Mordprozess: 18 Jahre Haft

Ein 43-jähriger Kärntner ist wegen vorsätzlichen Mordes an seiner Ehefrau am Dienstag zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Im Dezember soll er die Frau vor einem Klagenfurter Kindergarten mit 22 Messerstichen getötet haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Alle acht Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass der Mann am 6. Dezember 2012 seine Frau vor einem Kindergarten mit 22 Messerstichen ermordet hat. Die Frau wollte den gemeinsamen sechsjährigen Sohn abholen. Die Verteidigung hatte auf Totschlag plädiert. Bei der Strafzumessung seien der bisherige Lebenswandel sowie eine psychische Einschränkung als mildernd berücksichtigt worden, erklärte Richter Manfred Herrnofer.

Erschwerend sei das rücksichtslose Vorgehen zu beurteilen gewesen. „Es wurde hier ein Mensch abgeschlachtet“, sagte der Richter. Der Angeklagte erbat drei Tage Bedenkzeit. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.

Mordprozess Kindergarten Messerstiche Start Landesgericht

APA/Gert Eggenberger

Zeuge schilderte Minuten nach der Tat

Ein Zeuge, der geholfen hatte, den Täter zu überwältigen, sagte aus, der Angeklagte habe ihm unmittelbar nach der Tat erklärt: „Sie hat mein Leben zerstört, jetzt zerstöre ich ihres.“ Sie habe ihn verlassen. Der Polizist, der ihn festnahm, sagte, der Täter sei nach der Tat komplett ruhig und in keiner Weise aggressiv oder weinerlich gewesen. Auf die Frage nach dem Messer habe er gesagt, dieses habe seine Frau mitgehabt.

Eine Zeugin, die ihr Kind aus dem Kindergarten abgeholt hatte, erzählte, der Angeklagte sei mit verzerrtem Gesichtsausdruck an ihr vorbeigerannt, nur wenige Sekunden später habe sie Schreie gehört und gesehen, wie der Mann auf das Opfer eingeschlagen habe. Dass er ein Messer benutzte, habe sie erst später erkannt.

Zeugin: Opfer überwacht und kontrolliert

Die Freundin des Opfers sagte aus, die Beziehung sei anfänglich in Ordnung gewesen, später habe es Probleme gegeben. Die Frau habe sich überwacht und kontrolliert gefühlt, und der Mann sei sexuell sehr fordernd gewesen. Am 4. Dezember, zwei Tage vor der Tat, hätte sie Streit mit ihrem Mann gehabt und beschlossen, ins Frauenhaus zu gehen. Darüber sei der Angeklagte sehr aufgebracht gewesen, habe Selbstmordgedanken geäußert und Angst gehabt, die Kinder und das Haus zu verlieren. Von Gewalttätigkeiten des Angeklagten gegen dessen Frau wisse sie nichts.

Schwester: Keine Gewalt in der Ehe

Die Schwester des Angeklagten, die jahrelang auch seine Nachbarin war, erklärte, sie habe in der Beziehung des Paares keine Gewalttätigkeiten und keine Streitigkeiten im Übermaß gesehen. Ihre gemeinsame Kindheit bezeichnete die Frau als „Katastrophe“. Sie hätten stets arbeiten und „parieren“ müssen. Die Mutter habe sie „kaltblütig im Regen stehen lassen“, der Vater habe Frau und Kinder geschlagen. „Wir haben alle ein bisschen ein Trauma“, sagte sie. Die Aussagen wurden von einem Bruder bestätigt. Die Trennung von der Mutter wirke sich sicher auf den Umgang mit Frauen aus, ergänzte er.

„Letzter Akt der Macht über die Frau“

Aufgrund des Beweisverfahrens sah Staatsanwältin Sandra Agnoli den Strafbestand des geplanten Mordes als „letzten Akt der Macht über seine Frau“ bestätigt. Es gebe mehrere Widersprüche in seinen Aussagen, und die Erinnerungslücken nehme sie ihm nicht ab. „Das ist ein heimtückischer brutaler Mord“, sagte sie und forderte einen Schuldspruch. Der Verteidiger plädierte auf Totschlag. Wenn man einen Mord plane, gehe man anders vor, meinte der Verteidiger. Da steche man nicht 22-mal zu. Das sei eine starke Gemütsbewegung gewesen.

Mord vor Kindergarten in Klagenfurt

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Einige Kinder wurden Zeugen des Mordes und mussten psychologisch betreut werden

Die Frau wollte an jenem Tag das gemeinsame Kind vom Kindergarten abholen. Vor der Eingangstür wartete ihr Mann, ein Kraftfahrer, mit einem Fleischermesser in der Hand auf sie. Es gab einen kurzen, aber heftigen Streit, dann stach der Mann auf sein Opfer ein. Bei den Einvernahmen gab der Kärntner die Tat zu. Die Frau wollte sich von ihm trennen.

Verteidigung sah Affekthandlung

Staatsanwältin Agnoli schilderte zu Beginn Tat und Vorgeschichte. Der gelernte Zuckerbäcker, der zuletzt als Lkw-Fahrer tätig war, habe keine leichte Kindheit gehabt, sei im Alter von zehn Jahren von der Mutter verlassen worden und beim alkoholkranken Vater aufgewachsen. Er habe sich bemüht, seiner Familie ein schönes Leben zu bieten, sei in der Beziehung dominant gewesen, habe Verlustängste gehabt, so die Staatsanwältin. Als ihn die Frau verlassen habe, sei in ihm der Entschluss gereift, sie zu ermorden, sagte Agnoli. Die Verteidigung sprach von einer Affekthandlung, zu einem vorsätzlichen Mord sei der Mann nicht fähig gewesen.

Immer wieder Streitigkeiten

Das Paar hatte 2004 geheiratet, nach der Geburt des ersten Kindes gab die Frau ihren Beruf auf, ein weiteres Baby folgte. 2011 ging die Frau das erste Mal mit den Kindern ins Frauenhaus. „Sagen Sie, warum“, verlangte Richter Manfred Herrnhofer vom Angeklagten. Damals sei er des sexuellen Missbrauchs seiner Nichte verdächtigt worden. Das Verfahren sei zwar eingestellt worden, doch die Beziehung sei dadurch belastet gewesen.

Nach einer Mediation kehrte die Frau dann zu ihrem Mann zurück. Laut Tagebuch der Toten habe es aber nach wie vor Streitigkeiten gegeben. Die Kinder hatten demnach Angst vor ihrem Vater, weil dieser häufig aggressiv gewesen sei. Am 5. Dezember 2012 zog die Frau mit den Kindern erneut aus. An diesem Tag habe er auch bemerkt, dass 3.000 Euro vom gemeinsamen Konto gefehlt hätten, erklärte der Angeklagte.

„Wollte mich mit Messer selbst töten“

Nach einer schlaflosen Nacht sei er dann am 6. Dezember zu Mittag nach der Arbeit nach Hause gefahren, er habe seine Mutter besuchen wollen. „Und da nehmen Sie dieses Messer mit?“, fragte der Richter. Der Angeklagte: „Ich wollte Selbstmord machen.“ Darauf der Richter: „Das haben Sie vor der Polizei aber nicht gesagt.“ Laut erster Aussage habe er „nicht gewusst, warum er das Messer mitgenommen hat“. In den Monaten in der Zelle sei ihm das jetzt eingefallen, antwortete der Angeklagte.

Er sei dann mit dem Messer in der Jackentasche zum Kindergarten gefahren, um noch einmal mit seiner Frau zu sprechen. Diese habe ihn aber nur ausgelacht und ihn mit einem kalten Blick angesehen. Das sei das Letzte, an das er sich erinnern könne, erklärte er mehrmals. Laut Aussage einer Zeugin, soll es jedoch kein Gespräch gegeben haben, der Täter sei seinem Opfer nachgerannt.

Keine Hinweise auf Geisteskrankheit

Dazu sagte der Gerichtsmediziner, dass der Angeklagte die Frau zuerst in den Rücken gestochen und ihr dann weitere Verletzungen im oberen Brustbereich, an der Seite sowie am linken Kniegelenk zugefügt hatte. Abwehrverletzungen waren keine festzustellen, das Opfer dürfte völlig überrascht gewesen sein. Die Stiche mit dem Fleischermesser durchbohrten wichtige Organe, was einen hohen Blutverlust verursachte und binnen kürzester Zeit zum Tod führte, so der Gutachter.

Ein Psychiater attestierte dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit. „Erinnerungslücken kann ich weder beweisen noch widerlegen“, erklärte er. Gegen eine tief greifende Bewusstseinsstörung spreche, dass der Täter die Tatkonstellation selbst herbeigeführt, die Tatwaffe selbst mitgebracht und sich unmittelbar nach der Tat nicht erschüttert gezeigt habe, meinte er weiter. Hinweise auf eine Geisteskrankheit habe er ebenfalls keine gefunden, sagte der Psychiater.

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