Unfall bei Radrennen: Prozess vertagt

Am Mittwoch ist am Bezirksgericht Spittal ein Prozess nach einem folgenschweren Sturz bei einem Radrennen in der Innerkrems vertagt worden. Ein Sportler kam vor zwei Jahren, vermutlich wegen eines Risses in der Fahrbahn, zu Sturz, seither ist er querschnittsgelähmt.

Das Gericht muss entscheiden, wie viel Verantwortung der Veranstalter bei so einem Straßenradrennen trägt und was in die Eigenverantwortung der Sportler fällt. Das Urteil könnte Auswirkungen auf viele Radrennen in ganz Österreich haben. Ein Urteil dürfte aber noch nicht am Mittwoch fallen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen zwei Streckenposten, einen Beamten des Landes und gegen den Veranstalter des Rennes, den ARBÖ Bad Kleinkirchheim. Es besteht der Verdacht der fahrlässigen schweren Körperverletzung. Darauf stehen bis zu sechs Monate Gefängnis. Staatsanwältin Bettina Dumpelnik geht davon aus, dass der 49 Jahre alte Hauptangeklagte als damaliger Chef des Organisationskomitees fahrlässig gehandelt hat, als er die Strecke am 3. Juli 2016 freigab.

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Unfallstelle bei Kilometer 4,6 auf der Innerkremser Landesstraße

Angeklagter bekannte sich „nicht schuldig“

Der Verantwortliche des ARBÖ bekannte sich am Mittwoch vor der Richterin Nadja Oswald im vollbesetzten Saal 1 nicht schuldig. Laut Verteidiger Roland Olsacher sei der Riss in der Straße nicht die Ursache für den Sturz gewesen. Für Stürze gebe es viele Gründe, wie Fahrfehler, Ermüdung, oder einen technischen Defekt, erklärte der Angeklagte in seiner Einvernahme. Er sei davon ausgegangen, dass die Verhältnisse auf der öffentlichen Straße passen. Bei einem Radmarathon seien die Sportler ja, im Gegensatz zu einem Rennen, im normalen Straßenverkehr unterwegs, auch für sie gelte daher die Straßenverkehrsordnung.

Das Land hat in seinen Bescheid für die Veranstaltung ausdrücklich die Verantwortung für den Straßenzustand von sich gewiesen. Der Angeklagte sagte vor Gericht, dass die Fahrbahn Sache des Erhalters, also des Landes sei, schließlich müsse ja auch der normale Verkehr darauf unterwegs sein. Der Bescheid des Landes sei zudem erfüllt worden, erklärte der Angeklagte. Man habe unter anderem Warnschilder vor gefährlichen Kurven, Ampeln, Straßenverengungen und Baustellen angebracht oder Matten bei gefährlichen Abfahrten ausgelegt.

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Riss in Fahrbahn

Strecke vor dem Rennen abgefahren

Richterin Oswald fragte, was der Angeklagte getan habe, um die Qualität der Fahrbahn vor dem Renntag zu überprüfen. Der Angeklagte sagte, er sei die Strecke einen Monat vor dem Renntag mit Helfern abgefahren. Kurz vor dem Rennen seien Teile der Strecke noch einmal abgefahren worden. Es habe kleine Risse in der Fahrbahn gegeben, aber keine ungewöhnlichen Schäden. Längsrisse, wie der, der zum Unfall geführt haben soll, gebe es häufig auf Kärntens Straßen. Für einen geübten Rennfahrer sei ein solcher Riss eigentlich kein Problem, sagte der Angeklagte. Es habe genügend Platz gegeben, daran vorbei zu fahren. Zusätzliche Hinweisschilder hätten keinen Sinn gehabt, sagte der 49-Jährige.

Unfallopfer: „Plötzlich einen Schlag bekommen“

Bei dem Radrennen vor zwei Jahren war der 30 Jahre alte Teilnehmer aus Hermagor im Spitzenfeld unterwegs. Mehr als 1.000 Sportler waren damals auf der Innerkremser Straße talwärts unterwegs. Als er zu Sturz kam, brach er sich das Brustbein, das Schulterblatt, das Schlüsselbein und den sechsten Brustwirbel. Der heute 32 Jahre alte Mann aus Hermagor, der sich als Privatbeteiligter dem Verfahren anschloss, wird nie mehr gehen können. Er erzählte im Zeugenstand, die Straße habe sich in einem mittelmäßigen Zustand befunden. Es habe leicht geregnet, Hinweise auf Fahrbahnschäden habe er keine gesehen. Plötzlich habe er einen Schlag bekommen, es habe ihm beide Hände von Lenkrad gerissen, das Rad sei komplett zum Stillstand gekommen und er habe einen Köpfler auf die Straße gemacht. Dann sei er auf dem Rücken die Straße entlang geschlittert und mit dem Kopf gegen die Leitschiene geprallt.

Auf die Frage der Richterin, ob er in den Riss geraten sei, antwortete er, das könne er nicht sagen. Er erinnere sich nur an den Schlag gegen den Lenker. Wie es dazu gekommen sei, könne er sich nicht erklären. Rückblickend vermutet er, dass der Riss schuld gewesen sei. Beim Rennen habe er ihn aber nicht wahrgenommen, vielleicht, weil die Straße wegen des Regens gespiegelt habe, vermutete er. Im Normalfall weiche er aus, wenn er ein solches Hindernis sehe. Er habe auch eine Sonnenbrille getragen, diese habe er auch bei Regen als Schutz gegen das Spritzwasser auf und passe sie den Witterungsbedingungen an.

Straßenzustand wird besser untersucht

Nach diesem Unfall wurden die Strecken auf denen Radrennen ausgetragen wurden wesentlich genauer untersucht, bevor man die Sportler fahren ließ. Auch Volker Bidmon, der zuständige Beamte für den Straßenzustand in Kärnten, sah sich die Oberflächen - zum Beispiel für den Ironman - an. „Jede Fuge wird begutachtet, darum sind auch zwei fachkundige Personen vom Veranstalter mit dabei, die uns sagen, wo haben sie und der Rennbetrieb ein Problem mit dem Straßenzustand.“

Verteidiger Roland Olsacher stellte den Antrag auf Lokalaugenschein entlang der gesamten, 106 Kilometer langen Strecke, um festzustellen, ob der Straßenzustand auf der gesamten Länge gleich gewesen sei. Die Gutachter gaben zu bedenken, dass Teile der Straße seither saniert wurden und die Fahrbahn nun in einem anderen Zustand sein könnte als zur Zeit des Unfalls vor zwei Jahren. Außerdem könnte man die Risse vom Auto aus nicht beurteilen. Auch Staatsanwältin Bettina Dumpelnik sowie der Privatbeteiligtenvertreter sprachen sich gegen eine Besichtigung aus. Die Richterin behielt sich die Entscheidung darüber vor und vertagte die Verhandlung.

ARBÖ: Urteil würde Veranstalter abschrecken

Sollte der Organisator des Radmarathons verurteilt werden, weil er die Haftung für den Zustand einer öffentlichen Straße übernehmen muss, hätte das Auswirkungen auf viele Sportveranstaltungen, sagt Thomas Jank vom ARBÖ Kärnten: „Es finden sich jetzt schon Wenige, die bereit sind, Radsportveranstaltungen durchzuführen. Nach einer Verurteilung würde das wahrscheinlich gegen null tendieren.“ Die Behörden seien gefragt, zum Beispiel Haftungsfragen zu klären, so Jank.

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