Kerzen Symbolbild Weihnachten
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Religion

Kirchen-Vertreter zum Weihnachtsfest

Die Herausforderungen und Krisen des Jahres 2023 prägen auch die Weihnachtsbotschaften der Spitzenvertreter der katholischen und evangelischen Kirche. Es gelte aber, auch der Hoffnung, die die Weihnachtsgeschichte vermitteln will, Platz zu geben, so Bischof Josef Marketz und Superintendent Manfred Sauer.

Von großen Entscheidungen und großer Verantwortung spricht Diözesanbischof Josef Marketz: „Wir stehen in unserem Land und eigentlich auf der ganzen Welt vor großen Entscheidungen, die Auswirkungen auf unser Leben haben. Da wünsche ich gerade jetzt zu Weihnachten denen, die mitwirken an den Entscheidungen, aber auch anderen, die sie einfach annehmen müssen und sollen, viel Mut. Viel Mut, einfach Dinge zu machen, von denen man noch nicht weiß, ob sie erfolgreich sein werden. Aber die einem Ethos des Guten folgen. Und dann wünsche ich viel Freude, wenn das aufgegangen ist. Wenn man merkt, dass die Menschen das auch für gut befunden haben.“

Marketz erinnert an Hoffnung der Weihnachtsgeschichte

Die Weihnachtsgeschichte handle von Frieden und Freude, von der Errettung aus der Finsternis und von einem Kind, das uns zurückführt zur Liebe, zur Quelle unseres Lebens. „Deswegen lassen wir uns wieder anstecken von dieser großen Hoffnung, die mit Weihnachten verbunden ist. Die Hoffnung, dass all die Not auf dieser Welt oder auch in unserem persönlichen Leben, dass all die Furcht vor den unabsehbaren Folgen des Klimawandels, dass all der Hass, alle Gewalt, dass all die schrecklichen Kriege, die uns derzeit erschaudern lassen, am Ende nicht die Welt beherrschen werden.“

Bischof Josef Marketz
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Bischof Josef Marketz

Von Kriegsgeschehen betroffen

Marketz erinnert an die Botschaft Paulus’ im Rückblick auf die Geburt Jesu, der sagte: lasst euch nie im Leben einreden, dass diese Welt im Dunkeln endet, dass die Mächte der Dunkelheit den Sieg davontragen: „Schaut auf das Kind in der Krippe. Es führt euch immer von Neuem zu der Quelle der Liebe, die stärker ist als Hass, Rücksichtlosigkeit, menschliche Kälte. Und wir fragen zurück, aber wie kann Liebe sich ausbreiten in einer Welt, die doch an so vielen Stellen eine ganz andere Sprache zu sprechen scheint? Besonders weh tut heuer der Krieg in Palästina, der Heimat Jesu. Ich war sehr oft im Heiligen Land und verfolge mit großer Betroffenheit was sich dort aktuell ereignet.“

Aufruf zu Kommunikation und Begegnung

Er wünsche sich Kommunikation auch zwischen jüdischen und palästinensischen Bürgern in Österreich. „Nur so können sich Türen zur Überwindung der Gewalt öffnen“, so der Bischof. Dasselbe gelte in den gesellschaftlichen, aber auch familiären und nachbarschaftlichen Auseinandersetzungen hierzulande, in denen sich Menschen unversöhnlich gegenüberstehen. Leider komme das auch in kirchlichen Gemeinschaften vor, so Marketz: „Wir brauchen Gespräche, wir brauchen Dialog. Die Weihnachtsbotschaft muss uns zur Besinnung bringen, dass wir einander zuhören und miteinander reden. Wie sonst als durch Kommunikation, durch Gespräche, durch Begegnung soll die Liebe, der Respekt, das gegenseitige Verständnis überhaupt eine Chance haben?“

Er wünsche den Menschen, dass sie die Weihnachtstage „mit tiefem Frieden und Freude im Herzen mit ihren Familien und Freunden feiern können“. Er wünsche allen „das Gefühl der Nähe Gottes und mit innerem Frieden erfüllt und geboten von Gott“, so Bischof Josef Marketz.

Sauer: Weihnachtsgeschichte mit politischer Dimension

Superintendent Manfred Sauer erinnert an die Herbergssuche, nach der Maria und Josef und das kleine Jesuskind bereits vor der nächsten Herausforderung standen: „Sie müssen fliehen vor den Soldaten des Herodes und sie fliehen nach Ägypten. Also die Weihnachtsgeschichte auch eine Fluchtgeschichte und damit unglaublich aktuell. Viele Menschen sind auch in unserer Zeit auf der Flucht, verlassen ihre Heimat, weil sie dort verfolgt werden aufgrund ihres Glaubens, aufgrund ihrer politischen Einstellung.“ Das zeige für ihn auch die Aktualität der Weihnachtsgeschichte. Es gehe dabei aber nicht nur um die Idylle des kleinen Kindes, „sondern es ist auch eine Geschichte, die eine politische Dimension hat“.

„Gott kommt in diese Welt, er kommt als Kind, er kommt als Mensch und er setzt sich den Ereignissen aus, denen wir auch ausgesetzt sind. Und für mich zeigt auch die Weihnachtsgeschichte, dass wir eines nicht vergessen sollten: dass Menschen, die auf der Flucht sind, auch mit der Verheißung unterwegs sind, dass sie hoffentlich Heimat finden, dass sie Zukunft finden“, so Superintendent Manfred Sauer.

Superintendent Manfred Sauer
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„Weihnachten als Fest der Begegnung“

Sauer nahm in seiner Weihnachtsansprache auch auf jene Begegnungen in unserem Leben Bezug, „die wir nicht vergessen, die prägend, ja vielleicht sogar Weichenstellen sind“: „Ich nehme an, alle von Ihnen können sich noch an die erste Begegnung mit dem Menschen erinnern, zu dem ich dann vielleicht auch ja gesagt habe, mit dem ich möglicherweise eine Familie gegründet habe. Wir Menschen sind auf Begegnung hin angelegt. Wir suchen und brauchen die Begegnung, wir brauchen den Austausch mit Freunden, auch wenn es nicht immer harmonisch zugeht, auch wenn es möglicherweise unterschiedliche Auffassungen und Meinungen gibt zum weltpolitischen Geschehen oder zu anderen Themen. Wir brauchen die Begegnung mit anderen, wir brauchen Lebensgeschichten durch Bücher, durch Filme oder Theater. Auch Begegnungen mit Tieren, ja sogar mit Gegenständen, können prägend sein.“

Weihnachten sei für ihn daher das Fest der Begegnung: „Gott kommt auf uns zu, er kommt in diese Welt als Kind. Auch die Hirten kommen in Berührung mit dem Göttlichen, sie haben eine Begegnung der außergewöhnlichen Art. Sie begegnen einem Engel, der ihnen zuruft, fürchtet euch nicht, denn euch ist heute der Heiland geboren. Begegnungen mit anderen Menschen können heilsam, ermutigend, auch tröstlich und motivierend sein. Solche Begegnungen tun uns gut, sie bauen uns auf. Dazu gehört die Erfahrung, dass mich ein anderer Mensch versteht, dass er bereit ist, sich in mich hinein zu versetzen.“

Den Weg des Friedens und der Hingabe gehen

Begegnungen mit anderen Menschen können aber manchmal auch ganz schön anstrengend, ja manchmal zerstörerisch und vernichtend sein, so Sauer: „Wenn wir uns über andere erheben, andere herunter machen, lächerlich machen, wenn wir andere betrügen und belügen, weil wir nur uns selber und unseren eigenen Vorteil im Blick haben. Weihnachten ist das Fest der Begegnung in der Familie und im Freundeskreis. Wir freuen uns, wenn die Kinder aus allen Richtungen wieder nach Hause kommen, vielleicht auch die Enkelkinder mit dabei sind. Da hoffen wir, dass es ein wunderbarer Abend wird, aber wir wissen, dass Konflikte nicht ausbleiben und unsere Erwartungen manchmal überzogen sind.“

Gott komme zu Weihnachten zu uns, die Geburt des Kindes in der Krippe wolle uns und unser Leben verändern, so Sauer: „Denn von diesem Jesus geht eine wunderbare und heilsame Kraft aus. Er wird den Weg des Friedens und der Hingabe gehen, nicht den Weg der Stärke und der Macht. Er wird blinde Sehend und lahme Gehend machen und er wird Partei ergreifen für die gesellschaftlich Geächteten und Ausgeschlossenen. Wir sind auf Begegnung angelegt. Wir brauchen die Begegnung, wir brauchen die Berührung und die Nähe anderer Menschen. Und wir brauchen die Begegnung mit Gott selber. Wenn er uns mit seiner frohen Botschaft berührt und erreicht, dann geht uns ein Licht auf, dann werden wir selber zu Botschaftern seiner Liebe und seines Friedens.“