U-Haft trotz Freispruchs: OGH hob Urteil auf

Der Prozess um Sandro H., jenen unter Mordverdacht stehenden 44-jährigen Kärntner, der im März in Klagenfurt vom Vorwurf des Versicherungsbetrugs freigesprochen worden war, muss neu aufgerollt werden. Er bleibt weiter in U-Haft.

Die Chronologie des Falles ist reif für ein Drehbuch: Im Jahr 2006 verschwand in Kärnten eine Frau spurlos. Die Polizei stand vor einem Rätsel. Die vermisste 23-jährige Michaela G. war nämlich nicht nur die Freundin der Kärntner Rotlichtgröße „Sandro H.“, sondern er auch gleichzeitig ihr Zuhälter. Trotz schwerwiegenden Verdachtsmomenten konnten die Ermittler dem Mann nichts nachweisen.

Im Juni 2008 wurde der 44-jährige Sandro H. am Klagenfurter Landesgericht zu 30 Monaten unbedingter Haft verurteilt: Er war von einem anderen Bordellbetreiber beauftragt worden, einen Konkurrenten durch Schüsse und Schläge mit einem Nagelbrett „fertigzumachen“. Die Sache flog aber vorzeitig auf.

Nach Flucht nach Paraguay unter Mordverdacht

2008 flüchtete der 44-Jährige während eines Freigangs aus der Strafanstalt Karlau (Graz) und setzte sich nach Paraguay ab. Dort wurde der gebürtige Villacher im Juli 2010 festgenommen, nachdem er mit der Ermordung eines ihm bekannten reichen deutschen Ehepaares in Verbindung gebracht wurde. Zwar kam er nach wenigen Wochen frei, wurde aber Anfang 2012 von den paraguayischen Behörden aufgrund eines internationalen Haftbefehls aus Österreich abermals „einkassiert“.

Nach langen und zähen Verhandlungen - denn zwischen Österreich und Paraguay gibt es kein Auslieferungsabkommen - lieferte das südamerikanische Land den Kärntner doch aus. Allerdings nur unter Einhaltung von Auflagen: Paraguay hatte nämlich die Bedingung gestellt, den Mann nicht wegen Mordes zu verfolgen. Dort steht auf Mord - anders als in Österreich - keine lebenslange Haft.

Freispruch im Zweifel

Im November 2012 wurde schließlich ein Ermittlungsverfahren gegen den 44-Jährigen wegen Versicherungsbetrugs in Zusammenhang mit einer Brandstiftung wieder aufgenommen. Der Vorwurf: er habe einen Handlanger beauftragt, sein Zinshaus anzuzünden, um dann die Versicherung zu kassieren.

Im März 2013 wurde er von einem Schöffensenat im Zweifel freigesprochen. Die Aussage eines Brandstifters, der den 44-Jährigen als seinen Auftraggeber genannt und schwer belastet hatte, war dem Gericht nicht glaubwürdig genug erschienen. Staatsanwältin Sandra Agnoli legte Nichtigkeitsbeschwerde ein. „Von einer neuen Flucht ist geradezu auszugehen“, begründete Agnoli die Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der U-Haft.

Nach Verbüßung der Haft problemlose Ausreise

Wäre der Mann verurteilt worden, die Strafe abgesessen und dann entlassen worden, hätte die Justiz 45 Tage warten müssen, bevor das Ermittlungsverfahren wegen Mordes wieder aufgenommen hätte werden können. Dann nämlich wäre das derzeitige Verfolgungshindernis durch das Völkerrecht hinfällig gewesen. In dieser Zeit hätte der Verdächtige ohne Probleme ausreisen können.

Der gefällte Freispruch wurde nun am Donnerstag vom Obersten Gerichtshof in Wien regelrecht in der Luft zerrissen. Der Richterspruch weise etliche Feststellungsmängel auf und wurde deshalb aufgehoben, hieß es. Der 44-Jährige bleibt weiter in Haft. Der OGH verwies dessen Verteidiger auf einen Antrag beim Oberlandesgericht (OLG).

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