Diskussion: Wer zahlt für Pflegeheime?

Die Radio-Kärnten-„Streitkultur“ am Montagabend hat sich mit dem geplanten Pflegeregress befasst, also der Kostenbeteiligung von Verwandten an der Heimbetreuung eines Familienmitgliedes. Die SPÖ fürchtet einen „Frauen ans Pflegebett“-Effekt.

Um die Kosten bei der Pflege zu verringern, wollen FPK und ÖVP in Kärnten einen Selbstbehalt einführen. Diesen Standpunkt verteidigten Vertreter beider Parteien bei der Radio Kärnten Streitkultur vehement. SPÖ und Grüne kritisierten, das gerade der Mittelstand belastet werde, der ohnehin keine Förderungen mehr erhalte.

Ragger erwartet Einnahmen von 2,3 Mio. Euro

Noch befindet sich das Gesetz in der Begutachtungsphase und ist nicht beschlossen. Doch Sozialreferent Christian Ragger(FPK) machte klar, dass er durch den Regress 2,3 Millionen Euro an Einnahmen erwartet.

Ragger: „Ich bin der Überzeugung, dass eine vorausschauende Sozialpolitik einer Sicherstellung bedarf und dass die Maßnahmen, die wir jetzt setzen, das ungleiche System, dass man jetzt Zuhause zahlt und im Heim nicht, beenden wird.“

ÖVP: Können uns das nicht mehr leisten

Für die ÖVP bekräftigte Landesgeschäftsführer Thomas Goritschnig den Standpunkt: Wir wissen, es wird mehr Pflegefälle geben, mehr ältere Menschen geben. Und wir wissen, dass wir uns das, wenn wir so weitermachen, nicht mehr leisten können.

Thomas Goritschnig

ORF/Michael Kopeinig

Thomas Goritschnig

SPÖ: Frauen ans Pflegebett?

Frauenreferentin Beate Prettner (SPÖ) forderte, dass das Land für eine qualitativ hochwertige Pflege sorgen müsse. Der Regress sei ein Abschreckungsmanöver, sagte Prettner: Das soll in Wahrheit ein Lenkungsfaktor sein, um Pflege Zuhause zu leisten. Da stiehlt sich der Sozialreferent aus der Verantwortung und will sie den Familien überlassen. In der Praxis werden die Frauen Zuhause pflegen.

Schlababtausch Prettner-Ragger

Die Emotionen gingen hoch, als Prettner dem Sozialreferenten vorwarf, auch von Eltern behinderter Kinder den Regress einzufordern: Auch für die, hast Du den Regresse eingeführt, das haben nicht einmal die Steirer gemacht, wandte sich Prettner direkt an Ragger. Ragger konterte: Man sieht, dass Du das Gesetz nicht richtig gelesen hast, sonst würdest du sehen, dass es eine Limitierung gibt.

Hätte die Regierung mit einer Pflegeversicherung früher reagiert, so Ragger, hätte man jetzt die Situation wie in Deutschland. 80 Prozent leisten sich dadurch die Pflege, nur 20 Prozent brauchen soziale Hilfe.

Der Regress für Eltern behinderter Kinder werde kommen, sagten FPK und ÖVP, aber es werde eine soziale Staffelung geben.

Caritas: Politik muss an Menschen denken

Viktor Omelko, Direktor der Caritas, die selbst einige Heime betreibt, befürchtet, dass der Beitrag zu den Heimkosten für viele ein Problem werden könnte. Sein Appell: „Ich glaube, es hilft nichts, die Sozialpolitik ist dazu da, jenen zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. Es ist Pflicht der Politik, von der Seite zu denken.“

Siegfried Penz

ORF/Michael Kopeinig

Siegfried Penz

Heftige Kritik am geplanten Regress kam auch vom Vorsitzenden des Seniorenbeirates des Landes, Siegfried Penz: „Für meine Auffassung kann ich sagen, ich bin nicht einverstanden, dass an der Armutsgrenze angesetzt wird.“

Kommt bundesweites Gesetz?

Penz sagte aber auch, dass auf Bundesebene an einem einheitlichen Pflegegesetz gearbeitet werde, von dem auch alle Bundesländer profitieren könnten: „Daher gehe ich davon aus, dass das Bundespflegegesetz ab 2015 in Kraft treten wird.“

Die Begutachtung für die Kärntner Regress-Regelung läuft noch bis Ende November. Noch können Änderungen einfließen.

Mehr zum Thema:

Sendung zum Nachhören