Hypo: Scheinverträge „ständige Begleiter“

In Klagenfurt ist am Dienstag ein neuer Hypo-Prozess mit sieben Angeklagten gestartet worden, es geht um den Verkauf der Hypo an die BayernLB. Ein Investmentbanker bekannte sich schuldig, Scheinrechnungen gestellt zu haben.

Vor dem Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Sabine Roßmann müssen sich unter anderem die ehemaligen Hypo-Manager Wolfgang Kulterer, Josef Kircher und Tilo Berlin sowie VCP-Investmentbanker Heinrich Pecina, Alex Kropiunig und Arnold Schlesitz verantworten. Die Vienna Capital Partners (VCP) hatten die Fairness-Opinion für den Verkauf der Hypo an die BayernLB erstellt.

Fairness-Opinion

Die Fairness-Opinion sei quasi ein Gutachten, das bestätigt, dass die Transaktion den Gepflogenheiten entspricht und dass der Kaufpreis angemessen ist, erläuterte Staatsanwalt Norbert Ladinig in seinem Plädoyer. Damit wollte man belegen, dass die Höhe des vereinbarten Preises in Ordnung war. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft ist, dass die Hypo selbst für die Fairness-Opinion bezahlt habe, obwohl das eigentlich die Kärntner Landesholding (KLH) übernehmen hätte müssen – mehr dazu in Neues Hypo-Verfahren vor Gericht. Der Schaden wird mit 4,3 Mio. Euro beziffert.

Heikle Fragen nach Vermögen

Noch bevor Staatsanwalt Norbert Ladinig die Anklage verlesen konnte, stellte der Verteidiger von Wolfgang Kulterer zwei Anträge. Gehe es nach ihm, dürfe die vorsitzende Richterin Sabine Roßmann den Prozess nicht leiten, da sie zum Zeitpunkt der Anklageerhebung noch gar nicht Richterin in Klagenfurt war. Der Verteidiger forderte eine Vertagung des Prozesses in das Frühjahr 2017, da sein Mandant fast zeitgleich vier verschiedene Strafverfahren zu absolvieren hätte. Beide Anträge wurden vom Schöffensenat abgelehnt.

Richterin Sabine Rossmann befragte die Angeklagten zum Vermögensstatus. Kulterer und Kircher sprachen von hohen Schulden, Tilo Berlin machte von seinem Recht Gebrauch, seinen Vermögensstatus nicht öffentlich in der Verhandlung darzulegen. Berlin sicherte zu, dies binnen 14 Tagen nachzuholen, was ihm auch die Richterin auferlegte.

Ersatz für öffentliches Bieterverfahren

Staatsanwalt Ladinig ging in seinem Plädoyer dann detailliert darauf ein, wie der Verkauf der Hypo an die BayernLB aus Sicht der Staatsanwaltschaft abgelaufen ist. „Scheinverträge und Scheinrechnungen sind in der vorliegenden Causa ständige Wegbegleiter“, sagte er. Die Hypo sei wegen ihrer Eigentümerstruktur nur in einem öffentlichen Bieterverfahren zu verkaufen gewesen. Das sei aber nicht anwendbar gewesen, weil die Bayern strikte Geheimhaltung verlangten. „Und dann ist man auf die zweite Möglichkeit, die Fairness-Opinion, gekommen“, so Ladinig.

Die Fairness-Opinion, die „eine Stange Geld gekostet hat“, habe man in Windeseile benötigt. Die Kärntner Landesholding (KLH), damals Eigentümerin der Hypo und somit Profiteurin des Papiers, habe aber nur Aufträge in Höhe von 60.000 Euro vergeben können. Also habe man Lösungen gesucht, wie das zu klären sei.

Hypo Prozess Fairness Opinion Prozessstart

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Ex-Bankchef Tilo Berlin und Ex-Aufsichtsratschef Wolfgang Kulterer (von links)

Kosten auf teils erfundene Projekte aufgeteilt

Letztlich zahlte die Hypo selbst. Die Kosten von 3,8 Mio. Euro wurden schließlich auf drei Teilrechnungen aufgeteilt: Für das Projekt „Klammer“, das laut Ladinig frei erfundene Projekt „Adam“ und das Projekt „Floating“. Dabei sei die Hypo geschädigt worden: „Die Hypo hat kein Interesse an der Fairness-Opinion gehabt, die Kärntner Landesholding hat es als einzige gebraucht“, so Ladinig.

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Geplatztes Geschäft in Kroatien

Der zweite Themenkomplex, der in dem Prozess verhandelt wird, betrifft die Causa „Monarola“ rund um ein geplatztes kroatisches Immobiliengeschäft. Die daraus resultierende Entschädigungszahlung wurde von Kroatien „steuerneutral“ nach Liechtenstein transferiert, von den drei in dieser Causa Angeklagten, unter ihnen auch Kircher, abgehoben und nach Österreich gebracht. Hier wirft der Staatsanwalt den Involvierten Bereicherung vor.

Einer der Angeklagten bekannte sich am Nachmittag schuldig und habe laut seinem Anwalt das Geld auch schon zurückgezahlt. Der dritte Angeklagte legte in dieser Sache ein Tatsachengeständnis ab, bekannte sich der Untreue aber nicht schuldig. Auch er habe den Schaden bereits wieder gut gemacht und seine Steuerschulden beglichen, sagte sein Anwalt. Kircher wies in dieser Sache jede Schuld von sich.

Pecina: Scheinrechnungen gestellt

Investmentbanker Heinrich Pecina bekannte sich am Dienstagnachmittag ebenfalls schuldig. Wolfgang Kulterer, Tilo Berlin und Josef Kircher, bekannten sich hingegen nicht schuldig. Im Fall der Fairness-Opinion wirft der Staatsanwalt den Angeklagten vor, durch Scheingeschäfte und Scheinrechnungen einen Schaden von 4,31 Mio. Euro für die damalige Hyp verursacht zu haben. Pecina bekannte sich schuldig, in diesem Zusammenhang eingewilligt zu haben, Scheinrechnungen auszufertigen. Der Investmentbanker hatte mit seiner VCP die Opinion, ein unabhängiges Gutachten zur Beurteilung eines geplanten Unternehmensverkaufs, erstellt.

In den folgenden Prozesstagen widersprachen die Ex-Hypo-Manager Kircher und Berlin dem Geständnis von Pecina. Kircher sagte am Donnerstag, er sei bei dem Gespräch in Wien, bei dem es um Scheinrechnungen gegangen sein soll, nicht dabei gewesen. Berlin bestätigte am Freitag diese Aussage.

Kulterer von Anwalt belastet

Nach dem erfolgreichen Closing - dem Abschluss des Verkaufs der Hypo-Anteile an die BayernLB - habe man die Rechnung gestellt. „Was nicht kam, war die Zahlung“, sagte Verteidiger Harald Schuster. Nach einer Mahnung und verschiedenen Vorschlägen zur Abrechnung sei es dann zu einem Gespräch zwischen seinem Mandanten, Kircher und Kulterer in Wien gekommen. Da soll Kulterer gesagt haben: „Schreib drei Scheinrechnungen, wenn du Geld willst.“ Schuster: „Und mein Mandant hat sich ärgerlicherweise entschlossen, bei der Malversation mitzumachen.“

Kircher-Verteidiger: „War kleines Rädchen“

Richard Soyer als Verteidiger Kirchers bezeichnete diesen als „ein kleines Rädchen im Ganzen und lediglich am Rande involviert“. Sein Mandant habe nur das, was die „drei Herren“, das „Triumvirat der Mächtigen“, Kulterer, Berlin und Pecina vereinbart hatten, umgesetzt. Alle drei Kriterien eines Untreuetatbestands - Befugnismissbrauchs, Schädigungsabsicht und ein entstandener Schaden - seien aus Sicht seines Mandanten nicht erfüllt, so Soyer. Dass Urkunden rückdatiert werden, komme vor.

Berlin-Anwalt: Anklage nicht berechtigt

Berlins Verteidiger Otto Dietrich bezeichnete die Anklage gegen seinen Mandanten „aus rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht“ als „nicht berechtigt“. Berlin sei in die Gespräche zur Vereinbarung der Fairness-Opinion nicht eingebunden gewesen. Die Zahlung von 4,31 Mio. Euro in diesem Zusammenhang sei für ihn plausibel erschienen, er habe dies prüfen lassen und die Bank habe sich rechtswirksam zur Zahlung dieses Gutachtens durch die Unterschrift von zwei Vorständen verpflichtet gehabt. Es handle sich um keine Scheinverträge, da alle Parteien gewusst hätten, wofür die Summe gezahlt worden sei.

Kulterer: War für Gutachten

Kulterer stehe dazu, sich als Vorsitzender des Aufsichtsrats für das Gutachten stark gemacht zu haben, erklärte dessen Verteidiger Josef Weixelbaum. Die motivierende Kraft seien die Verkaufsverhandlungen mit der BayernLB zur Rettung der Hypo gewesen. Die Bank hätte sonst nicht überlebt, weil die Eigentümer kein Kapital mehr zuschießen wollten, sagte der Verteidiger. Die Behauptung des Staatsanwalts, die Bank habe diese Fairness Opinion nicht gebraucht, stimme nicht. „Im Gegenteil, ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, einen strategischen Partner an Land zu holen“, sagte Weixelbaum.

Zagorec-Prozess fortgesetzt

Am Dienstag wurde in Klagenfurt auch der Hypo-Prozess wegen kroatischer Immobiliengeschäfte fortgesetzt. Der bestellte Gutachter wurde vom Gericht bestätigt, die Verteidigung hatte dessen Abberufung wegen Voreingenommenheit gefordert - mehr dazu in Prozess gegen Zagorec: Gutachter bestätigt.