Zu Besuch in der einst geteilten Stadt Görz

Bis zum 21. Dezember 2007 war Gorizia eine geteilte Stadt. Ein Teil gehörte zu Italien, der andere zu Ex-Jugoslawien. Wir begaben uns auf Spurensuche - was veränderte sich seither, was wurde besser, wo sind die ehemaligen Grenzen noch spürbar.

Görz Gorizia

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Görz war eine geteilte Stadt - durch den Frieden von Paris. 1947 wurde die Grenze neu gezogen. Das Zentrum von Gorizia verblieb bei Italien. Die Vorstädte und der Bahnhof wurden dem ehemaligen Jugoslawien zuerkannt. Bis vor wenigen Jahren ging am Bahnhofsplatz von Nova Gorica eine Trennlinie durch Europa. Seit dem 21. Dezember 2007 ist Gorizia keine geteilte Stadt mehr.

Görz, Gorizia

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Reger kultureller Austausch

Zwischen den Mitgliedern der slowenischen, italienischen und friulanischen Volksgruppe in Görz herrscht seit dem Wegfall der Grenze vielerorts ein reger Austausch - so auch im „Kulturni Dom“. Direktor Igor Komel liegt viel daran, dass im Rahmen der hier realisierten Projekte und gemeinsamen Veranstaltungen die kulturellen Besonderheiten beider Volksgruppen wertgeschätzt und dass gemeinsam neue Sicht- und Handlungsweisen entwickelt werden.

Görz, Vilma Braini

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Vilma Braini

Sendungshinweis:

„Servus, Srecno, Ciao“, 15.12.12

Vilma Braini ist 84 und kommt so oft es geht in den „kulturni dom“. In ihrer Jugend wurde die heute 84-Jährige als Partisanin gefangen genommen und ins KZ gebracht. Nach ihrer Freilassung hat sie die Jahre der Feindseligkeiten und der Trennung miterlebt - aber auch das Zusammenkommen.

„Grenzen sind im Kopf“

„Schauen Sie, ich werde des öfteren gefragt, wie ich das erlebe? Ja, was soll ich dabei empfinden? Jetzt ist alles offen, es gibt keine Grenzen mehr, wir sind in Europa. Das ist auch mein Trost, wenn ich bedenke, wozu ich gekämpft habe“, so Zeitzeugin Vilma Braini.

Görz, Joze Schuschmej

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Jože Schuschmelj

Jože Schuschmelj war von 1974 bis 1982 Bürgermeister von Nova Gorica. Schon früher herrschte - trotz der Grenze - ein reger Austausch mit den Nachbarn; Veränderungen geschehen nur schrittweise, ist er überzeugt.

„Die Grenze ist fast nicht mehr spürbar, dennoch ist die Grenze nach wie vor in den Köpfen der Menschen verankert. Sie ist in unseren Vorurteilen, Beziehungen und im Unterbewusstsein erhalten und ich glaube, es wird noch einige Zeit dauern, bis diese verschwinden wird“, so Jože Schuschmelj.

Die Architektur kann ihren Teil dazu beitragen, dass die Menschen einander näher kommen und Alternativen zu ihren bisherigen Lebensentwürfen kennenlernen. Dabei ist es wichtig, dass auch die Erinnerungen, die Ideen und die Wünsche der Bevölkerung von Gorizia und Nova Gorica ihren Einfluss finden, ist Giovanni Franziano, Präsident der Fakultät für Architektur der Universität Görz überzeugt.

Görz, Giovanni Franzian

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Roberto Kovaz

„Zwei Einzelteile sind kein starkes Ganzes“

Einen ähnlichen Standpunkt vertritt auch der Autor und Journalist Roberto Kovaz: "Aus zwei Einzelteilen kann man kein starkes Ganzes machen. Es gab ja schon immer einen Austausch zwischen den Völkern und durch den Wegfall der Grenzkontrollen ist dieser viel einfacher geworden. Dennoch kann man noch nicht von einem vollkommen vereinten Görz sprechen - auf Planungsebene zum Beispiel. Es fehlt noch die Entschlossenheit der Einzelnen. Die Menschen sind es, die noch vor der Politik und den Institutionen die Bedingungen dafür schaffen müssen, dass es zu einer richtigen Vereinigung kommt“, ist er überzeugt.

Görz margheritha reguitti

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Margherita Reguitti

„Gorizia muss einerseits versuchen, über das, was war, hinwegzukommen. Es braucht auch Dynamik, damit sich die Stadt in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit wie dieser neu positionieren kann“, sagt die Journalistin Margherita Reguitti.

Hoffnung auf die Jugend

Die Hoffnung liegt in der Jugend - die mit ihren Ideen dazu beitragen kann, ihrer Heimatstadt eine neue Identität zu verleihen.

Görz, Gorizia

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