Das Rotkehlchen
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Umwelt

Heimische Vogelwelt: Balzen will gelernt sein

Sie singen, plustern sich auf, stellen sich im schönsten Federkleid dar und hoffen von der Angebeteten gesehen und erhört zu werden: Vögel haben von allen Tieren mit die aufwändigsten Balzspiele, weiß Andreas Kleewein von BirdLife.

Bunte Federn, süßes Gezwitscher und auffälliges Gehabe – was lassen sich die Vogelmännchen nicht alles einfallen, um die Weibchen zu beeindrucken. Der Kiebitz etwa zeigt sein Interesse, indem er versucht, das Weibchen mit todesmutigen Balz-Flügen zu beeindrucken.

„Verrückte“ Balz regt Keimdrüsen zur Hormonabgabe an

Andreas Kleewein von BirdLife dazu: "Die Balz erscheint teilweise sehr verrückt, wenn man es so sagen darf und auch recht komplex. Und man stellt sich dann oft die Frage: Ist das denn eigentlich notwendig? Die Balz ist aber auch der Auslöser, dass die Keimdrüsen angeregt werden, in denen die Sexualhormone produziert werden.“

Ohne das Werben um das Weibchen gäbe es natürlich keinen Nachwuchs. Bei manchen Vogelarten geht die Balz bereits im Herbst los und erstreckt sich über den ganzen Winter. Dazu Kleewein: „Bei der Balz im Herbst schauen sich die Vögel nach einem entscheidenden Balzplatz um. Das passiert zum Beispiel bei den Auerhähnen. Aber es kann auch zur Gruppenbalz kommen, wie zum Beispiel bei den Stockenten.“

Stockenten-Weibchen checken die Lage genau

Zu diesem Zweck treffen sich einige Stockenten-Männchen bei einem Gewässer. Manchmal ist nicht einmal ein Weibchen anwesend. Trotzdem präsentieren sich die Männchen und „schwimmen auffällig im Gewässer herum. Sie greifen sich aber nicht an, ist dann aber doch ein Weibchen dabei, beobachtet sie die Männchen gut und entscheidet dann im Laufe der nächsten Wochen und Monate, ob es für sie interessant ist und so kann es schon im Winter zur Paarbildung kommen.“

Albino einer Stockente
Viele Stockenten im Wasser.

Entenpärchen bilden sich schon im Winter

Und so kann es durchaus vorkommen, dass man bereits im Winter Entenpärchen gemeinsam herumschwimmen oder eben watscheln sieht. Erst im Frühjahr kommt es dann zur Balz, die für die Paarung entscheidend ist: „Das heißt, dieses Pärchen schreitet dann in die nächste Phase des Zyklus. Also wieder kommt es zum Präsentieren des Männchens, nicht nur in Form von Bewegungen, sondern auch durch das Gefieder. Denn vor allem bei Stockenten merkt man im Frühjahr, dass das Gefieder sich ganz intensiv und speziell auswirkt und somit noch strahlfreudiger und kräftiger ist.“

Sendungshinweis:

„Erlebnis Natur“ in Radio Kärnten, 22.4.2024

Junge Erpel versuchen in dieser Zeit ebenfalls ihr Glück bei den Weibchen und verfolgen diese permanent, wobei dieses Weibchen dann in der Regel schon befruchtet und verpaart ist. Die Weibchen entscheiden sich aufgrund der Fitness, der Gesundheit und Stärke des Männchens, erklärt Andreas Kleewein: „Das ist generell in der Vogelwelt so. Wie verhält sich das Männchen? Ist es eher unterlegen oder ist es sehr stark?“.

Kiebitz-Flugkünste entscheiden über „Sein oder Nicht-Sein“

Entscheidend können, wie beim Kiebitz, eben auch die Flugkünste des Männchens sein. Die Kiebitz-Männchen veranstalten diese auffälligen Balzflüge im März und April. Kleewein: „Es sind akrobatische Vorführungen, meistens über offenen Ackerflächen oder offenen Wiesen. Wo freie Sicht herrscht, fliegen die Männchen auffällig in die Luft, stürzen sich zu Boden, schweifen dann kurz vom Boden wieder ab und steigen dann wieder in die Luft. Alles in Kombination mit jenen Lautäußerungen, die auch namensgebend für den Kiebitz waren.“

Die Weibchen beobachten diese Vorführungen genau – aus gutem Grund: „Diese Balzflüge ähneln auch denen bei der Verteidigung vor Krähen oder Greifvögeln, wenn ein Nest entstanden ist und Eier abgelegt sind.“

Auerhähne plustern sich auf um der Damenwelt zu gefallen

Besonders auffällig verhält sich der Auerhahn beim Balzen. Bereits im Herbst steckt er sein Revier ab. Im März sucht das Männchen dann einen markanten Baum und gibt seine Balzlaute zum Besten, nimmt aber auch optisch an Größe zu. Kleewein: „Das heißt, der Schwanz wird fächerförmig aufgestellt, senkrecht in die Höhe, der Kopf lang gestreckt und der Hals. Kombiniert mit den Lautäußerungen wird dann gerufen und gebalzt, vor allem in der Morgendämmerung.“

Werden Auerhennen davon angelockt, dann steigt das Männchen von seinem Baum und balzt am Boden weiter. Wenn es einen guten Auerhahn-Bestand gibt, treffen mehrere Männchen aufeinander. Kleewein: „Die Entscheidung hängt ganz alleine vom Weibchen ab. Sie wählt das stärkste Männchen aus und es kommt zur Paarung.“

Auerhahn
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Auerhähne kennen in der Paarungszeit keine Gegner, sie können auch Menschen attackieren um den vermeintlichen Gegner aus dem Revier zu werfen.

Testosteron-Rausch lässt Auerhähne aggressiv werden

Aber Vorsicht – beim Auerhahn steigt während der Balz der Testosteronspiegel um ein hundertfaches an. Das heißt, die Auerhähne sind zur Zeit der Balz auch sehr aggressiv. „Es kommt immer wieder vor, dass man zum Beispiel an verschiedenen Waldwegen auf einen Auerhahn trifft, der möglicherweise auch einen Menschen attackiert um diesen aus seinem Revier zu vertreiben.“

Rotkehlchen haben „goldene Kehlen“ des Vogelreichs

Manche Vogelarten betören die Weibchen mit ihrem besonders wohlklingenden Gesang, der sich wesentlich von den Lauten während des Jahres unterscheidet. Eine Vogelart, die sehr kompliziert und ausgefeilt singt, ist das Rotkehlchen. Grundsätzlich ein Einzelgänger, sucht sich das Männchen schon im Winter ein Revier, das es auch sehr aggressiv verteidigt. Kleewein: "Im Frühjahr kommt dann das Weibchen in dieses Revier des Männchens. Das Männchen singt, damit das Weibchen auf dieses Männchen aufmerksam wird. Dann wird es vom Männchen nicht gleich als Weibchen erkannt, denn das Männchen ist schon gewarnt, wenn es nur einen Vogel sieht, der auf der Brust rot gefärbt ist. In dem Fall unterscheiden sich ja Rotkehlchen, Männchen und Weibchen, nicht.

Rotkehlchen plustert sich auf
Rotkehlchen – außerhalb der Paarungszeit lieber allein als zu zweit

Anders als etwa ein anderes Rotkehlchen- Männchen flüchtet das Weibchen aber nicht, sondern duckt den Kopf, fängt an zu zittern und es bettelt um Futter. „Das Männchen wird dann dieses Weibchen füttern, es umsorgen. Das geht einige Zeit, ja tagelang so dahin. Parallel dazu gibt es wieder den Gesang, bis es dann wirklich zur eigentlichen Verpaarung kommt.“