Vier hunde beim Spielen
LUIS ACOSTA / AFP / picturedesk.com
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Leute

Hundeprofi Martin Rütter in Villach

Der deutsche Hundeprofi, Autor und Moderator war am Dienstagabend in der Villacher Stadthalle mit seinem Programm „Der will doch nur spielen“. In Radio Kärnten spricht er über Karriere und Hunde und gibt Tipps.

Martin Rütter ist bekannt aus dem Fernsehen und seinen Liveshows. Er wirkt immer lustig, gut gelaunt und freundlich: „Immer wenn ich Menschen treffe, sei es, sie sprechen mich im Supermarkt oder am Bahnhof an oder wo auch immer, und man kommt so ins Plaudern, dann sagen die Leute immer danach, ach krass, Sie sind ja genau wie im Fernsehen. Und ich muss darüber lachen, weil ich ja keine Kunstfigur bin.“ Das, was man im Fernsehen sehe, sei er, so Rütter.

„Und die gute Laune, da bin ich wirklich sehr dankbar, die habe ich von meinen Eltern geerbt, die so ganz naturfröhliche Leute sind.“ Sein Glas sei immer halb voll, so Rütter im Gespräch mit Joe Kohlhofer.

Rütter bei seiner Show
Guido Engels
Martin Rütter auf der Bühne

„Habe kein Star-Gen in mir“

„Die Gefahr ist natürlich, das muss man schon ehrlich sagen, wenn man in der Öffentlichkeit steht, beruflich erfolgreich ist und – machen wir uns nichts vor – auch viel Geld verdient, dass es natürlich auch Tendenzen gibt, zu sagen, oh, jetzt hebt der ab. Bei mir ist da nicht so viel Gefahr, weil ich überhaupt kein Star-Gen in mir habe.“

Seit über 22 Jahre mache er Fernsehen, über 25 Jahre sei er auf Tour. „Wenn ich mich nicht verändert hätte, wäre das ja bitter. Es ist ja ganz normal, dass man mit 53 anders durch die Welt geht, als mit 33 oder mit 20 im Studentenwohnheim.“ Er wisse, dass ein ausverkauftes Konzert für ihn trotzdem bedeute, dass er eine Karte bekomme. Er bekomme trotzdem in einem Restaurant einen Tisch, auch wenn es voll sei: „Aber umgekehrt zahle ich natürlich auch den Preis, dass ich immer auf dem Präsentierteller bin. Ich war in Schladming im Skiurlaub, da sitzt du in einer Sauna nach dem Skilaufen und jemand tippt dir auf die Schulter und sagt, ich habe eine kurze Frage.“ Damit müsse man lernen, umzugehen.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Kaffee und Kuchen; 21.1.2024

Mit Erfolg kommt Verantwortung

Mit der starken Öffentlichkeit gehe eine gewisse Verantwortung einher: „Ich habe mich immer für Tierschutz engagiert, solange ich diesen Beruf mache, habe aber natürlich jetzt eine andere Durchschlagskraft. Deshalb ist es jetzt noch wichtiger, dass ich mich für Themen einsetze und mich stark mache und insofern geht man der Entwicklung mit.“

Martin Rütter mit Emma
Ralf Jürgens
Rütter mit Emma

Sein Hund Emma sei inzwischen ein Popstar, so Rütter: „Die Leute glauben wirklich, dass ich, egal, wo ich gerade bin, den Hund dabei habe. Also wirklich, ich sitze im Flugzeug. Die Leute sagen, wie der Hund nicht dabei? Ja, der darf ja gar nicht da rein. Also Quatsch natürlich. Ach kommt Leute, irgendwie ist es auch normal, dass ein Hund mal zuhause bleibt.“ Auf Tour sei Emma natürlich dabei, sie sei ein Stück Zuhause zum mitnehmen.

Emma ist bei Shows dabei

„Es geht nicht, dass ich unterwegs bin und das Einzige, was ich will, ist, dass Emma im Hotelzimmer mit mir kuschelt. Sie ist dann auch mit in der Halle, während der Show ist sie in meiner Garderobe. Das bedeutet, dass ich sie vor der Show immer beschäftige. Da fliegen ein paar Bälle, da lasse ich sie in der Halle ein paar Sachen suchen und wenn die Show dann zu Ende ist, schlender ich noch mal so durch die Halle, bedanke mich beim Team und dann gehe ich tatsächlich nachts noch ein kleines Ründchen mit ihr.“

Shows brauchen ganze Konzentration

Von den Städten, in denen er seine Shows zeigt, bekommt Rütter nicht viel mit: „Ich bin sowieso nicht so jemand, der irgendwie so gerne shoppen geht oder so. Wenn ich im Urlaub bin, dann gehe ich auch tagsüber in die Stadt und will die Atmosphäre schnuppern. Aber auf Tour, muss ich ehrlich sagen, habe ich die Kraft überhaupt nicht dafür.“

Wenn man zwei Stunden alleine auf einer Bühne stehe, sei das ein sehr konzentrierter Prozess: „Und die Lockerheit, die ich auf der Bühne habe, die habe ich wirklich nur deshalb, weil ich gut vorbereitet bin und weil ich auch alles darauf ausrichte. Und wenn ich dann aber tagsüber noch vier Stunden durch Villach schlendern würde, ich wäre dann abends k.o.“

Hunde sollen niemanden belästigen

Der Hundetrainer findet es eine Unart, wenn ein Hund jemanden belästigt, zum Beispiel Jogger: „Dann ist es ja oft diese Reihenfolge, erst kommt der Hund angerast, der tut nichts, dann springt er jemand an, der will nur spielen und dann beißt er rein, oh, das hat er ja noch nie gemacht. Das ist nervig und wir Hundeleute müssen dafür sorgen, dass wir gesellschaftstaugliche Hunde haben.“

Vorbild: Hunde von Obdachlosen

Wie macht man einen Hund gesellschaftstauglich? „Ich sage mal so, es macht uns ja eine Gesellschaftsgruppe vor und das sind die Obdachlosen. Du wirst wirklich in keiner Stadt Europas einen Obdachlosen finden, der ein signifikantes Problem mit seinem Hund hat. Alle diese Hunde sind cool, sind sehr gesellschaftstauglich, in aller Regel sozialverträglich mit Hunden, belästigen Menschen nicht und so weiter. Das hat damit zu tun, dass die Obdachlosen von Anfang an und konsequent mit den Hunden ihre Zeit verbringen und die überall mithinschleppen, wo Krach ist, wo Lärm ist, wo viele Menschen sind, wo viele Hunde sind und sie stellen auch klare Regeln auf.“

Martin Rütter mit Emma
Alex Stiebritz
Martin Rütter und Emma

Wichtigste Frage: Habe ich Zeit für einen Hund?

„Natürlich muss ich dafür sorgen, dass ein Welpe, der ja zu Anfang noch echt sensibel ist, nicht von zuviel Wirbel traumatisiert wird, aber hey Leute, ganz ehrlich, mal ein bisschen back to basic und die Hunde mitnehmen. Sie auch mit ins Büro nehmen, gut überlegen, ob ich genug Zeit habe.“ Die Kernfrage an ihn sei immer, Martin, was brauche ich denn? Die Menschen denken, sie brauchen ein großes Haus mit Garten, das sei totaler Quatsch: „Ich habe im Studentenwohnheim auf 16 Quadratmetern mit einem Kumpel und zwei Hunden zusammen gewohnt und das war völlig unkompliziert. Wir hatten die Hunde den ganzen Tag mit und ein Hund, der ausgelastet ist, der liegt zu Hause rum und döst.“

Er erlebe oft, dass Menschen zu wenig Zeit für ihren Hund haben: „Beide sind berufstätig, der Hund geht jeden Tag in eine Hundetagesstätte, kann eigentlich nie eine vernünftige Beziehung aufbauen, ist permanent überfordert. Ich muss genug Zeit haben und bereit sein, den Hund auch oft mitzunehmen.“

Auswahl des Hundes

„Ich glaube nach wie vor, dass wir Menschen sehr emotional bei der Auswahl des Hundes sind. Das ist der Kernfehler aus meiner Sicht. Das heißt, die Leute gucken nur, der sieht so süß aus, den will ich haben, informieren sich aber eigentlich gar nicht. Passt dieser Charakter zu mir? Bin ich überhaupt in der Lage, einen Hund mit diesem Temperament zu halten? Oder ist dieser Hund vielleicht viel zu lahmarschig für mich und ich brauche einen mit viel Energie geladenen?“

Hundetrainer-Ausbildung nach Rütter

Rütter nennt Zahlen zu seinen Hundeschulen: „Inzwischen betreiben wir 140 Hundeschulen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Und alle meine Hundeschulen bieten die Beratung vor dem Kauf des Hundes an. Im letzten Jahr waren von 100.000 vergebenen Trainingseinheiten nur zwölf Beratung bei Ankauf. Das heißt, die Leute nehmen es überhaupt nicht in Anspruch.“

Man müsse sich ehrlich fragen, welcher Hund zu einem passe und berücksichtigen, dass er bis zu 15 Jahre alt werde. Eine alleinerziehende Mutter mit drei kleinen Kindern und zwei Jack Russel Terriern, das werde nicht funktionieren, so der Hundeprofi.

Bisher keine Trainer in Kärnten

In Kärnten gibt es noch keine Rütter-Hundeschule: „Wir haben ungefähr 600 Bewerber im Jahr. In den Bewerbungen kann man an der Hälfte schon erkennen, dass die Leute nicht geeignet sind. Das heißt, sie schreiben dann so Sätze wie, ‚die Menschen haben mich enttäuscht, aber die Hunde sind das Größte für mich‘. Die haben gar nicht verstanden, was der Beruf Hundetrainer ist. Wenn du Hundetrainer bist, musst du richtig Lust auf Menschen haben. Ich muss jeden Tag erklären, ich muss Leute mögen. Wenn ich nur Hunde streicheln will, dann bin ich in dem Beruf wirklich falsch.“ Die werden dann ausgesiebt. Man wolle, dass Menschen, die Hundetrainer werden, schon eine gewisse Reife haben: „Wir sagen mindestens 25 Jahre alt, schon einen Beruf gelernt.“

Selbstständigkeit aushalten

Mit dem Rest der Bewerberinnen und Bewerber mache man einen Infotag: „Da erklären wir denen, was wir erwarten, wie unser Konzept aussieht. Das ist ja sehr aufwendig. Wir reden von 100 Ausbildungstagen und wir reden von einem Lizenzkonzept, wir reden von Selbstständigkeit. Da geht es nicht nur um Hunde. Dann bleiben irgendwann nach diesen Infotagen in der Regel 15 Leute über.“ In Kärnten habe es wohl noch keinen Bewerber gegeben, der gepasst hätte.

Hundetrainer ist kein einfacher Beruf

„Wir bilden Menschen aus, wo wir sagen, wir glauben, dass die die soziale Kompetenz haben, mit Mensch und Hund so umzugehen, wie wir das schulen. Die tatsächlich auch die Kraft haben, eine Selbstständigkeit durchzustehen. Die Menschen sind sehr viel draußen, stehen in der Kälte. Sie haben nicht den Hundespaziergang von zwei Stunden, sondern die stehen auf einer Wiese, denen ist kalt.“ Sie kommen auch nach Hause zu den Hundehaltern, erleben Schicksale, sie müssen sehr ehrlich zu Menschen sein. „Sie müssen auch mal sagen, hey, was du da machst, ist wirklich nicht gut für den Hund. Das ist schon auch ein emotional aufreibender Beruf, aber auch der schönste der Welt.“

DOGS: Hundeerziehung ohne Gewalt

Rütter entwickelte eine eigene Philosophie zur Hundeerziehung: Das „Dog Orientated Guiding System“, kurz: DOGS. Es ist eine leise, einfühlsame und vor allem gewaltfreie Erziehungsmethode, die sich ganz an der Persönlichkeit des Hundes orientiert. Für Rütter genießt oberste Priorität, dass bei der Hundeerziehung endlich die eigentliche Hauptperson im Mittelpunkt steht, der Hund.