Flusskrebs auf der Hand
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Wissenschaft

Vom Aussterben bedrohte Flusskrebse

Der Edelkrebs bzw. Europäische Flusskrebs war früher überall in den heimischen Flüssen und Bächen zu finden. Er gehört inzwischen zu den stark gefährdeten Tierarten. Der Kärntner Flusskrebsexperte Jürgen Petutschnig sieht die Gründe in Krankheiten und invasiven Arten.

Die Krebspest und ein von Menschen absichtlich eingeführter, invasiver Konkurrent haben seine Bestände drastisch dezimiert, so Petutschnig: „Mit dem Auftreten der Krebspest sind sehr viele Krebsbestände bei uns seit dem Jahr 1880 in Österreich verschwunden. Der Krebspesterreger ist eine Pilzart, die es schafft, den Krebs so stark zu gefährden, dass wenn er irgendwo auftritt, dass binnen kürzester Zeit ganze Bestände dadurch ausgerottet werden.“

Erreger von Einwanderern setzen heimischen Arten zu

Dieser Krebspesterreger wurde mit verschiedenen nordamerikanischen Krebsarten eingeschleppt. Derzeit leben drei verschiedene Arten in Kärnten. Das ist der Kamberkrebs, der rote amerikanische Sumpfkrebs und der Signalkrebs. Diese drei Arten sind nahezu vollständig mit den Krebspesterregern infiziert.

Signalkrebs
Robert Patzner
Signalkrebs

Die nordamerikanischen Krebse wurden mittlerweile immun gegen die Krankheit, sie tragen den Erreger aber immer noch weiter: „Die nordamerikanischen Krebsarten haben sich über tausende von Jahren darauf einstellen können, dass sie bestimmte Abwehrmechanismen gegenüber diesem Krebspesterreger entwickeln haben können. Diesen Abwehrmechanismus haben unsere europäischen Krebse nicht beziehungsweise sie können nicht so schnell darauf reagieren, wenn sie mit dem Krebspesterregern, mit diesem Pilz infiziert werden.“

Ansteckung auch über Boote

Der Krebspesterreger kann auf verschiedene Weise verbreitet werden. Eine Möglichkeit ist der Besatz und das Einwandern von nordamerikanischen Arten. Das sei vor allem in Mittel- und Zentralkärnten sehr stark gegeben. „Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass der Krebspesterreger über Fischereigeräte, Wassersportgeräte wie beispielsweise Boote, Schlauchboote weiter transportiert werden kann.“ Die Krankheit könne auch nicht besiegt werden, so der Flusskrebs-Experte: „Bestehende Krebsbestände zu vernichten oder wieder auszurotten ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit, dazu gibt es sehr viele wissenschaftliche Untersuchungen aus anderen Ländern und denen ist es auch nicht gelungen.“

Krebs in der Hand
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Amerikanischer Flusskrebs

Genaue Standorte werden nicht bekanntgegeben

Aus den Fließgewässern sind die Edelkrebse fast vollständig verschwunden. Die Hauptvorkommen beschränken sich in Kärnten auf kleinere Seen und Teiche. „Das sind meist isoliertere Gewässer, die keine unmittelbare Anbindung zu den größeren Fließgewässern haben“, so Petutschnig. Da der Edelkrebs gerne gegessen wird, dürfen die genauen Standorte nicht bekannt gegeben werden: „Wir wurden von sehr vielen Fischereiberechtigten gebeten, die einzelnen Edelkrebsvorkommen nicht im Detail zu erwähnen“. Es stehe der Naturschutz vor wirtschaftlichen Interessen.

Wie viele Edelkrebse es in Kärnten noch gibt, weiß man nicht genau, erklärte der Kärntner Flusskrebsexperte: „Wir haben in Kärnten eine Untersuchung gestartet, wo wir zum einen einmal wissen wollten, wo es noch überall Edelkrebsbestände gibt. Wir wollen gezielte Aufklärungsarbeit bei Fischteichbesitzern machen. Wir wollen auch mit den Fischhändlern noch einmal gezielt über diese Problematik reden, damit das Ausbreiten des Krebspesterregers möglichst eingedämmt wird.“

1980 wurde im Weißensee der gesamte Bestand an Edelkrebsen innerhalb kürzester Zeit fast ausgelöscht, so der Wissenschaftler: „Die Ursache dafür war ein Besatz mit dem nordamerikanischen Kamberkrebs, der vermutlich über Fischer als Fischköder dort ausgesetzt wurde. Fünf Jahre später haben wir den Kamberkrebs in der Westbucht das erste Mal gezielt nachweisen können.“

Gendefekt lässt Edelkrebse blau statt rot aussehen

In Kärnten gibt es drei heimische Krebsarten, der Edelkrebs, der Steinkrebs und der Dohlenkrebs. Edelkrebse gelten als die größten heimischen Flusskrebse. „Sie können bis zu 400 Gramm schwer werden und auch Körperlängen, also wenn man die Scheren nicht mitzählt, von bis zu 18 Zentimeter erreichen.“

Der Edelkrebs ist braun gefärbt mit allen Schattierungen in Richtung beige oder dunkelbraun bis hin zu fast schwarz. Wenn er aber einen Defekt in den Farbgenen hat, kann es durchaus passieren, dass er dann eine stahlblaue Färbung annehmen kann. „Für die Farbgebung sind Eiweißmoleküle verantwortlich. Wenn die rote Farbe fehlt, dann passiert es eben, dass der Krebs blau wird.“