Willkommensunterricht im Heim Görtschach
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Soziales

Flüchtlingskinder allein in Kärnten

In Kärnten sind in zwei Heimen knapp 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Wenn Kinder und Jugendliche nach oft langer Flucht in Kärnten ankommen, kann es bis zu zwei Jahre dauern, bis sie stabil sind. In etwa der Hälfte der Fälle gelingt eine Ausbildung.

Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingsbewegung aus Syrien im Jahr 2015 waren bis zu 250 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Kärnten untergebracht. Aktuell sind es in zwei Heimen knapp 80, womit Kärnten bei der Betreuungsquote österreichweit im vorderen Drittel der Bundesländer liegt. Bei der Betreuung Erwachsener ist Kärnten nach wie vor Schlusslicht.

Flüchtlingskinder allein in Kärnten

In Kärnten sind in zwei Heimen knapp 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht. Wenn Kinder und Jugendliche nach oft langer Flucht in Kärnten ankommen, kann es bis zu zwei Jahre dauern, bis sie stabil sind. In etwa der Hälfte der Fälle gelingt eine Ausbildung.

„Mehr Kontakte wären wünschenswert“

In Görtschach bei Ferlach waren einst Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf untergebracht. Seit 2012 sind es Flüchtlinge, auf die ihre Betreuer stolz sind. Viele gehen in die Mittelschule, manche ins Gymnasium, die HTL, sie studieren oder machen eine Lehre, z.B., um im Tourismus zu arbeiten. Allerdings sind die Jugendlichen im Heim viel unter sich, Freunde werden eher in deren Elternhäusern besucht sagt Carina Kazianka, Betreuerin im Heim: „Natürlich wäre mehr Kontakt wünschenswert. Einige unserer Jugendlichen gehen in Ferlach in den Fußballverein, das funktioniert ganz gut, aber es gebe noch den Wunsch nach mehr Kontakten.“

„Kein Unterricht in Flüchtlingslagern“

Früher war diese Arbeit einfacher, als die Kinder direkt aus ihren Heimatländern kamen. Die Zeit, die sie jetzt dazwischen in Flüchtlingslagern im Iran oder in der Türkei verbringen, ist meist ohne Unterricht, sagte Reinhold Eckhard, Geschäftsführer der Kinderfreunde, die im Auftrag des Landes zwei Heime in Kärnten betreiben: „Wenn aus diesen Flüchtlingslagern Kinder herkommen, kann es passieren, dass sie außer kleinen Privatinitiativen, die sich dort gebildet haben, nie eine Schule besucht haben.“ Diese Kinder an die Schule zu gewöhnen sei eine Herausforderung, daher habe man eine eigene Klasse im Heim eingerichtet, um die Mittelschule Ferlach zu entlasten.

Aman in seiner Berufsschulklasse
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Aman in seiner Berufsschulklasse

Lehre im Tourismus

Einer der Zöglinge ist der 18-jährige Amanullah Mussazai aus Afghanistan. Seit dreieinhalb Jahren lebt er im Heim in Görtschach. Als einzigem seiner Familie gelang ihm die Flucht aus Kabul: „Ich musste meine Heimat verlassen, ich bin allein hier. Ich wollte immer mit Menschen arbeiten und habe mir mehrere Berufe angeschaut. Das Praktikum als Rezeptionist hat gleich super geklappt, ich wollte gleich eine Lehre anfangen.“

Seit Februar ist der 18-Jährige in der Berufsschule Warmbad Villach. Parallel zu seiner Ausbildung war ihm wichtig, den Fastenmonat Ramadan einzuhalten: „Normalerweise geht die ganze Klasse zusammen Essen, aber während Ramadan bin ich nicht mitgegangen. Das war ein bisschen schwer.“

Essensausgabe im Heim
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Essensausgabe im Heim

Jüngstes Kind ist sechs

An die 60 Kinder und Jugendliche leben in Görtschach bei Ferlach. Wer neu ist, kommt in eine Willkommensklasse, lernt die ersten Wörter. Das jüngste Kind in Görtschach ist sechs Jahre alt. Zum Tagesablauf sagte Betreuerin Kazianka, am Nachmittag machen die Kinder ihre Hausaufgaben, lernen für Schularbeiten, viele gehen Fußballspielen. Die Afghanen spielen gerne Cricket, auch das sei im Garten möglich, es gebe auch Arzt- oder Amtstermine – da seien die Betreuerinnen und Betreuer auch dabei.

Beim Essen wird auch Rücksicht auf die Gewohnheiten genommen, Joghurt und Weißbrot werden zu fast allen Mahlzeiten gern gegessen. An den Wochenenden kochen die Jugendlichen mit ihren Betreuern selbst. Ein weiterer Schritt in ihre Selbstständigkeit. 20 weitere Kinder und Jugendliche werden in Sekirn betreut.