Hypo-Prozess: Verhandlung bis zum Abend

Am Landesgericht Klagenfurt ist am Mittwoch der Prozess gegen vier Ex-Vorstände der Hypo Alpe-Adria Bank fortgesetzt worden. Die Verhandlung dauerte bis in die späten Abendstunden. Tilo Berlin wurde als Angeklagter einvernommen. Die ersten drei Zeugen wurden befragt.

Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Neben Wolfgang Kulterer sollen noch der langjährige Vertrauensanwalt und der Notar der Hypo befragt werden.

Anklage: Nebenabsprachen für risikolosen Verdienst

Die vier Vorstände Wolfgang Kulterer, Tilo Berlin, Siegfried Grigg und Josef Kircher müssen sich wegen des zweiten Vorzugsaktiendeals aus dem Jahr 2006 verantworten. Im Fall eines ersten Deals von 2004 gibt es bereits rechtskräftige Urteile.

Das Geschäft wurde laut Anklage zum Schaden der Hypo durchgeführt, prominente Investoren hätten dank geheimer Nebenabsprachen risikolos daran verdient. Der Schaden für die Hypo beträgt laut Staatsanwalt Robert Riffel insgesamt acht Mio. Euro. Angeklagt ist auch die Flick-Stiftung. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Richter zu Kulterer: Geständnis als Milderungsgrund

Zuletzt hatte Wolfgang Kulterer sich über die aus seiner Sicht aggressive Stimmung im Gerichtssaal beschwert und krankgemeldet. Am Mittwoch war Wolfgang Kulterer wieder da, wobei ihn Ersatzrichter Manfred Herrnhofer gleich darauf aufmerksam machte, dass ein Geständnis bei einer Verurteilung ein wesentlicher Milderungsgrund wäre. Eine Befragung von Kulterer kam am Mittwoch nicht mehr zustande. Kulterer erklärte am Abend, nicht mehr einvernommen werden zu wollen. Richter Christian Liebhauser-Karl kündigte an, dass ergänzende Einvernahmen der Angeklagten in Zeitfenstern zwischen den Zeugenbefragungen stattfinden sollen.

Hypo Prozess Fortsetzung

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Wolfgang Kulterer am Mittwoch im Gerichtssaal. Seine Befragung wurde auf eigenen Wunsch verschoben.

Die Verteidiger stellten einmal mehr wortreich lange Ablehnungsanträge gegen den Schöffensenat. Außerdem wurde vor Kulterer noch einmal Tilo Berlin stundenlang befragt. Gestützt auf ein vorgefertigtes Manuskript, referierte er ausführlich, warum die Vorzugsaktien von 2006 aus seiner Sicht ein gutes Geschäft für die Hypo gewesen seien.

Befangenheitsanträge gestellt - abgelehnt

Patrick Thun-Hohenstein, der Anwalt von Berlin, eröffnete am Mittwoch den Reigen der Anträge. Er verlangte gewissermaßen die Absetzung des Schöffensenats unter Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl. Dazu führte er mehrere Gründe an: So sei erteilte er den Verteidigern nicht sachgemäße Ermahnungen während der Einvernahme der Angeklagten und verbitte sich deren Zwischenrufe. Außerdem sei er nicht eingeschritten, als Ersatzrichter Herrnhofer Kulterer bzw. dessen Verteidiger Schender angeschrien habe. Kulterer Anwalt Rüdiger Schender schloss sich dem Befangeheitsantrag an und lehnt Ersatzrichter Herrnhofer ab.

Auch weil dieser, so Schender, im Gespräch mit Journalisten einen Vergleich zwischen dem aktuellen Prozess und der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Causa Styrian Spirit hergestellt und dadurch erkennen habe lassen, dass er von einem Schuldspruch ausgehe. Mit solchen Anträgen baut die Verteidigung aber bereits für die nächste Instanz vor. Kommt es beispielsweise zu einem Schuldspruch und zu einer Berufung, dann können mit solchen Anträgen Verfahrensfehler geltend gemacht und der gesamte Prozess neu aufgerollt werden. Das Gericht beriet sich ausführlich über diese Anträge, von denen sich der Anwalt des geständigen Josef Kircher scharf distanzierte, und lehnte sie allesamt ab.

Berlin: „Gutes Geschäft“ für die Bank

Mehr als eine Stunde nach Verhandlungsbeginn wurde die am letzten Verhandlungstag unterbrochene Einvernahme von Tilo Berlin fortgesetzt. Berlin bezeichnete den Deal mit den Vorzugsaktien vor Gericht als „gutes Geschäft“ für die Bank. Zu der Zeit, als er das Aktienpaket an Milliardärin Ingrid Flick verkauft habe, seien deutlich attraktivere Anlageformen auf dem Markt gewesen. Die Verzinsung der Vorzugsaktien inklusive Sonderdividende bezeichnete er anders als die Staatsanwaltschaft als eher unterdurchschnittlich, dazu komme das Insolvenzrisiko, sagte er. Als Beispiel nannte er die BKS Bank, die damals angeblich eine Mindestdividende zum gleichen Satz angeboten habe.

Der Zinssatz sei für Profis und damit für institutionelle Anleger zu gering gewesen, führte der Angeklagte aus. Die vermögenden Großkunden, die man als Investoren habe gewinnen können, hätten ihr finanzielles Engagement jedoch mit dem „Glauben an das besondere unternehmerische Geschick der Bank“ verbunden. Als nachteilig gegenüber börsennotierten Papieren zählte er die eingeschränkte Liquidität der Vorzugsaktien, die mangelnde Chance auf Kursgewinne, das fehlende Stimmrecht sowie die vorgesehene und „völlig unübliche“ Höchstdividende auf.

Unterschrieben ohne Inhalt zu kennen

Berlin berief sich auch diesmal wieder darauf, dass er die Verträge mit den Vorzugsaktionären unterschrieben habe, ohne den Inhalt genau zu kennen. Von den geheimen Nebenabsprachen mit Geld-zurück-Garantie für die Investoren will Berlin während seiner knapp zwei Jahre im Hypo-Vorstand nichts gewusst haben. „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich erst nach meinem Ausscheiden aus der Bank Klarheit über die Nebenvereinbarungen hatte.“ Bereits am ersten Arbeitstag in der Hypo habe er drei solcher Verträge zur Unterschrift vorgelegt bekommen und nach Rückfrage, ob alles ok sei, unterschrieben. Auch die Auszahlung der Sonderdividende sei den Aktionären längst zugesagt gewesen. Unter anderem von Josef Kircher, sagte Berlin aus.

Ins Schwimmen geriet Berlin, als der Richter ihn nach dem Gegenwert der Sonderdividende für die Hypo fragte. Es ging darum, die Aktionäre zufriedenzustellen, um sie weiter als Kunden zu behalten. Berlin räumte ein, dass die Bank durch die Put-Optionen großer Schaden hätte entstehen können. Durch diese Option hätten die Aktionäre jederzeit ihr Geld zurück verlangen können. Er wiederholte auch, dass er mit dem Vermögensverwalter von Ingrid Flick nie über die Put-Option gesprochen habe. Er habe ihm für das neue Aktienpaket lediglich die gleichen Bedingungen wie bis dahin zugesagt. Daraus habe der Flick-Vermögensverwalter wohl geschlossen, dass er, Berlin, ihm die Put-Option zugesichert habe.

Berlin über Kircher: „Lasten weiter verteilt“

Josef Kircher hatte in seinem umfassenden Geständnis am zweiten Prozesstag sämtliche anderen Ex-Bankvorstände schwer belastet: Alle hätten von den geheimen Nebenabsprachen und den möglichen negativen Folgen für die Bankbilanz gewusst. Ob er sich Kirchers Aussagen erklären könne, fragte Richter Christian Liebhauser-Karl. Antwort Berlins: „Möglicherweise hatte er das Bedürfnis seine Lasten weiter zu verteilen“. Berlin fühlt sich bei seinem Einstieg in die Hypo vielmehr von Kircher über den Zustand der Bank getäuscht.

Kircher von Zeuge belastet

Der stellvertretende Vorstand der Bank Burgenland, Gerhard Nyul sagte als Zeuge aus. Demnach sei Kircher sein einziger Ansprechpartner bei der Abwicklung des Verkaufs von Vorzugsaktien inklusive Put-Option gewesen. Die Bank Burgenland finanzierte Hypo-Vorzugsaktien im Wert von 15 Mio. Euro für den Klagenfurter Unternehmer Walter Moser. Dieser habe die Differenz zwischen den niedrigen Kreditzinsen und der Vorzugsdividende von sechs Prozent als Ertragsmöglichkeit gesehen, so Nyul. Zur Absicherung der Bank Burgenland wurde mit der Bank eine Put-Option abgeschlossen.

Wer die Idee dazu hatte, konnte Nyul nicht beantworten. Jedenfalls habe ihm Kircher mitgeteilt, dass ein Entwurf einer Put-Option vorliege. Auf Nachfrage der Verteidigung erklärte er, mit dem ebenfalls angeklagten, ehemaligen Hypo-Vorstand Wolfgang Kulterer in dieser Frage keinen Kontakt gehabt zu haben.

Stillschweigen gebrochen

Kircher habe ihn auch gebeten, den Vertrag über die Put-Option nicht zu den Kreditakten zu nehmen, damit Moser nichts davon erfahre, so Nyul. Bei der Einvernahme im Vorverfahren war ihm jedoch mitgeteilt worden, dass Moser selbst auch im Besitz einer Put-Option gewesen sei.

Die Hauptverhandlung wird am Donnerstag fortgesetzt. Als Zeugen sind unter anderem der Notar Reinhard Kern und der Rechtsanwalt Alexander Klaus angekündigt.

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