Umgefallener Wurzelstock
Johannes Puch
Johannes Puch
Kultur

Baumwurzeln im Porträt

Der Klagenfurter Johannes Puch gehört zu den vielseitigsten Fotografen Kärntens. Seine Bandbreite reicht von Porträts über Industriefotografie, der Darstellung von Lebensmitteln bis zu eigenen Projekten wie „Szenario“. Dafür ging Puch mit der Kamera in den Wald und porträtierte entwurzelte Bäume.

„Per se wäre ja ein umgestürzter Baum nichts Besonderes, das kommt ja manchmal vor, aber es gibt eine neue Häufigkeit, was man ja auch sieht, wenn man durch die Landschaft fährt. Da sind immer wieder ganze Waldstriche umgefallen“, so Puch.

Die Baumstämme liegen auf der Erde, die Wurzeln strecken sich in die Luft. Puch fing eine Welt mit seinen Fotos ein, an der man normalerweise vorbeigeht. Aufgenommen wurden die Bilder mit sehr hoher Auflösung: „Man kriegt da sozusagen Einblick in ein Universum an Erde, Wurzeln, Steinen und Holz, wo auch viel Leben passiert, wenn man es sich genauer anschaut. Da krabbelt es nur so. Man kriegt Einblick in die Wunde, die sich auftut, wenn der Baum umfällt. Oft liegt das Gestein darunter nur unter ganz wenig Humus, wo man auch eine Vorstellung kriegt, auf wie wenig Substrat die Bäume sich festgeklammert haben.“

Johannes Puch bei der Arbeit
Johannes Puch

Porträtfotografie von Wurzeln & Co.

Puchs Projekt macht aber auch eines sichtbar, dass längst nicht mehr nur Bäume mit flachen Wurzeln umstürzen, sondern auch immer mehr Buchen. Das Wetter wird immer extremer und die Wälder spiegeln das wider. Immer mehr Holz liegt auf dem Boden und der aufgeräumte Wald der Kindheit ist längst Vergangenheit. Heute sind umgestürzte Bäume oder herabgefallene Äste fast an der Tagesordnung, weil es Waldbesitzer nicht mehr schaffen, den ganzen Windbruch aufzuräumen. Damit verändert sich auch die Landschaft und genau das zeigen die Fotos.

Seine Motive fand der Fotograf auf Spaziergängen oder bei Autofahrten: „Ich komme dann wieder mit der Kamera und dann nehme ich mir wirklich Zeit für mein Gegenüber, diese eine Wurzel. Ich schaue sie mir von allen möglichen Seiten an, warte vielleicht auch, bis sich das Licht verändert, dass der Hintergrund dunkler wird, weil der Schatten drauf fällt, dass sich das ein bisschen abhebt. Das ist schon ganz gut vergleichbar mit der Porträtfotografie.“ Seit Jahren fotografiert Johannes Puch den Bachmann-Lesebewerb im ORF Kärnten und zeigt auch da seinen besonderen Blick.

Sendungshinweis:

„Servus, Srecno, Ciao“, 10.1.24

Pilz macht Eschen zu Schaffen

Wie das Porträt eines Menschen hat auch das einer Wurzel einen ganz eigenen Charakter, eine eigene Schönheit. Beim Schwammerlsuchen orientiert sich Puch seit Jahren an den Bäumen, unter denen die Pilze wachsen. Bei den Morcheln sind es zum Beispiel die Eschen. Um sie macht sich der Fotograf allerdings auch große Sorgen: „Die Eschen sterben am sogenannten Eschentrieb. Im Endverlauf ist es so, dass der Baum an der Wurzel abfällt und umkippt. Der Erreger ist ein Pilz und der Pilz wurde aus Südostasien eingeschleppt.“

Ob dafür die exotischen Gewächse in den heimischen Gärten oder die Bauern selbst verantwortlich sind, die Pflanzensetzlinge aus Südostasien in großen Mengen in die Wälder pflanzten, darüber herrscht derzeit noch keine Einigkeit.

Bild in der Ausstellung
Johannes Puch
Bild in der Ausstellung

Bilder lassen Interpretationsspielraum offen

Mit dem Handy fotografiert heute fast jeder. Fotograf ist aber deshalb trotzdem noch längst nicht jeder, das zeigen die Fotos von Puch sehr eindrucksvoll. Eine Blume sieht aus wie ein kleines Wunder und auch die umgestürzten Bäume sind plötzlich schön. Der 1974 Geborene sagt von sich auch, dass er kein Künstler, sondern ein Fotograf sei, weil er so auch mehr dürfe.

Obwohl das Projekt „Szenario zu den umgestürzten Bäumen“ natürlich auch einen künstlerischen Anspruch habe: „Es geht ja dabei um viel mehr als nur darum, einfach einen umgestürzten Baum zu fotografieren. Wirklich Sinn macht dieses Projekt auch erst, wenn viele Fotos von Baumwurzeln zu sehen sind und sie so erst das ganze Drama sichtbar machen. Trotzdem sieht jeder in diesen Fotos, was er will und kann. Viele Leute sehen in diesen Wurzeln irgendwelche Figuren, irgendwelche Wesen oder was auch immer. Der eine sagt ‚Ja, wahnsinnig schrecklich, Dystopie‘. Und dann kommt jemand anderer und sagt ‚Schau, da sieht man einen Mann und eine Frau, die sich gerade küssen‘. Und dann denkt man ‚Aha, stimmt, das sehe ich auch.‘ Oder irgendwer hat einen Krampus gesehen, einen Delfin sogar“, so Puch.

Bilder in der Ausstellung
Johannes Puch
Bilder in der Ausstellung

„Liebe es, die Welt zu untersuchen“

Als Fotograf liebt Johannes Puch die Vielfalt. Er will sich nicht auf einen Bereich wie Architektur oder Porträts festlegen, er braucht die Abwechslung. Bei Auftragsarbeiten für die Industrie findet er sich plötzlich in einer ganz anderen Welt wieder. Der gebürtige Klagenfurter will mit der Fotografie die Welt untersuchen und ganz genau hinschauen.

„Es ist tatsächlich die Abwechslung. Also ich liebe es, Menschen zu fotografieren, zu porträtieren, aber ich möchte dazwischen auch etwas anderes fotografieren, wo man sehr präzise arbeitet, wie beispielsweise in der Industriearchitektur oder Architektur. Wenn man weiß, wie man richtig komponiert, ist ein gelungenes Foto eigentlich immer möglich.“

Ausstellungsraum
Johannes Puch
Ausstellung

Kein Standardrezept für schöne Fotos

Ein Rezept, wie man das wirklich richtig macht, hat er allerdings nicht. Auch wenn er nicht immer ganz zufrieden ist, gibt es auch viele Fotos, auf die der Fotograf stolz ist. Ein ganz besonderes entstand schon vor sehr vielen Jahren bei einem Konzert des Bassisten Dave Holland im Domenig-Steinhaus in Steindorf: „Ich habe von ihm ein Porträt beim Spielen gemacht. Und wenn ich das heute sehe, bin ich immer ganz begeistert, weil der so schöne Linien hat, sein Kopf, seine Schultern, der Hals des Basses, das Instrument. Er hat darauf die Augen zu. Das ist sicher so ein Foto, ja.“

Zu sehen ist dieses Foto gemeinsam mit vielen anderen im „Kamot“ in der Bahnhofstraße in Klagenfurt. Die Finissage von „Szenario“ im Raum für Fotografie in Klagenfurt findet am 19. Jänner von 16.00 bis 19.00 Uhr statt. Johannes Puch wird zum letzten Mal durch seine Ausstellung führen. Möglich gemacht wurde dieses Projekt durch ein Arbeitsstipendium des Landes Kärnten, Abteilung Kultur.