Analyse: Wie geht es politisch weiter?

Das Geständnis von Dietrich Birnbacher bringt vor allem ÖVP-Chef Josef Martinz unter Druck. Welche Auswirkungen hat die jüngste Wende auf die „Eiszeit-Koalition“ und werden Neuwahlen wahrscheinlicher? Ein Interview mit Kathrin Stainer-Hämmerle von der FH Kärnten.

Die Politikwissenschaftlerin sieht die ÖVP im Interview mit dem ORF Kärnten in einer schwierigen Situation: „Birnbacher hat ausgesprochen, was jedem vernünftigen Menschen in Kärnten schon länger klar war. Martinz gerät unter Druck, jetzt auch sein Amt als Parteichef zur Verfügung zu stellen. Allerdings kann nur die Partei selbst das von ihm verlangen und den ausreichenden Druck ausüben - denn der Wahltag ist noch lang und die Angst vor einem schlechten Ergebnis mit ihm als Spitzenkandidaten ist wahrscheinlich noch nicht groß genug".

Das Gespräch führte Bernhard Primosch, ORF Kärnten.

„Das Problem beim Geständnis ist allerdings auch, dass der logische Nachfolger von Josef Martinz, Achill Rumpold, als Parteichef eventuell schon mitbeschädigt ist, weil ja Birnbacher gemeint hat, er wäre Mitwisser gewesen“.

ORF Kärnten: Was wird sich jetzt in der ÖVP tun?

Dazu Steiner-Hämmerle: „Die Partei muss sich überlegen: Kann sie mit so einem Chef noch handlungsfähig sein, kann sie hier weiter Erfolg haben. Der Handlungsspielraum der Koalition ist stark eingeschränkt, Tatsache ist: zwei Parteichefs sind mit ihren Prozessen beschäftigt. Dazu kommt jetzt ein gegenseitiges Misstrauen aufgrund des Prozesses und Geständnisses, weil die FPK durch Jörg Haider mitinvolviert ist und auch Dobernig als Mitwisser angegeben wurde. Hinzu kommt die generelle Rufschädigung Kärntens und - erschwerend – das geschwundene Vertrauen der Bevölkerung und damit auch die Legitimation dieser Regierung. All diese Faktoren schränken den Handlungsspielraum dieser beiden Parteien sehr stark ein“.

ORF Kärnten: Sind vorzeitige Neuwahlen unwahrscheinlicher geworden?

Steiner-Hämmerle: „Sie wären wahrscheinlich der logische Schritt, um einen Befreiungsschlag zu machen und für das Land sicher zu begrüßen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass die FPK solchen zustimmt - und an der wird es schlussendlich liegen. Die ÖVP hat ja derzeit nicht nur in Kärnten ein Umfragetief sondern auch bundesweit und könnte hier zusätzlich in einen negativen Sog geraten. Also wird auch die ÖVP kaum Interesse an Neuwahlen haben", so Steiner-Hämmerle.

Die Eiszeit-Koalition ist geschwächt, können die anderen Parteien automatisch davon profitieren oder nicht?

Steiner-Hämmerle: „Automatisch glaube ich nicht, die anderen Parteien müssten glaubhaft versichern, dass sie eine Alternative sind. Die Bevölkerung hat eher den Eindruck, alle zusammen sind korrupt. Das wird zu wenig differenziert, dadurch ist ein automatischer Erfolg nicht gegeben“.

Kärntner Freiheitliche in Wien vor Gericht

Am kommenden Montag muss übrigens die Spitze der Kärntner Freiheitlichen am Straflandesgericht in Wien erscheinen. Neben Landeshauptmann Gerhard Dörfler, Uwe Scheuch und Harald Dobernig muss auch der BZÖ - Abgeordnete Stefan Petzner vor der Korruptionsstaatsanwaltschaft Rede und Antwort stehen. Der Grund ist das Ermittlungsverfahren um eine Werbebroschüre aus dem Jahr 2009. Die Staatsanwaltschaft ermittelt hier wegen des Verdachts der illegalen Parteifinanzierung. Bis Jahresende soll über eine Anklage oder eine Einstellung des Verfahrens entschieden werden.

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