Verstreut in alle Himmelsrichtungen

In einer Ausstellung im Volkskundemuseum von Malborghet im Kanaltal wird die Geschichte einer Familie nachgezeichnet, deren Nachkommen heute in alle Welt verstreut sind. Ein Stück Migrationsgeschichte die zeigt, wie Einzelne zum Spielball der Politik werden.

Das „Projekt Europa“ ist im Begriff, sich zu verändern. Die täglich hereinbrechenden Problemestellungen durch Zuwanderung und Integration führen auf einen unbekannten Weg und sind immer schwieriger - grenzübergreifend - sozial zu meistern. Die Geschichte kann für das Leben im Hier und Jetzt zum Lehrmeister werden.

Kanaltal Ausstellung Malborghetto

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Blick über das Kanaltal.

Diktatoren beschlossen „Aussiedelung“

Im Kanaltal verschoben sich einst Staats- und Sprachgrenzen. Schon im Ersten Weltkrieg war das „Val Canale“ Kriegsschauplatz und kam 1919 zu Italien. 1939 waren sich Hitler und Mussolini zwar darin einige, die Landesgrenzen beizubehalten, beschlossen jedoch gleichzeitig, alle „Deutschstämmigen“ auszusiedeln.

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Malborghet heute

Wie Einzelne zum Spielball der Politik werden

Mit ihrer über sieben Generationen reichenden Familienforschung zeigt die Kärntner Historikerin Irmgard Bohunovsky-Bärnthaler im Museum von Malborghet, wie sehr der Einzelne zum Spielball der Politik werden kann.

Die Stammeltern ihrer Familie waren Johann und Maria Errath aus Uggowitz. Sie hatten zehn Kinder. Ihr Grabstein befindet sich noch heute an der Nordwand der Kirche. Das Haus Nr 5 - vulgo Marcul - war schon im 18. Jahrhundert als Errath-Besitz ausgewiesen.

Kanaltal Ausstellung Malborghetto

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Grabstein von JOhann und Maria Errath

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 10.9.16

Vater wollte Schulbau verhindern

Anhand zahreicher Dokumente, Fotos sowie vieler Begegnungen erschloss sich der Urenkelin der Erraths so manche Familienanekdote. Etwa jene über die Starrköpfigkeit des Stammvaters, der den Bau eines Schulhauses auf der Alm verhindern wollte. Denn seiner Meinung nach sollten die Bauernkinder im Sommer lieber bei der Almwirtschaft helfen.

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Unter Tito erneut als „Volksdeutsche“ vertrieben

Der Zusammenbruch der Habsburgermonarchie brachte neue Staaten hervor - eine Initialzündung für dramatische Schicksale. Historikerin Irmgard Bohunovsy-Bärnthaler: „Die markantesten waren für mich, dass die, die für den SHS-Staat optierten, während der Tito-Zeit Ende des zweiten Weltkrieges als Volksdeutsche wieder vertrieben wurden.“

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„Wir sind Füchslein, keine Löwen“

Heute lebt kein Mitglied der Familie mehr in Uggowitz. Die 250 direkten Nachkommen der Familie sind in alle Welt verstreut.

Bohunovsky: „Wir versuchen, in allen möglichen Sprachen zu kommunizieren, aber keiner wird den anderen mehr als Ausländer betrachten. Wir sind die Füchslein der Weltgeschichte und nicht die Löwen. Aber wenn sich die Füchslein zusammentun, kann man so manchen Löwen verhindern. Wenn Diktatoren wüten, bleibt kein Stein auf dem Anderen.“

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Für Bohunovsky geht es um politische Wachheit gegenüber „Freeridern“ in der Politik: „Das könnte man eigentlich von dieser Ausstellung lernen.“

Exemplarisch für die Geschichte des Kanaltales

„Es ist zwar eine Familienausstellung mit persönlichen Geschichten, aber gleichzeitig steht die Schau auch paradigmatisch für die Geschichte des Kanaltales und für viele Familien, die hier gelebt haben“, so Lara Magri, Leiterin des ethnografischen Museums von Malborghetto.

Kanaltal Ausstellung Malborghetto

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Weitere Migrationsprojekte folgen

Die Ausstellung im „Museo Etnografico“ ist bis 25. September zu sehen. Die Schau ist der erste Teil einer Reihe von Projekten zum Thema Migration, die in Zukunft im Palazzo Veneziano von Malborghet zu sehen sein werden.