Bis auf den letzten Platz ausgefüllt war das Kongresscenter von Triest, als das Projekt zu Wochenbeginn der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde. An die 1.300 Interessierte – darunter auch zahlreiche Schulklassen – fanden sich ein, um zu erfahren, was seit geraumer Zeit geplant und auch heftig diskutiert wurde. Die Hafenstadt soll einen eigenen Meerespark bekommen, der künftig auch Besucher aus Nah und Fern anlocken soll.
„Ausstellung echter Tiere nicht mehr zeitgemäß“
Als die Idee für das Projekt vor fast 20 Jahren entstand, hatten Antonio Paoletti und sein Planungsteam zunächst etwas ganz anderes im Sinn. Heutzutage ein Aquarium mit echten Fischen und Meeresbewohnern zu errichten, sei einfach nicht mehr zeitgemäß, räumt er ein, nachdem die ursprünglichen Pläne nicht nur von Tierschützern vielfach kritisiert worden waren.
Bei dem aktuellen Projekt habe man sich also für eine digitale Variante entschieden. Im Mittelpunkt soll die Verbindung Triests zum Meer stehen und das aus kultureller, wissenschaftlicher und innovativer Sicht. Stichwort „Edutainment“ – also „unterhaltsames Lernen“ – soll geboten werden, so Paoletti: „Basis ist ein 1.000 Quadratmeter großes virtuelles Aquarium, wo Fischarten aus der Adria, dem Mittelmeer aber nicht nur zu sehen sein werden. Es gibt taktile und olfaktorische Eindrücke – also man wird das Gefühl haben, hautnah an den Meerestieren zu sein und sie auch riechen zu können.“
Digitaler Meerespark Triest
Spezialeffekte ermöglichen ungewöhnliche Einblicke
„Nautaverso“ lautet der Name des Meeresparks. "Nauta steht auf Latein und Griechisch für „Seefahrer" und deren Weitsicht, weil sie auch Wissen in entlegene Gebiete bringen. Diese Charakteristiken zeichnen auch das aktuelle Projekt aus“, so Antonio Paoletti. Der Namensteil „verso“ weist auf die modernen Technologien hin, die zum Einsatz kommen.
Auf einer Fläche von tausend Quadratmetern sollen die Besucher mit einer virtuellen Umgebung interagieren können. Möglich machen das 360-Grad-Projektionen und 3D-Hologramme. Ein submariner Simulator mit 5D-Technologie mit Spezialeffekten, Wasser und Licht soll es ermöglichen, bis zum Meeresgrund vorzudringen und die dortige Umgebung zu erkunden.
Sendungshinweis:
„Servus, Srecno, Ciao“, 21.11.23
Einen realitätsnahen Eindruck vermitteln will man im zweistöckigen „Immersive Room“ mit multimedialen Projektionen, wo das Angreifen der Ausstellungsstücke ausdrücklich erlaubt sein wird. Dann wäre da noch die „Zeitmaschine“. Sie entführt die Besucher auf eine virtuelle Reise in die Zeit der Dinosaurier und ermöglicht einen Einblick, wie sich das Leben verschiedener Tierarten, entwickelte bzw. was zu ihrem Aussterben führte.
Unterwasser-Weltreise dank moderner Technologien
Wie sieht ein Korallenriff aus nächster Nähe aus? Wie ist es, neben einem Pottwal oder einem Hai zu schwimmen, mit einem Delfinschwarm zu spielen oder unter dem Packeis der Antarktis ohne Tauchausrüstung zu tauchen? Erlebnisse wie diese sollen – dank moderner Technologien – möglich werden. 4.700 Quadratmeter groß wird das Digital Experience Center sein, in dessen Räumen das Meer in all seinen vielfältigen Aspekten präsent sein wird.
Zahlreiche Forschungseinrichtungen rund um das Meer und seine Bewohner sind schon heute in Triest angesiedelt. Synergien sollen genutzt werden. Zoologe Nicola Bressi sieht es positiv, dass – danke der digitalen Darstellungsformen – Meeresbewohner aus aller Welt quasi zum Greifen nahe sein werden. „Nicht nur Fische, auch Säugetiere und Vogelarten in ihren unzähligen Arten werden dadurch erlebbar. Wir können uns auch mit anderen Aquarien in Echtzeit verbinden. Die Besucher können also auch erfahren, was sich gerade in anderen Aquarien – zum Beispiel in Sydney oder Washington – tut“, so Nicola Bressi.
„La Lanterna“ soll neues Gesicht bekommen
Vom historischen Stadtzentrum aus wird das 17.300 Quadratmeter große Areal in einem gut 20-minütigen Fußmarsch der Rive, also der Stadtküste entlang, erreichbar sein. „Porto Lido“ heißt der geplante Standort, der derzeit noch alles andere als einladend ausschaut. Verfallene und zum Teil einsturzgefährdete Hallen sollen bald der Vergangenheit angehören. Vor ein paar Tagen wurde mit dem Abriss begonnen. Dadurch soll der gesamte Stadtteil rund um den Leuchtturm „La Lanterna“ aufgewertet werden, sagt der gebürtige deutsche Landschaftsplaner Andreas Kipar.
Er sieht im optischen Wandel der Hafenstadt viele Positive Nebeneffekte: „Altes wird zu Neuem erweckt, ohne es abzuschreiben. Dieser sorgfältige Umgang mit der alten Bausubstanz im alten Hafen, dieses neue Aufbrechen eines neuen Hafens, der Molo 8, der gebaut wird, Castello Miramare – wenn man das alles mal so zusammendenkt, dann hat man auf einmal wieder eine Dimension der Waterfront von zehn bis 20 Kilometern. Dieses gemeinsame Denken ist ja heute ein Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie.“
Tradition und Moderne wie „Perle und Passepartout“
Bestehende, historisch wertvolle Bausubstanzen mit neuen Ideen zu vereinen, lege für ihn den Vergleich des Umfassens einer Perle mit einem Passepartout nahe, so Kipar: „Heute ist das Passepartout oftmals viel, viel mehr wert als das Juwel, das wir dann dort reinlegen. Das heißt aber nicht, dass wir keine besonders gute Architekturen brauchen, aber wir denken immer größer als die einzelnen Architekturen, die wir in den Gebäuden widerspiegelnd sehen.“
Es habe sich auch gezeigt, dass die Landschaft letztendlich immer geduldig sei: „Sie war schon immer vor uns da und wird auch nach uns da sein. Deswegen setzen wir uns sozusagen in einem Entwicklungsprozess ein und verstehen das auch so, dass man sagt, erst die Menschen vor Ort, die Bedürfnisse, die Wünsche, aber auch die Ängste, dann der Raum und das ist ein großartiger Raum. Wer Triest noch nicht in dieser neuen Dimension kennengelernt hat, der sollte unbedingt einen Besuch machen, weil Triest zur Zeit dieses Fußgängerfreundliche genau da entwickelt und mit einer gewissen Natürlichkeit durchdringt. Und Durchdringen schafft dann natürlich auch wieder neuen Raum für neue Architekturen.“
Zeit und sozialer Konsens als entscheidende Faktoren
Bei der Erstellung des Maserplans für die Bauvorhaben auf dem Gelände des alten Hafens, der zum „porto vivo“, also „lebendigen Hafen“ werden soll, wurden im Zuge sogenannter Bürgerworkshops die Vorstellungen der Bevölkerung abgefragt. Dabei ging es um „Abfragen, Zuhören, Sammeln und dann Sortieren.“ Es habe sich gezeigt, dass die junge Generation meist einen eher konservativen Ansatz vertrete, so Kipar: „Die Sorge um das alles sich so schnell Verändernde betrifft in erster Linie sie. Die etwas Älteren können in der Regel etwas gelassener damit umgehen, weil sie schon Zeiten des Wandels erlebt haben.“
Zeit und ein sozialer Konsens seien wichtige Faktoren, um die Verknüpfung von realen und virtuellen Welten – wie im Fall des „Nautaverso“ – zu ermöglichen, ist der Experte überzeugt. Es gelte das Motto „Allegro, ma non tropo“, also „heiter, aber nicht zu viel“. „Man benötigt etwas Neues, aber das Neue ist immer dazu bereit, das Alte in Wert zu setzen. Ich glaube, das ist das Entscheidende bei allen neuen Architekturen. Sie leben nicht für sich, sondern sie schaffen neue urbane Landschaften. Und wenn sie das tun, dann haben beide schon gewonnen“, sagt Andreas Kipar.
Naherhohlungsgebiet und Yachthafen geplant
Rund um das Areal des „Nautaverso“ sind Grünflächen vorgesehen, die als innerstädtisches Naherholungsgebiet dienen sollen. Auch vom Meer aus wird der neue Meerespark angesteuert werden können, denn geplant ist auch ein Yachthafen samt der damit verbundenen Infrastruktur.
Insgesamt sollen etwas mehr als 32 Millionen Euro investiert werden. Die Eröffnung ist Anfang 2027 geplant.