Prozess Russe Mordverdacht
ORF/Peter Matha
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Chronik

Prozess wegen russischen Mordfalls vertagt

Am Landesgericht Klagenfurt hat am Mittwoch ein Mordprozess gegen einen Mann aus der russischen Föderation begonnen, der seit 2005 in Österreich lebt. Er soll 2001 bei einer Kneipenschlägerei in Dimitrovgrad, einer Stadt 800 Kilometer östlich von Moskau, einen Mann mit einem Messer erstochen haben. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig. Der Prozess wurde vertagt.

Das Verfahren muss in Österreich abgewickelt werden, weil die Behörden eine Auslieferung an Russland abgelehnt haben. Schon die Generalien des Angeklagten, der seit 2012 als Asylberechtigter in Österreich ist, sorgten für Verunsicherung im Prozess. Denn vor Gericht gab der Familienvater an, 43 Jahre alt und 1980 geboren zu sein – anders als im Asylverfahren, damals war er fünf Jahre älter. Er muss das spätere Geburtsjahr nun mit einer Urkunde belegen, denn in diesem Fall wäre er bei der Tat erst 20 Jahre alt gewesen und somit junger Erwachsener. Damit wäre das Geschworenengericht nicht zuständig. Auch die offizielle Staatsangehörigkeit als Russe verneinte der Angeklagte, er sei Staatsangehöriger der tschetschenischen Republik. „Ich bin der Meinung, dass unser Volk anerkannt ist“, erklärte er der Dolmetscherin.

Mordprozess in Klagenfurt vertagt

Angeklagter: Wollte Freund verteidigen

Staatsanwalt Markus Kitz erklärte im Anklagevortrag, weshalb das Verfahren in Österreich durchgeführt werden muss. Die russischen Gefängnisse seien laut einem eingeholten Gutachten veraltet, die Haftbedingungen fragwürdig. Außerdem könne die Todesstrafe bald wieder angewendet werden. 2021 brachte ein Abgleich von Fingerabdrücken den Mordverdacht auf den Asylberechtigten, der unter einem neuen Namen in Villach lebt. In Österreich ist der Angeklagte unbescholten.

Am 9. Juli 2001 wurde demnach ein junger Mann durch einen Bauchstich mit einem Messer mit zumindest zwölf Zentimeter Klingenlänge getötet, sagte der Staatsanwalt. An dem Abend habe die Freundin des Opfers ihren 17. Geburtstag gefeiert. Weil das Mädchen „freizügig gekleidet“ war, habe der Freund des Angeklagten es angesprochen, ihr Freund ging dazwischen, die Situation eskalierte. Der Angeklagte habe seinem Freund, auf den eingeprügelt wurde, helfen wollen und habe zugestochen. Das Opfer erlitt schwere innere Verletzungen und starb noch am selben Tag. Als der Angeklagte erfuhr, dass er gesucht werde, sei er geflüchtet.

Verteidiger fordert Zeugenbefragung in Klagenfurt

Verteidiger Hans Gradischnig betonte in der Gegenrede die Verfolgung von Tschetschenen in Russland. Unmenschliche Behandlung bis hin zur Folter sei für seinen Mandanten damals zu erwarten gewesen. Dieser glaube, dass man ihm die Tat in die Schuhe schiebe. Sein Freund sei in dem Lokal schwer misshandelt worden, er habe ihm helfen wollen. Das sei gelungen, die beiden seien gemeinsam aus dem Lokal geflohen. Er selbst sei das geplante Opfer der Messerattacke gewesen, der Stich habe wohl aus Versehen den Kontrahenten getroffen. Gradischnig meinte, die russische Justiz würde Zeugen unter Druck setzen, deshalb müssten diese in Klagenfurt aussagen. Mit einer Verlesung oder Videokonferenz sei er nicht einverstanden.

Angeklagter bekennt sich nicht schuldig

In seiner Befragung bestätigte der Angeklagte im Wesentlichen, was sein Anwalt gesagt hatte. Er sei nicht schuldig. Die Feier in dem Lokal sei auch nicht für ein Mädchen sondern einen Mann gewesen. Er und sein Freund hätten jedenfalls kein Messer gehabt. Der Angeklagte sei hinzugekommen, als sein Freund verprügelt wurde. „Ich bin hin und sie haben auch mich angegriffen. Sie haben mir die Zähne eingeschlagen, die Lippen waren aufgeplatzt“, gab er via Übersetzerin zu Protokoll. Das Mordopfer habe er vom Boxen gekannt. Er habe erst am nächsten Tag erfahren, dass dieser bei der Schlägerei erstochen worden war und er selbst als Verdächtiger galt, so der Angeklagte. Das sei der Grund für seine Flucht gewesen. „Ich glaube, dass jemand mich treffen wollte und irrtümlich ihn erwischt hat.“

Das Landeskriminalamt Kärnten hat in der Causa lediglich die russischen Akten und Vernehmungsprotokolle übersetzen lassen, erklärte ein Ermittler vor Gericht. Nun soll ermittelt werden, ob Zeugen von damals noch leben bzw. auffindbar sind und ob diese mittels Videokonferenz befragt werden können, ordnete Richter Christian Liebhauser-Karl an und vertagte die Verhandlung.