Schwarze Feigen aus Caneva
Er ist klein, dunkel und hat einen intensiven Geschmack - der Figo Moro. In den sanften Hügeln rund um Caneva finden die schwarzen Feigen ideale Wachstumsbedingungen vor, erzählt Luciano Borin. Die autochthone Feigenart liebt den kalkhaltigen Boden, den sie hier vorfindet: „Die Erde hier ist reich an Kalziumkarbonat - davon gibt es hier ja jede Menge.“
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Der Ort befindet sich unweit von Sacile, knapp an der Grenze zur Region Veneto. Hier befanden sich einst große Seidenspinnereien, in denen vorwiegend Frauen arbeiteten; auch eine Kalkbrennerei und ein Steinbruch, wo besonders reines Kalziumkarbonat gewonnen wurde, verschafften ihm weltweite Bekanntheit. Das Kalziumkarbonat fördert auch das Wachstum der Feigen bis in fast 450 Meter Seehöhe. „Weiter oben wächst sie nicht mehr“, sagt Luciano Borin.
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Moderne Bäume tragen „Schirmkrone“
An die 700 unterschiedliche Feigenarten gibt es, die meisten davon sind nicht katalogisiert. 50 Bauern aus Caneva und der näheren Umgebung haben ein Konsortium gegründet, das sich für den Erhalt des “figo moro” einsetzt. Neben 800 antiken „Mutterpflanzen“ hat in Caneva die Zahl der Plantagen mit jungen Feigenbäumen stark zugenommen, sagt Luciano Borin: „Dass das eine antike Pflanze ist sieht man am Stamm, der ziemlich dick ist. Aber die Form der Krone ist modern. Sie ist gesetzter als von Natur aus, um die Ernte zu erleichtern.“
In der freien Natur werden die Bäume sonst fünf Meter hoch. Die Äste sind sehr dünn und sie brechen rasch ab. „Weil es früher viele Unfälle bei der Ernte gab wurde die Krone bei den jungen Bäumen schirmartig angelegt. So kann man die Früchte vom Boden aus ernten“ sagt Luciano Borin.
Bis in den September hinein wird geerntet
Den ganzen August und September über wird geerntet. Die Früchte reifen nach und nach - nicht alle auf einmal, erzählt Nicola Manfè, Präsident des Konsortiums „Figo moro da Caneva“: „Heuer ist ein gutes Jahr für die Feigen. Es hat wenig geregnet und die empfindlichen Früchte konnten bis jetzt aushalten.“
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Der Kontakt mit den Blättern und dem milchigen Saft der Feigen löst bei einigen Menschen Hautirritationen aus. Deshalb wird nur mit Handschuhen gearbeitet. Die reifen Früchte sind reich an Magnesium, Kalzium, Kalium und Ballaststoffen. Schon die Langobarden sahen die Frucht als „ein Geschenk Gottes“ an, das das Wohlbefinden ihres Volkes steigert.
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Sendungshinweis:
„Servus, Srečno, Ciao“, 1.9.18
Auch die Schale wird mitgegessen
Nach der Ernte werden die empfindlichen Früchte handverlesen - nur Feigen mit einer intakten Schale werden verkauft. Beppina Mutton sieht schon auf den ersten Blick, welche Früchte sie aussortieren muss und welche nicht: „Weist die Schale einen Riss auf, ist das allerdings kein Grund zur Besorgnis: sie sind das Kennzeichen des Figo Moro aus Caneva und zeigen an, dass die Frucht reif ist.“ Die restliche Schale muss ganz sein. Sie ist so dünn, dass man sie sogar essen kann. „Die schwarze Feige muss mit der Schale gegessen werden“, sagt die Expertin
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Schmackhaftes I-Tüpfelchen für viele Gerichte
Der Überlieferung nach wurden die schwarzen Feigen aus Caneva - in getrockneter Form schon auf den Schiffen des Dogen von Venedig als lange haltbarer Proviant mitgeführt. Heute werden sie meist zu Konfitüre, Gelees oder Saucen verarbeitet und geben Prosciutto, Käse, Pasta oder Forellen eine besondere Note. Ein Klassiker in Caneva sind die Süßspeisen, wie eine “crostata” aus Mürbeteig.
Denis Rui hat sich sich eine besondere Variante einfallen lassen - als in Caneva vor ein paar Jahren sozusagen das „Feigen-Fieber“ ausgebrochen ist und die Leute nicht mehr genug davon bekommen konnten. Sie wollte etwas Anderes ausprobieren, sagt sie. Statt ihre Crostata - wie sonst üblich - mit Feigenmarmelade zu bestreichen - gibt sie frische Früchte darauf.
„Il figo moro da Caneva“ - eine facettenreiche Gaumenfreude, die am Fuße der karnischen Voralpen gedeiht.