Harsche Kritik an geplantem Pflegeregress

Die Kärntner Regierungskoalition führt den Pflegeregress wieder ein und erntet dafür harsche Kritik von Seiten der Opposition und der Behindertenanwältin des Landes. Sie kritisiert, dass damit in Kärnten auch Eltern behinderter Kinder zur Kasse gebeten werden.

Für die Regierung ist die Einhebung eines Kostenbeitrages von Angehörigen eines Pfleglings - mit den Worten von Soziallandesrat Christian Ragger (FPK) - „eine Notwehrmaßnahme“ weil der Bund das Thema Pflege seit Jahren ungelöst gelassen habe.

Ragger: „Das Land Kärnten ist gezwungen, einen Kostenbeitrag von Angehörigen für die Heimpflege einzuführen, weil der Bund seit Jahren eine einheitliche Finanzierung der Pflege nicht zustande bringt. Die Kosten haben sich in den letzten acht Jahren auf derzeit 180 Millionen Euro verdoppelt. Die Einführung des Pflegefonds wirkt nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein“.

Ragger: Kostenbeitrag steuerlich absetzbar

Der Kostenbeitrag von 80 bis 100 Euro stelle, so Ragger, auch einen „Ausgleich“ zwischen Familien her, die selbst pflegen, und jenen, die diese Hilfe - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst leisten könnten. Für den Großteil der Angehörigen verbleibe durch die steuerliche Absetzbarkeit als „außergewöhnliche Ausgabe“ ein zu zahlender Nettobetrag von 40 bis 50 Euro pro Monat. Eine Summe, deren Höhe in etwa der seit Jahren diskutierten Pflegeversicherung entspreche, die laut Ragger unbedingt eingeführt werden sollte. „Ich bin auch überzeugt, dass viele bereit sind, für ihre Eltern dieses finanzielle Opfer zu bringen“.

Behindertenanwältin kündigt Stellungnahme an

Argumente, die Behindertenanwältin Isabella Scheiflinger am Mittwoch in einer Aussendung kritisierte, weil durch die Regelung - die darin etwa von dem Regressmodell der Steiermark abweiche - auch die Angehörigen behinderter, in Heimen betreuter Kinder zur Kasse gebeten würden. Scheiflinger kündigte an, im Begutachtungsverfahren im Begutachtungsverfahren für das geplante Gesetz ausführlich Stellung zu beziehen.

Lesjak: „Maroder Finanzhaushalt soll saniert werden“

Abgelehnt wird das Modell auch vom Pensionistenverband und dem ÖGB, sowie den Grünen. Landtagsabgeordnete Barbara Lesjak: „Dass nicht einmal Menschen mit Behinderung vom Regress befreit sind, zeigt die soziale Kaltherzigkeit von Sozialreferent Ragger. Hier soll den Kärntnerinnen und Kärntnern das Geld aus der Tasche gezogen werden, nur um den maroden Kärntner Finanzhaushalt zu sanieren“.

Warnung vor Mehr-Belastung für Frauen

Aufgrund des Regresses würden sich wieder mehr Familien dazu entschließen, ihre Angehörigen zu Hause zu pflegen. Dies wiederum werde vor allem zu einer Belastung für die Frauen werden. "Denn ein Großteil der Pflege im eigenen Heim wird noch immer ehrenamtlich von Frauen erledigt. Gerade im europäischen Jahr der Freiwilligkeit möchte ich noch einmal daran erinnern“ so Lesjak.

„Mobile Pflege“ als Chance für mehr Arbeitsplätze

Die Grünen wollen dagegen die mobile Pflege ausgebaut sehen. Dort gebe es - neben der Möglichkeit, professionell in den eigenen vier Wänden betreut zu werden - zudem die Chance, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

„Klares Nein“ von der SPÖ

Als „Rückschritt in steinzeitähnliche Zustände aus frauenpolitischer Sicht“ bezeichnete Kärntens SPÖ-Frauenreferentin Landesrätin Beate Prettner den von FPK und ÖVP geplanten Schritt. Frauen „statt an den Herd“ nun „an das Pflegebett zu ketten“, stehe nicht für zukunftsweisende Politik für Kärnten, so Prettner in der Aussendung.

„Eben jene Frauen, die zu Hause Pflegeleistungen übernehmen sind es, die wenn sie selbst alt sind draufzahlen, weil ihnen wichtige Versicherungsjahre und somit eine angemessene Pension fehlen. An dieser Tatsache werden auch die von der ÖVP vorgeschlagenen Almosen für Pflegeleistungen zu Hause nichts ändern“, so Prettner.

Sie schlägt vor, dass Förderungen für Betreiber öffentlicher Pflegeheime an Gemeinnützigkeit gebunden werden und Geschäftsführergehälter sowie Mieten in jenen Pflegeheimen, in denen Eigentümer und Betreiber nicht ident sind, gedeckelt werden.