Seen-U-Ausschuss: Kritik an Gutachtern

Im Seen-U-Ausschuss des Kärntner Landtags ist am Mittwoch neben der Immobilientreuhänderin Margret Funk auch der Bausachverständige Franz Seiser einvernommen worden. Er übte harsche Kritik an den Gutachten, die rund um den Seendeal 2007 erstellt worden waren.

Seiser hatte für die Seen-Immobiliengesellschaft des Landes 2014 ein Gutachten über den Wert der 2007 vom Land gekauften Seen-Immobilien erstellt. Am Mittwoch sagte er aus, der Kaufpreis für die Grundstücke und Seen, die das Land von BAWAG und ÖGB erworben hatte, sei jedenfalls zu hoch gewesen. In den Gutachten habe es „mystische Gewichtungen“ gegeben.

„Niemand überprüfte nachhaltigen Ertrag“

Seiser sagte, auch die Prüfung des Rechnungshofes weise Mängel auf, niemand habe nach dem „nachhaltigen Ertrag“ der Immobilien gefragt, dabei sei das der wichtigste und erste Punkt bei jeder Immobilienbewertung. Die ganze Abwicklung sei nicht professionell gewesen. Er erklärte ausführlich, warum der Ertragswert höher sein müsse als der Sachwert, „weil der Investor sonst ja nichts verdient“. Im Gutachten des ÖGB seien ein Sachwert von 14,29 Millionen Euro und ein Ertragswert von 3,01 Millionen festgestellt worden. Nach geltender Gesetzeslage müsste die Bewertung „nach dem Stand der Wissenschaft“ erfolgen und „nachvollziehbar“ sein.

Erstaunt sei er auch über die Arbeit von Rechtsanwalt Michael Sommer gewesen. „Ich habe mich sehr gewundert“, meinte Seiser. Erstens über das Honorar des Anwalts, das „ungefähr das Zehnfache dessen ausgemacht hat, was meine Kunden zahlen“. Zweitens sei keine technische Due Diligence gemacht worden. Wäre diese gemacht worden, hätte sie sehr viel aufgezeigt, etwa über den Zustand der Immobilien.

„Immobilien waren 29 Jahre alt“

Die Gebäude seien zum Bewertungsstichtag 2007 29 Jahre alt gewesen. Bei Immobilien sei es so, dass man nach 30 Jahren eine große Erhaltungsnotwendigkeit habe. Meist sei eine Generalsanierung nötig, diese werde durchgeführt, wenn die Substanz in Ordnung sei. Seiser: „Repariert ist aber nichts worden, es ist das Notwendigste geflickt worden.“ An Ort und Stelle habe sich ein schlimmes Bild gezeigt, die Gebäude seien „eigentlich am Ende“ gewesen.

„Drei unterschiedliche Verkehrswerte“

Niemand habe sich damit beschäftigt, ob das Konzept, das Sotours an den Seen betrieben hatte, überhaupt zukunftsträchtig gewesen sei. Es habe auch niemand nachgefragt, was der „marktübliche Mietzins“ sei. Die Annahmen seien viel zu hoch gewesen. Wenn alle sich an die Regeln hielten, gebe es immer noch eine gewisse Bandbreite bei den Gutachten, aber das sei in diesem Fall nicht erfolgt. Es sei alles geregelt, wie eine Bewertung gemacht werden müsse, das sei aber nicht gemacht worden.

Auf die Frage, ob es sich um Gefälligkeitsgutachten gehandelt habe, meinte Seiser, das müssten Juristen beurteilen. Aber es gebe etwa bei einem Gutachter für ein Bewertungsergebnis drei unterschiedliche Verkehrswerte. „Das ist nicht nachvollziehbar.“

Die Sitzung wurde nach Seisers Einvernahme unterbrochen, für den Nachmittag waren zwei weitere Zeugen geladen: Immobilientreuhänderin Margret Funk und Rene Oberleitner, kaufmännischer Geschäftsführer der Landesimmobiliengesellschaft.

Zur Kritik kein Kommentar von BAWAG-Gutachterin

Immobilientreuhänderin Margret Funk wurde vom Ausschuss mit der Kritik des Gutachters Franz Seiser konfrontiert. Die Zeugin betonte daraufhin, das Gutachten nicht zu kennen und die an ihr geübte Kritik daher auch nicht kommentieren zu können. Funk erklärte, sie sei von BAWAG und ÖGB beauftragt worden, Gutachten zu erstellen, und zwar nicht nur zu den Kärntner Seen. „Meine Gutachten waren mit einem Disclaimer versehen, sie hätten also nicht weitergegeben werden dürfen.“

Zum Seiser-Gutachten sagte sie, es sei nicht nur zu einer anderen Zeit, sondern auch zu einem anderen Zweck erstellt worden. Dieser sei ausdrücklich im Auftrag angeführt gewesen und nach Paragraf 23 Bankwesengesetz erfolgt. Das Funk-Gutachten sei für den Jahresabschluss von BAWAG und ÖGB erstellt worden, präzisierte Funks Vertrauensperson, der Anwalt Christoph Herbst. Sie habe in Kärnten auch noch sehr viele andere Liegenschaften bewertet, wie etwa Kap Wörth. Funk: „Das war für meinen Auftraggeber, aus.“

Oberleitner erklärte, das Hinzuziehen von Gutachtern sei erfolgt, um eine fachliche Grundlage zu haben, das würde auch bei Gericht so gehandhabt. Die Berechnungen bezüglich des Pachtertrags seien nicht von ihm angestellt worden, sondern von einem Gutachter, daher sei dieser zu befragen. Zwingend vorgeschrieben sei die Einschaltung von Gutachtern aber nicht gewesen.

Der Ton wird schärfer

Der Ton zwischen den Abgeordneten und dem Zeugen war diesmal durchaus schärfer, zumal Oberleitner schon eingangs der Ausschussvorsitzenden Barbara Lesjak (Grüne) vorwarf, ihn beleidigt zu haben. Und zwar mit einer Aussage in einem Interview im Vorfeld der Sitzung, in dem Lesjak gemeint hatte, man müsse einige Zeugen noch einmal vorladen, weil sie möglicherweise bei der ersten Einvernahme nicht die volle Wahrheit gesagt hätten. Auch zu den Differenzen in den Bewertungen des Kaufpreises wollte Oberleitner inhaltlich nicht Stellung nehmen. Es sei nicht seine Angelegenheit gewesen, das zu tun, zumal er in die Verhandlungen zwischen dem Land und BAWAG sowie ÖGB nicht eingebunden gewesen sei.

Die Gutachter Enrik Mandl und Herbert Matschek, die von Seiser so scharf kritisiert worden waren, sagten ab, sie wollen sich mit ihren Aussagen nicht selbst belasten, so ihre Begründung. Gegen die beiden ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

FPÖ: Betrug an Kärnten

FPÖ-Klubobmann Christian Leyrotz sagte in einer Aussendung am Mittwoch, nach den Aussagen des Immobiliensachverständigen Seiser werde deutlich, dass das Land Kärnten durch die BAWAG bzw. den ÖGB betrogen wurde. Daher fordere die FPÖ die Rückabwicklung des Seenkaufs.

Auch ÖVP-Landtagsabgeordneter Herbert Gaggl attackierte den ÖGB. Der Seendeal werde immer mehr zu einem „Sumpfskandal“, so Gaggl in einer Aussendung. Das damalige Kaufargument, den Seezugang sichern zu wollen, entpuppe sich immer mehr als vorgeschoben.

Für das Team Kärnten wurde durch die Zeugeneinvernahmen eine „Vielzahl neuer Fragen aufgeworfen“. Von Isabella Theuermann, der stellvertretenden Vorsitzenden des Seen-U-Ausschusses im Landtag, hieß es in einer Aussendung, dass der ÖGB versucht habe, den Preis für die Liegenschaften „künstlich in die Höhe zu treiben“. Der Sachwert wurde laut Theuermann durch die Gutachter „doppelt so hoch angegeben wie tatsächlich zulässig“. Das Team Kärnten habe im Kärntner Landtag bereits die Rückabwicklung des Kaufs beantragt.

Ausschussvorsitzende: „Viele gravierende Fehler“

Ausschussvorsitzende Barbara Lesjak resümierte nach dem Ende der Sitzung, dass „offenbar viele gravierende Fehler gemacht“ worden seien. „Die Grundlage für den dubiosen Seendeal waren widersprüchliche Gutachten“, so Lesjak. Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses ist für Ende Mai geplant. Geladen sind unter anderen Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, Harald Dobernig Gerhard Dörfler, Stefan Petzner, Karl-Heinz Petritz, Norbert Steger, Heinz Liebentritt, Clemens Schneider und Michael Sommer.

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