Erklärungen zum Buch

Für Julia Jost gibt es auch keine richtige oder falsche Art ihren Roman zu lesen. Jeder wundert, ärgert, freut oder amüsiert sich wie er oder sie mag. Nach jahrelanger Arbeit ist sie mit diesem Roman einfach zufrieden und sehr glücklich: „Ich möchte das Buch nicht schmälern, verschmälern, verknappen inhaltlich, indem ich erkläre, wie man den einen oder anderen Satz zu interpretieren hat.“

Werner Pietsch von der kelag neben Julia Jost und Juror Klaus Kastberger
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2019 erhielt Julia Jost bei den TddL den KELAG-Preis

Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek zeigte von Julia Josts Roman-Debüt jedenfalls begeistert. "Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ ist im Suhrkamp-Verlag erschienen. Am 29. Februar liest Julia Jost im iKult in Klagenfurt und am 16. April im Amthof in Feldkirchen. 2019 las Jost einen Auszug aus diesem Roman bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur und wurde mit dem KELAG-Preis ausgezeichnet.