Theologe: Religion nicht privatisieren

Pastoraltheologe Paul Zulehner sagt zur Karfreitagsdiskussion, auch die Protestanten hätten das Recht, das innerste Fest ihres Glaubens zu feiern. Die Katholiken hätten die Pflicht, sie dabei zu unterstützen. Durch einen Urlaubstag werde Religion privatisiert.

Zulehner sagte im Gespräch mit dem ORF Kärnten: „Österreich ist traditionell eine katholische Kultur und es gibt wieder Kräfte in ganz Europa, die verlangen, dass wir ein christliches Abendland sind. Dieses Katholische in der Kultur drückt sich, unabhängig von der Frage, wie oft die Menschen zur Messe gehen, in starken Symbolen aus.“ Da gehören Klöster und Kirchen aber auch Rituale dazu und auch die Tradition der Feste und Feiern. Das sei kein Teil der Kirche, sondern ein Teil der Kultur, so Zulehner.

„Man muss sehr gut nachdenken, was das für die Kultur bedeutet, wie man mit den Feiertagen umgeht.“ Die Frage verschiebe sich dahingehend, wie teuer sei ein Feiertag. „Was bedeutet es für den Handel, wenn der Karfreitag ein Feiertag wäre.“ Es gebe eine Auseinandersetzung zwischen der starken, religiösen Feierkultur, die wieder großen Zulauf habe. Andererseits wolle man das alles auf den Prüfstand der Wirtschaftlichkeit stellen und hier liege die Kernspannung, so der Theologe.

Was kostet das Menschsein?

„Das Feiern, das Fest, das ist es, was den Menschen ausmacht, dass er keine Ratte im Laufrad der Wirtschaft ist. Dass er kein Sklave, sondern frei ist. Beim Feiern kommen Familien und Menschen zusammen.“ Nun gebe es den Druck, zu fragen, was uns das alles kostet, wenn „wir Menschen sein wollen.“ Verliere das Land nicht an Menschlichkeit, wenn man immer mehr frage, was koste es Handel und Wirtschaft, so Zulehner.

„Als zweites Element kommt dazu: Unsere Feierkultur war bis zur Gegenreformation Katholisch. Die Protestanten mussten in den Untergrund und hatten keine Symbole. Als die erste Kirche nach dem Toleranzpatent in Wien gebaut wurde, durfte sie keinen Kirchturm haben. Ich glaube, wir haben einen besondere Pflicht als Katholiken gegenüber den Evangelischen. Nicht nur die Katholiken haben Feiertage, sondern auch die evangelische Kirche hat das Recht, sich ohne Urlaub nehmen zu müssen, an einem freien Tag zu treffen und das innerste Fest ihres Glaubens zu feiern, - den Tod Christi am Kreuz Das ist das Herzstück für den Protestantismus, da kommt die Erlösung her.“

„Pfingstmontag liturgisch unbedeutend“

Die Katholiken haben aus der Tradition sehr viele Feiertage, auch wenn viele so nicht mehr verwendet werden, wie der 8. Dezember. „Der ist ein Tag des Kaufens und nicht mehr der Gottesverehrung oder eine Feier des Sieges über die Türken.“ Die Frage stelle sich, warum der Pfingstmontag ein katholischer Feiertag sei, der ja auch liturgisch relativ bedeutungslos sei. Auch die Kirche sehe ihn nicht als gebotenen Feiertag, an dem man unbedingt in die Messe gehen müsse. „Es wäre zu prüfen, ob man die rein katholische Feiertagskultur Schritt für Schritt, auch im Einvernehmen mit den wirtschaftlichen Interessen des Landes, angleichen solle mit den anderen Religionen.“

„Urlaub für Religionsausübung bedenklich“

„Was mir überhaupt nicht gefällt ist, dass wir sagen, jeder ist frei, sich einen Urlaubstag zu nehmen, um sich an einem Gottesdienst zu beteiligen.“ Da kann man auch sagen, nimm Dir Urlaub, wenn Du den Tag der Arbeit feiern willst. „Das wird ja auch nicht privatisiert.“ Als Theologe finde er es bedenklich, wenn man für eine Messe Urlaub nehmen müsse. „Wir nehmen die Religion aus der gemeinschaftlichen Ebene heraus und privatisieren sie völlig.“

Wenn nun jeder am Karfreitag frei haben wolle, sei das der Supergau für Handel und Wirtschaft, so Zulehner. „Da bin ich gespannt, wie die Religionsfreiheit gehandhabt wird.“ Vermutlich werden viele Menschen ihren Osterurlaub auf diese Art verlängern, also gehe das wirtschaftliche Kalkül auch nicht ganz auf. „Wir sollten sehr gut acht geben, ob wir nicht einen massiven kulturellen Verlust erleiden, wenn wir die Feiertagskultur völlig privatisieren und zu einem Urlaubsanspruch machen.“

Gemeinsamer Protest in Kärnten

Die Evangelische Kirche wird in ihrem Protest gegen die Karfreitagsregelung von Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger unterstützt, ein Schweigemarsch ist geplant - mehr dazu in Karfreitag: Aufruf zu Schweigemarsch. Die Österreichische Bischofskonferenz rüffelt Guggenberger nun, das sei nicht die offizielle Haltung, man unterstütze die Regelung des Ulaubstages, hieß es.

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