Verwirrung um die Leinenpflicht

Um die Leinenpflicht für Hunde gibt es derzeit Verwirrung, vor allem, ob es überhaupt eine allgemeine Leinenpflicht gibt. Rechtsexperten sagen „Nein“. Und nehmen damit Politikern, die für die Zukunft strengere Kontrollen fordern, den Wind aus den Segeln.

Das „Kärntner Landessicherheitsgesetz“ regelt für das gesamte Bundesland, wie Hunde gehalten werden müssen. Allerdings ist die Regelung nicht eindeutig, meint Gerhard Pöllinger, Strafrichter am Landesgericht Klagenfurt: „Ich würde es als eine ‚relative Leinenpflicht‘ definieren.“ Diese gelte laut Gesetz für „öffentliche Stellen“ – etwa Plätze, an denen sich mehr Personen aufhalten, das Verkehrsaufkommen höher ist und sich auch andere Hunde anzutreffen sind.

Klagenfurt etwa verfüge auch über freie Felder und Wiesen, auf diesen Flächen würde laut Pöllinger grundsätzlich keine Leinenpflicht bestehen. Man müsse den Hund nur dann an die Leine nehmen, wenn eine Mehrzahl von Menschen auftaucht, meint Pöllinger.

Gesetzestext im Wortlaut:
Im Landessicherheitsgesetz heißt es: „An öffentlichen Orten, an denen erfahrungsgemäß mit einer größeren Anzahl von Menschen, Tieren oder Verkehrsmitteln gerechnet werden muss, wie Straßen, Plätzen, öffentlich zugänglichen Parkanlagen, Gaststätten und Geschäftslokalen, sowie in frei zugänglichen Teilen von Häusern, wie Stiegenhäusern und Zugängen zu Mehrfamilienhäusern, müssen Hunde entweder mit einem um den Fang geschlossenen Maulkorb versehen sein (Maulkorbzwang) oder so an der Leine geführt werden, dass eine jederzeitige Beherrschung des Hundes gewährleistet ist (Leinenzwang).

Im Übrigen sind Leine oder Maulkorb beim Aufenthalt außerhalb eingefriedeter Grundflächen jedenfalls mitzuführen und im Falle eines unerwarteten Auftretens von Menschen, Tieren oder Verkehrsmitteln, aber auch in Situationen, in denen durch den Hund Gefahren verursacht oder vergrößert werden können, sofort zu verwenden.

“Gespür der Hundehalter ist gefragt“

In der Praxis kann das etwas kompliziert werden. Bei einem frühmorgendlichen Spaziergang mit dem Hund auf menschenleeren Straßen darf man den Hund von der Leine lassen. Was aber, wenn ein weiterer Spaziergänger sich dazu gesellt? Pöllinger: „Tatsächlich zielt das Gesetz auf eine Mehrzahl von Personen ab. Das ist das Gespür der Hundehalter gefragt.“

Gefragt sei bei der Leinenpflicht aber auch das Gespür der Politiker, meint Pöllinger. Zu verteufeln, mit der Angst der Bevölkerung zu argumentieren und mit Worten Panik zu verbreiten sei immer schlecht.

Ordnungsamt soll kontrollieren

Diskussionswürdig ist für Pöllinger auch die künftige Situation in Klagenfurt: Laut Stadtrat Wolfgang Germ (FPK) ist es geplant, dass das künftige Ordnungsamt ab Herbst rigoros die Einhaltung der Leinenpflicht in der Stadt kontrollieren soll. Dabei geht Germ offensichtlich von einer allgemeinen Leinenpflicht im gesamten Stadtgebiet aus.

Pöllinger dazu: “Wenn man das Gesetz richtig lesen will, wird herauskommen, dass es keine zwingende, überall vorherrschende Leinenpflicht gibt.“ Ausnahme sind so genannte „bissige“ Hunde. Hierzu heißt es im Gesetz wörtlich: „Für bissige Hunde besteht an öffentlichen Orten Maulkorb- und Leinenzwang.

Strafen könnten zu Unrecht verhängt worden sein

Pöllinger geht noch einen Schritt weiter. Von den Strafen, die im vergangenen Jahr wegen Nichteinhaltens der Leinenpflicht verhängt wurden, könnten manche zu Unrecht erfolgt sein: „Es kann sicher den einen oder anderen Fall geben, wo keine Bestrafung erfolgen hätte müssen.“

Sendungshinweis: Radio Kärnten „Mittagszeit“, 5. April 2012

Der Strafrichter betont, dass es ihm nicht darum gehe, zu Einsprüchen zu animieren. Weil das Gesetz zur Leinenpflicht aber Auslegungssache sei, fordert er von den künftigen Ordnungshütern Gespür und Toleranz.