Unternehmer Andreas Jung befürchtet seit Jahren, dass er die Zufahrt durch den Straßenverkauf verliert und wehrte sich immer gegen die Verkaufspläne. Er spezialisierte sich schon vor Jahren auf alte Porsches, die er komplett herrichtet. Seine Kunden kommen aus aller Welt. Mit dem Bau der eigenen Werkstätte auf seinem Grundstück in Judendorf bei Friesach vor zehn Jahren erfüllte er sich einen Traum.
Es geht bei den Verkaufsplänen der Stadtgemeinde Friesach nicht um die gesamte Judendorfer Zufahrtsstraße, die nicht mehr oft benützt wird, sondern ausschließlich um rund 503 Quadratmeter entlang der Grundstücksgrenze von Jung.
Sendungshinweis:
„Aufgezeigt“, 1.12.2020
Zufahrt laut Bescheid gesichert
Den Grund suchte er sich damals bewusst aus wegen der Lage, der Größe und wegen zwei Zu- und Abfahrten. Die hintere Zufahrt liegt direkt an jenem Straßenteil, den die Gemeinde verkaufen will. Sie ist im Betriebsgenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft ausdrücklich als Zu- und Abfahrt für Abfallentsorgung angeführt. Jung sage, es sei zermürbend, alle zwei Jahre komme ein Schreiben der Gemeinde und immer wieder müsse man mit Anwalt Einspruch einlegen.
Grundstück wäre nicht mehr erreichbar
Diese Zufahrt gibt es schon lange, schon seit 1975. Damals war die Straße die Verbindung ins Metnitztal sowie zur Bahn und war in Landesbesitz. Damals gab es auch noch viel Verkehr. Zwei Jahre nach dem Bau der Oldtimerwerkstätte begann das Tauziehen um den Straßenverkauf, so Jung. Über die Zufahrt entsorge er seinen Abfall ein paarmal im Jahr. Diese Einfahrt werde nach einem Verkauf sicher verlorengehen, so Jung.
Dazu kommt, dass Andreas Jung auch ein gewidmetes Baugrundstück besitzt, das an das Straßenstück angrenzt und ebenfalls keine eigene Zufahrt mehr hätte. Er komme nicht mehr zum Grundstück und befürchtet, dass es zu Problemen komme, wenn ein privater Anrainer ein Grundstück direkt an der Werkstätte kaufe.
Viele Dienstbarkeiten im Grundbuch
Außerdem gibt es etliche Zufahrtsrechte für das Straßenstück. Der KELAG-Trafo für das Metznitztal steht dort, außerdem ein Telefonverteiler der A1. Auch die ÖBB haben ein Zufahrtsrecht zu den Gleisen. Der gemeindeeigene Kanal und die Hauptwasserleitung laufen durch. All das sind bestehende Dienstbarkeiten im Grundbuch, die ein neuer Grundeigentümer übernehmen muss.
Im Sommer fällte die Stadtgemeinde Friesach den Grundsatzbeschluss, danach wurde der geplante Verkauf in der Gemeindezeitung ausgeschrieben. Samt Teilungsplan und einer Frist für die Abgabe der Kaufangebote. Der Teilungsplan weist ganz klar aus, dass tatsächlich nur das Straßenstück entlang der Grundstücksgrenze von Andreas Jung verkauft werden soll. Juristisch betrachtet machte die Gemeinde alles richtig, sagte Franz Sturm von der Gemeindeaufsicht des Landes.
Sehr kompliziertes Verfahren
Die Gemeinde dürfe zwar verkaufen, das Verfahren sei aber hoch kompliziert: „Es muss die Kategorie einer Verbindungsstraße aufgegeben werden. In weitere Folge muss auf dem Straßengrundstück der Gemeindebrauch ausgeschlossen werden. Das bedeutet, dass die Allgemeinheit es nutzen darf und nicht nur eine Person, der Eigentümer, allein.“
Nach dem Grundsatzbeschluss muss der Gemeinderat also weitere drei Beschlüsse fassen, damit das Straßenstück keine öffentliche Straße mehr ist und verkauft werden kann. Die Zufahrten zur Oldtimerwerkstätte Jung sind behördlich genehmigt und daher als Sonderrecht zu werten, sagte Sturm: „Der Gemeindebrauch und das Sonderrecht sind aber gleichzusetzen. Wenn es die Notwendigkeit für Straßenzwecke weiterhin gibt, darf die Straße nicht aufgelassen werden.“
Umfangreiche Stellungnahme der Stadt
Die Gemeinde bestätigte dem Land gegenüber, dass die Zufahrtsrechte gewahrt bleiben sollen. Friesachs Bürgermeister Josef Kronlechner (SPÖ) schrieb dem „Aufgezeigt-Team“ umfangreich, dass es seit 2007 den Kaufantrag eines Anrainers gebe, der dort eine Lärmschutzwand errichten wolle. 2012 sei der zweite Vorstoß des Kaufinteressenten eingegangen, der im Vorfeld schon das Einverständnis von ÖBB und KELAG schriftlich eingeholt hatte.
Stellungnahme der Stadtgemeinde: „Die unmittelbaren Anrainer wurden von der Stadtgemeinde Friesach zu einer Stellungnahme aufgefordert. Aufgrund der Einwände der Anrainer hat die Stadtgemeinde Friesach die Rechtsmeinung des ständigen rechtsfreundlichen Vertreters eingeholt. Dieser kam zum Schluss, dass einem Verkauf grundsätzlich nichts im Wege steht.“
Drei Kaufangebote eingegangen
Danach, am 6. August, fällte der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss für den Verkauf. Die Absicht wurde kundgemacht. Drei Einsprüche gab es, den von Andreas Jung und zwei benachbarten Gewerbebetrieben. Dazu schrieb die Stadt: „Im nächsten Schritt wurden die Gemeindebürger aufgefordert, Angebote einzubringen. Innerhalb der Angebotsfrist sind 3 Kaufangebote eingegangen. Parallel zu den Kundmachungen hat die Stadtgemeinde Friesach die rechtliche Situation erneut beurteilt und noch offene Fragen geklärt.“
Die Stadtgemeinde Friesach, die vom Verkauf nicht mehr als 500 Euro bekommen hätte, entschloss sich bei einer Beratung am 24. November, das Straßenteilstück doch nicht zu verkaufen. Damit sei das Verfahren für die Stadt beendet.