Buchcover Alexander Cimzar
Alexander Cimzar
Alexander Cimzar
Kultur

Romandebüt mit apokalyptischer Welt

Seit der Volksschule schreibt der gebürtige Klagenfurter Alexander Cimzar Geschichten. Mit 35 Jahren brachte er jetzt seinen ersten Roman heraus. „Heute ist es schon zu spät“ spielt großteils in einer Zukunft, in der die Menschen bereits alles kaputt machten, eine Apokalypse samt Überlebenskampf.

Protagonist Roland lebt in dieser apokalyptischen Welt. Buchauszug: „Seit er sich erinnern konnte, lebte er in einer Welt, die abgegriffen, benutzt und schmutzig war. Überall Kratzer, Risse und Brüche, Schmierereien und Schmutz und Staub, Tonnen von Staub und vor allem waren überall Menschen.“

„Karren ist an die Wand gefahren“

Roland ist am Anfang des Romans zwölf Jahre alt, geht in die Schule und lebt mit seiner Mutter und dem Großvater zusammen. Abgesehen davon hat seine Welt mit der jetzigen Welt nichts zu tun. Alexander Cimzar zeichnet in seinem ersten Roman ein sehr realistisches Bild einer Zukunft, in der die Demokratie abgeschafft, das Klima längst fast unerträglich geworden und Neapel eine Flüchtlingsstadt mit 240.000 Einwohnern wurde: „Dass der Karren an die Wand gefahren ist, das ist etwas, womit wir irgendwie zurechtkommen müssen. Wir tun es aber nicht, wir sind in einer Situation, wo wir wissen, dass es steil nach unten geht, aber gleichzeitig handeln wir nicht dementsprechend.“

Zu viele Menschen, zu wenig Nahrung

Im Buch ist es schon zu spät. Es gibt zu viele Menschen, zu wenig Lebensraum und zu wenig Nahrung und Wasser. Fleisch ist mittlerweile eine Delikatesse, dafür landen im Jahr 2075 Mehlwürmer im Eintopf. Roland und sein Großvater Fin verbringen viel Zeit miteinander. Rolands Mutter arbeitet bei Ärzte ohne Grenzen gerade in Neapel, als der schützende Damm zerstört wird. Die beiden ziehen sofort los, sie müssen die Mutter finden und sie retten. Reisen ist in dieser Welt allerdings schon ein Abenteuer.

Unterwegs verändert sich der Großvater sehr. Plötzlich kommt ein ganz anderer, aktiver und sehr tatkräftiger Mann zum Vorschein, so Cimzar: „Genau wie wir es alle auch jetzt tun, wir resignieren. Und er hat auch in der Zeit irgendwann aufgehört, sich zu engagieren, im Gegensatz zu Lara. Und damit wird er dann konfrontiert, dass er aufgegeben hat und dass das wahrscheinlich falsch war.“

Alexander Cimzar
Alexander Cimzar
Alexander Cimzar

Lara war die Jugendliebe von Opa Fin. Sie war schon als Schülerin politisch sehr aktiv. Sie kämpfte gegen die Klimasünder und war dabei alles andere als zimperlich. Sie war ihr Leben lang Aktivistin, für manche auch Terroristin. Einmal noch treffen einander Fin und Lara auf dem Weg nach Neapel, 60 Jahre nach ihrer Beziehung. Cimzar ist eines in Bezug auf sein Buch wichtig: „Es ist kein Aufruf zum zivilen Ungehorsam und das Buch ist keine Anleitung dazu. Es ist eine Geschichte über Menschen, die versuchen, das Richtige zu tun und damit möglicherweise auch scheitern.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Servus Srecno Ciao, 19.2.2024

Parallelen zur Gegenwart

Cimzar ist Lehrer für Deutsch, Geschichte und Ethik an einer Klagenfurter HTL. Lange hatte er für den Unterricht nach Büchern zu diesen Themen gesucht und nichts gefunden. Er habe aber, wie er betonte, diesen Roman auf keinen Fall dafür geschrieben, um ihn dann in der Klasse durchzunehmen.

Laut dem Weltklimarat leben bis zu 3,6 Milliarden Menschen in Regionen, die besonders stark betroffen sein werden: „In den USA zum Beispiel steht eine Wahl an, die äußerst heftige Konsequenzen auf sich ziehen kann. Und da gibt es möglicherweise bürgerkriegsähnliche Zustände. Was macht man dann?“

Deutschland von Mauer umgeben

In Cimzars Roman ist das ehemalige Deutschland von einer hohen Mauer umgeben. Der noch bewohnbare Teil des Planeten reicht aber für diese Menschenmassen bei weitem nicht aus. Roland findet dafür drastische Worte: „Die Welt war so voll von Menschen, dass sie sich bei jeder Gelegenheit gegenseitig auf die Zehen traten. Ihr Platz auf der Erde war enger geworden, aber ihre Zahl war trotzdem gewachsen. Roland fühlte sich manchmal wie ein Mastschwein in einer Zuchtanlage.“

Cimzar ist auch Historiker. Übertreibungen sind seine Sache nicht. Er beschäftigte sich intensiv mit dem Klima und sein Befund verspricht wenig Hoffnung. In diesem Roman geht es aber auch darum, dass die Menschen alle Fakten kennen und trotzdem nichts tun oder so tun, als wäre der Klimawandel nur ein böses Märchen: „Man muss ja fast verzweifeln, wenn man sich damit auseinandersetzt, was auf uns zukommt und wie darauf reagiert wird.“

Buchcover Alexander Cimzar
Alexander Cimzar
320 Seiten, 2024, 1. Überarbeitete Neuauflage, Amrun Verlag. 978-3-95869-356-2 (ISBN)

Literatur und Unterhaltung

Die Figuren und die Handlung im Buch sind erfunden. Der Autor stellt sich die Frage, was er im Extremfall tun würde. Wie sieht es mit zivilem Ungehorsam oder Gewalt aus? Muss man nicht einschreiten, wenn die Demokratie in Gefahr ist? „Heute ist es schon zu spät“, erzählt die Geschichte von Menschen, die keine Wahl mehr haben. Aber auch Cimzar hat keine Wahl. Er schreibt seit seiner Kindheit und will auch nie damit aufhören: „Einerseits ist das nichts, was ganz bewusst abläuft. Ich setze mich nicht hin und sage, ich will jetzt einen Roman zu diesem Thema schreiben. Es sind Gedanken, die kommen und hängenbleiben.“

Das Romandebüt zeigt, wie nahe Literatur an der Gegenwart sein und dabei gut unterhalten kann. Mit Lara und Finn gibt es zwei Figuren, die einem sofort ans Herz wachsen. Der Leser begleitet auch Roland auf seinem Weg und dabei, wie er versucht, aus der Welt der Zukunft noch irgendeinen Sinn zu machen. Alexander Cimzars Buch „Heute ist es schon zu spät“ ist im Amrun Verlag erschienen.

Die Premierenlesung und offizielle Buchvorstellung findet am 12.3.2024 im Robert-Musil-Haus in Klagenfurt statt. Beginn: 19.30 Uhr.